Der Vater aller Bässe

Warum der Urknall zum Urbrumm wurde und wie er sich anhört

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Im Anfang war das Brummen. Der Wissensdurst eines 11-jährigen amerikanischen Schülers hat laut NewScientist den mit dem Pech der späten Geburt Geschlagenen den Sound of Urknall beschert. Der Wissenschaftler John Cramer hat ihn anhand von NASA-Forschungsdaten über Temperaturdifferenzen in der kosmischen Mikrowellen-Strahlung, die vom Big Bang geblieben ist, berechnet. Daraus generierte Audiodateien mit brummigem Klang beweisen, dass Bass Culture also - wie die Jah-Rasta-Freaks immer schon wissen - der Ursprung ist.

Das tiefgründigste Grummeln und Brummen, wer vermag es zu nennen? Ist es Michael Glos während besonders schlechten Frühstückslektüren über Rot-Grün und die bayerischen Parteifeinde? Elmar Gunsch? der seit Äonen nicht nur den Radio-Hörer mit höchst sedativer Wirkung ins Nirwana brummelt und reife weibliche Unterleiber zum Schwingen bringt? Telly "Kojak" Savalas und seine mega-coolen Kult-Chansons? Oder vielmehr doch die jahrzehntelange Reggae-Dub-Feldforschung von Lee Scratch Perry und anderen verrückten, vornehmlich jamaikanischen Professoren nach dem tiefsten der tiefen Superbässe? Noch tiefer zurück in der Zeit: Johnny Cash, der monolithische Mann in Schwarz, schlägt natürlich mit Leichtigkeit alle Professoren, aber auch er hat wie andere Dinosaurier (vgl. Wenn Wissenschaftler von Musik schwärmen) seinen Meister gefunden und kann es zudem gar nicht mehr miterleben. Sein uralter Meister aber lebt durchaus. Es ist der kosmische Urknall, der Big Bang.

Vor fast 14 Milliarden Jahren entstand unter ungeklärten Umständen (nach dem Verdächtigen wird immer noch gefahndet) aus einer unvorstellbaren Singularität das heutige relativ stille Örtchen namens All. Damals allerdings wars noch ziemlich laut, als gewaltige Schallwellen sich unmittelbar nach dem Großen Knall durchs jungfräulich-superheiße Mini-Universum fortbewegten. Die Soundwellen erhitzten oder kühlten dabei unterschiedlich beschaffene Bereiche der jungen Urmaterie. Dies hinterließ bis zum heutigen Tag Spuren in Form von Temperaturvariationen in der sogenannten kosmischen Hintergrundstrahlung im Mikrowellenbereich, dem nachweisbaren physischen Relikt des Urknall-Ereignisses.

Der Physiker John G. Cramer von der University of Washington erhielt dazu einen spannenden Auftrag von ungeahnter Seite. Ein 11-jähriger Jung-Einstein wollte für ein schulisches Projekt wissen, wie der Big Bang denn wohl so reingeknallt hat. Cramer verwendete für seine tief empfundene Komposition Daten aus dem 2001 initiierten NASA-Forschungsprojekt WMAP (Wilkinson Microwave Anisotropy) , in dem durch eine Sonde winzige Temperaturunterschiede in der kosmischen Hintergrundstrahlung im Raum (vgl.Der Kosmos ist ein kleiner Fußball) gemessen wurden. Daraus errechnete Cramer die Frequenzen der Geräuschwellen innerhalb der ersten 760.000 Jahre des blutjungen Weltalls, das damals gerade einmal 18 Millionen Lichtjahre maß. Um diese Wellen im extremen Niederfrequenzbereich überhaupt hörbar zu machen, musste der Klangforscher die Frequenzen viele Milliarden Male hochskalieren.

Das Audio-File als Ergebnis reflektiert die Klangveränderung im Urknall-Echo der ersten 100 Sekunden, als die Frequenzen tiefer werden, weil die Schallwellen sich gleichzeitig mit der Expansion des Universums ausdehnen. Gott spielt also Bass wie z.B. Paul McCartney? Give Blessing!