Die Expo 2000 ist ein gigantischer Erfolg

Eine NDR-Veranstaltung zog die Bilanz zur Weltausstellung

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Wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte. Doch wenn sich keiner streitet, dann wird's langweilig. Auch auf einer Veranstaltung des NDR 4, die der norddeutsche Sender am vergangenen Dienstagabend live übertrug und bei der mit beteiligten Experten die Expo 2000-Bilanz gezogen werden sollte. Die fiel natürlich durchweg positiv aus, obwohl vorher und hinterher aus Expertenmund gar garstige Worte über die Weltausstellung fielen.

Von miserablem Marketing war die Rede, von absichtlich geschönten Besucherwartungen, und für spätestens kommende Woche, nach Toresschluss der Expo am 31. Oktober, wurde sogar das Fallen der journalistischen Beißhemmung angedroht. Noch indes ähneln viele Journalisten vor Ort armen Kampfhunden, denen diedaoben halt einen Maulkorb verpasst haben. Und die nun notgedrungen mit dem Schweif alles begeistert bewedeln, was Frauchen und Herrchen gerade so anstellen.

Und wie schnell man als Journalist wedeln kann, bewies der Gastgeber NDR-Funkhauschef Arno Beyer. Bevor die Sendung nämlich losging, gab's kurz noch die NDR-Nachrichten zu hören - und in denen wurde Birgit Breuel zitiert. Sie habe, hieß es, das drohende Defizit von wenigstens 2,4 bis 2,6 Milliarden eine finanzielle Katastrophe genannt. Das jedoch, meinte sofort empört die wohl ondulierte Expo-Chefin, sei Unsinn, sie habe so etwas nie gesagt und so weiter und so fort. Und siehe da, schon eine Stunde später wurde die Katastrophe in den NDR-Nachrichten dementiert und Frau Breuel im Nachrichtentext nur noch angesichts des fürwahr katastrophalen Defizits als "schockiert" bezeichnet.

Das Radio ist halt doch ein schnelles Medium, vor allem wenn es mit Werbepartnern Hand in Hand durch den Äther schreitet. Und genau damit hat Arno Beyer offenbar überhaupt kein Problem. Die unabhängige Berichterstattung sei auch trotz der Werbepartnerschaft zwischen seinem Sender und der Expo GmbH stets gewährleistet gewesen, meinte er während der Sendung, um sich hinterher von einer Angestellten seines Hauses bestätigen zu lassen, dass alles wirklich irgendwie menschlich rüber gekommen sei.

Ja, es wurde an diesem Abend sowieso viel gemenschelt, die völkerverbindende Kraft der Expo beschworen und selbst die als stur und dröge verschrienen hannoverschen Eingeborenen sollen sich nach Worten ihres Häuptlings, Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg, in richtig fröhliche und heitere Menschen verändert haben. Trotz oder gerade wegen des Neides ihres Feindes, dem gemeinen Süddeutschen, der südlich des Mains argwöhnisch das bunte Expo-Treiben beäugt hat und in seiner Stammespostille, der Süddeutschen Zeitung, stets giftige Pfeile gen Hannover verschossen hat - auch dieser Unsinn wurde von den Expo-Experten während der Sendung zum x-ten Mal aufgewärmt.

Einer von ihnen jedoch wirkte bei all dem so fröhlich-gelassen, als er ob just erfahren habe, dass seine Haaranalyse negativ aufgefallen sei: Tom Stromberg nämlich, der ehemalige Kulturchef der Expo und jetziger Intendant des Hamburger Schauspielhauses. Für ihn, meinte er, sei die Weltausstellung in Wirklichkeit eine einzige große Kulturveranstaltung gewesen. Und selbst im dem jetzt entstandenen Defizit konnte Stromberg noch etwas Positives entdecken.

Denn, sagte er, wenn es keines gegeben hätte, wären die Politiker womöglich auf die Idee kommen, dass es Kultur auch zum Nulltarif geben könne. Genau das hat Frau Breuel mit ihren Mitarbeiter wirklich gründlich verhindert. Und damit steht eindeutig fest: die Expo 2000 war eben doch ein gigantischer Erfolg!