Der amerikanische Kongress öffnet sich

Aber nur wer viel zahlt, kann bald übers Internet jede Anhörung verfolgen

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Die Idee ist gut und sicher an der Zeit, die Parlamente durch das Internet noch weiter für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ab nächsten Monat wird www.hearingroom.com alle Anhörungen im amerikanischen Senat und Kongress aufnehmen, live zugänglich machen und über ein Stimmerkennungssystem auch Transkripte anbieten - allerdings gegen Bezahlung.

Eigentlich sollte man denken, es sei die Aufgabe des Staates, seinen Bürgern möglichst weitgehenden und kostenlosen Einblick in die Prozesse der demokratischen Willensbildung und Entscheidungsfindung zu gewähren. Hearingroom.com hat erst einmal für eine dreiviertel Million Dollar fast jeden Raum im Kapitol verkabeln lassen und wird erst einmal der einzige Benutzer sein, allerdings unterliegt das System auch der Kontrolle der Senate Press Gallery, die für den Zugang der Medien zuständig ist.

Das jährliche Abonnement soll zwischen 5000 und 15000 Dollar betragen. Dafür wird dem Kunden eine Audioaufnahme aller Anhörungen von den 200 Komitees geboten, die er live oder nachträglich hören kann, ein mit der Aufzeichnung verbundenes Transkript von jedem Wort, das gesprochen wurde, mit dem Vorteil, es sofort nach Schlüsselbegriffen durchsuchen und es schon beim Zuhören lesen zu können, die Möglichkeit, durch LiveWireAlert benachrichtigt zu werden, falls irgendein Thema, für das man sich interessiert, irgendwo besprochen wird. Zudem werden auch alle weiteren Materialien von Presseerklärungen bis hin zu Gesetzesvorlagen zugänglich gemacht: "We don't miss a thing", ist denn auch der Werbeslogan des Angebots. Natürlich kann man auch alles nachträglich durchsuchen und lesen bzw. sich anhören.

Angesichts der hohen Preise werden sich ein Abonnement wohl kaum normale Bürger leisten. Das Angebot nutzen werden vermutlich vor allem Medien und Lobbyisten, die sich besser informieren und dadurch einen Vorteil verschaffen können. Insofern wird sich also die Öffentlichkeit nicht sehr für die Bürger verändern. Allerdings will Hearingroom.com vielleicht nichtkommerziellen Organisationen und Stiftungen billigere Abonnements anbieten.