"Die Dinosaurier werden immer trauriger…"

Durften sie nicht auf die Arche, wurden sie erschlagen, von Lava überschüttet – oder wurde ihnen schlicht der Boden unter den Füßen weggezogen?

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Vor 66 Millionen Jahren starben die Dinosaurier aus und bis heute streiten die Geowissenschaftler darüber, ob der Hauptgrund dafür ein gigantischer Meteoriteneinschlag oder ein mindestens ebenso gigantischer Vulkanausbruch war. Forscher aus Kiel treten nun an, um ihre Theorie über eine andere geologische Katastrophe in die Diskussion einzubringen. Kolossale Explosionen unter der Erdkruste sollen alle Anzeichen, auf die sich die beiden anderen Ansätze beziehen, unter einen Hut bringen.

Lavastrom, Foto: University of Pennsylvania http://www.africa.upenn.edu/Wildlife_GIFS/lava.gif

Ob sie nun an Bord von Noahs Arche durften oder nicht (Öko-Tod im Jurameer), ist eigentlich eine Diskussion für Theologen. Allerdings wird sich demnächst mal wieder eine Expedition auf die Suche nach den Überresten des biblischen Schiffes am Berg Ararat in der Türkei machen. Vielleicht finden sie ja die Beweise für oder gegen die Anwesenheit von Dinosauriern an Bord (Noah's Ark Found? Turkey Expedition Planned for Summer)?

Bis dahin wird weiter über die Hauptursache der massiven Klimaveränderung gestritten, die zu einem Massensterben der Arten und damit zum Verschwinden der Riesenechsen von der Erde führte. Eine Fraktion unter den Wissenschaftlern vertritt die Meinung, dass der Einschlag eines riesigen Meteoriten zu der globalen Klimakatastrophe führte, die mindestens zwei Drittel aller Tierarten das Leben kostete. Die Meteoritentheorie, die sich u.a. auf die Entdeckung des Chicxulub-Kraters im Golf von Mexiko stützt, ist heute die populärste (Sensationen aus der Meteoritenwelt).

Lavastrom (Bild: University of Pennsylvania)

Die andere Fraktion vertritt die eigentlich ältere Theorie, dass massive Vulkanausbrüche den Brontosaurus, den Tyrannosaurus Rex und ihre Cousinen endgültig auslöschten. Sicher ist, dass solche Mega-Vulkaneruptionen das Klima der Erde nachhaltig verändern können und statistisch wesentlich häufiger eintreten als der Einschlag entsprechend großer Gesteinsbrocken aus dem All (Horrorszenario Super-Eruption). Inzwischen gibt es zudem eine Vielzahl verschiedener anderer Ansätze (Todesursache: Materieschauer und Kometentheorie doch falsch?) und die heftige Debatte dauert an (The Great Chicxulub Debate).

Globale Massensterben

Allerdings war der Tod aller Dinosaurier nicht das einzige weltweite Massensterben von Arten in der Erdgeschichte. In den letzten 400 Millionen Jahren gab es davon mindestens vier große und viele kleinere. Das erste massive Sterben kostete vor 364 bis 380 Millionen Jahren vor allem Meeresorganismen das Leben. Die größte unter den großen Katastrophen ereignete sich dann vor 251 Millionen Jahren und wird oft ganz schlicht "Das Große Sterben" genannt, weil 96 Prozent der irdischen Lebensformen abdankten. Und dann verabschiedeten sich vor 201 Millionen Jahren noch mal ein Drittel aller damals existierenden Arten endgültig. Vor 66 Millionen Jahren stampften dann schließlich die Dinosaurier zum letzten Mal über den Erdboden (Die großen Massensterben).

Eine Gruppe von Wissenschaftlern des Forschungszentrums für marine Geowissenschaften der Universität Kiel haben die nach dem Science-Fiction-Autor Jules Verne benannte Theorie der "Verneshots" entwickelt, die in der aktuellen Ausgabe des New Scientist vorgestellt wird. Veröffentlicht hatten J. Phipps Morgan, T. J. Reston und C. R. Ranero ihren Fachartikel "Contemporaneous mass extinctions, continental flood basalts, and 'impact signals': Are mantle plume-induced lithospheric gas explosions the causal link?" bereits im Januar in den Earth and Planetary Science Letters. Die Forscher trugen geologischen Merkmale zusammen und zwar sowohl solche, mit denen der Meteoriten-Ansatz belegt wird, wie auch jene, die als Belege für den Vulkanausbruch-Ansatz verwendet werden.

Verneshots

Bisher galt es als Rätsel, dass Anzeichen von Meteoriteneinschlägen wie die Iridiumanreicherung ebenso wie die Überbleibsel flächendeckender Lavaströme, Flutbasalte genannt, in den gleichen Schichten auftreten und das zu den Zeiten der Massensterben. Die Wahrscheinlichkeit des zufälligen Zusammentreffens von derartig seltenen Katastrophen ist aber sehr gering. J. Phipps Morgan meint:

“Eine schnelle Überschlagsrechnung zeigt, dass die Chancen eines Meteoritenimpakts zur selben Zeit mit einem kontinentalen Flutbasalt innerhalb der letzten 400 Millionen Jahre bei 1 zu 8 liegen.“

Aber die Forscher entdeckten, dass es ein Szenario gibt, in das alle Anzeichen passen würden. Wenn sich flüssige, heiße Magmaströme aus tiefen Schichten (so genannte Mantelplume) unter besonders dicken und stabilen Teilen der Erdkruste gestaut hätten, wäre die anschließende Eruption superheftig gewesen. Hyperstarke Erdbeben, Fontänen von Gas und Gestein bis hoch hinauf in die Erdatmosphäre (Stratosphäre) sowie durch den Druck an die Oberfläche hoch gepumptes, kohlenstoffreiches Magma wären die Folge. Solche Verneshot-Explosionen könnten nach den Berechnungen der Forscher so viel Energie wie sieben Millionen Hiroshima-Bomben oder das Äquivalent von 120 Milliarden Tonnen TNT frei setzen.

Der Geologe Paul Wignall von der Leeds University kommentierte die Theorie der Verneshots gegenüber Science Now:

"Die Überlegung könnte einige rätselhafte Aspekte im Zusammenhang von Aussterben und Vulkanismus erklären, allerdings wären schon sehr extreme Druckverhältnisse nötig, um Gestein wirklich bis in die höhere Atmosphäre hinauf zu schleudern."