Deutschland, Maßnahmenwunderland?

Corona: Mehrere Bundesländer schrecken vor einem Freedom Day zurück und gehen in die Verlängerung

Dänemark, Schweden und Großbritannien haben gute Erfahrungen mit ihren "Freedom Days" gemacht, wie heute vom Bayerischen Rundfunk berichtet wird. Früher nannte man den BR häufig Regierungssender.

Für die Regierung des Freistaates Bayern hat der "Freedom day" aber keinen guten Klang. Der Himmel ist heute nicht optimistisch weiß-blau, sondern vom Wind mit Saharasand getrübt und es gab keine Entscheidung für ein Beenden der Corona-Maßnahmen ab 20. März, den viele als Freedom Day erwartet haben. Das "Team Vorsicht" hat Bedenken und verlängerte 2G- und 3G-Regeln sowie die Maskenpflicht in Innenräumen bis zum 2. April.

Es bleibe bei 2G plus für Clubs und Diskotheken sowie bei der 2G-Regel für Kultur- und Sportveranstaltungen und bei 3G in der Gastronomie, verkündete Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) gegenüber Medien. In der Vergangenheit hatte Ministerpräsident Söder oft die Gelegenheit genutzt, um, je nach Lage und Wind, entweder als entschiedener Vorkämpfer für harte Maßnahmen oder als Corona-"Freiheitskämpfer" eine gute Medien-Figur zu machen. Diesmal verzichtete er auf den Auftritt, weil er eine Regierungserklärung vor dem Landtag abgab.

Darin bezeichnete er den Freedom Day als "Themaverfehlung" und die Corona-Politik der Bundesregierung als "Blindflug".

Am Samstag fallen nach Beschlüssen der bayerischen Regierung, was längst fällig war und worüber sich nur die Wenigsten noch im privaten und im öffentlichen Leben kümmerten: Kontaktbeschränkungen. Kapazitäts- und Personenobergrenzen sollen fallen, dazu Sonderregelungen für Gottesdienste und Versammlungen und das Tanz- und Musikverbot in der Gastronomie. Dass Jahrmärkte und Volksfeste wie auch Feiern auf öffentlichen Plätzen wieder stattfinden dürfen, war angesichts der Bilder aus Fußballstadien und von riesigen Demonstrationen gegen den kriegerischen Überfall auf die Ukraine überfällig.

Ohne Maske im Unterricht für Grund- und Förderschüler: "Beobachten, was es bedeutet"

Auf eine Nachricht hatten viele Eltern gewartet: Die Maskenflicht im Unterricht entfällt am kommenden Montag für Grund- und Förderschüler. Ein erster Schritt, so der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), "um zu beobachten, was es bedeutet".

Ab 28. März soll dann auch die Maskenpflicht für die 5. und 6. Klassen wegfallen. Allerdings wurde bestimmt: "Wird ein Corona-Fall in einer Klasse festgestellt, sollen alle Schüler wieder eine Schutzmaske tragen."

Neben Bayern wollen auch Baden-Württemberg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Berlin und Hamburg ihre Schutzmaßnahmen am kommenden Samstag, dem "Freedom Day", nicht auslaufen lassen, sondern bis zum 2. April verlängern. Die Regierung in Niedersachsen will noch in dieser Woche eine Übergangsverordnung vorstellen, die dahin gelten soll.

"Nicht der Normalzustand ist zu begründen, sondern die Aufrechterhaltung der Maßnahmen"

Als Grund für die Weiterführung genannt werden steigende Infektionszahlen, wofür das RKI den Subtyp BA.2 der Omikron-Variante sowie die "Rücknahme kontaktreduzierender Maßnahmen" verantwortlich macht.

Bislang bestätigt sich zwar das Bild, wonach die Variante weitaus weniger oft zu gefährlichen oder gar tödlichen Verläufen führt und trotz der hohen Inzidenzen keine Überlastung der Krankenhäuser zu befürchten steht, doch verweisen Zahlen-Beobachter darauf, dass hohe Inzidenzen, die in der Vergangenheit zu beobachten waren, auch zu mehr Krankenhausaufenthalten geführt haben.

Allerdings war beim Corona-Zahlenexperten Gersemann gestern auch zu erfahren, dass die Fallsterblichkeit bei 0,13 Prozent liegt.

Welt-Journalist Tim Röhn wirft Gesundheitsminister Lauterbach eine Missachtung der Realität und der Grundgesetze vor: "Das passiert, wenn man vergessen hat, dass nicht der Normalzustand zu begründen ist, sondern die Aufrechterhaltung von Maßnahmen, deren einzige valide Begründung - lang ist’s her - Angst vor Systemkollaps war."

Karl Lauterbach twittert dagegen: "Wenn 200 zusätzliche Tote pro Tag mit vorübergehenden minimalen Begrenzungen der Grundrechte wie Masken oder Testpflichten verhindert werden können, müssen wir das tun. Ich kämpfe auf jeden Fall dafür."

Twitter bleibt sein Battlefield: "Deutschland hat jetzt höchste Corona Inzidenz in Europa", schrieb er kürzlich. Von Zahlen wird das nicht gestützt. Höher war sie zum Beispiel in Österreich, den Niederlanden und der Schweiz.