Die Hoffnungsträger

Die Kabinettsneubildung hat einen Generationswechsel in den beteiligten Parteien ausgelöst - bei der Union scheint er rascher voranzugehen als in der SPD

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass politische Entscheidungen im vergangenen Jahrzehnt teilweise sehr lebensfern waren, lag unter anderem daran, dass sie von alternden Scorpions- und Udo-Lindenberg-Hörern getroffen wurden, die teilweise nicht einmal wussten, was ein Browser ist. Das ändert sich mit jeder personellen Neubesetzung ein wenig - aber in der Union scheint dieser Prozess aktuell schneller vor sich zu gehen als bei den Sozialdemokraten.

Gestern verkündete die CDU-Parteiführung - für mache Beobachter überraschend, für andere weniger - das der hessische Bundestagsabgeordnete Peter Tauber neuer Generalsekretär wird (während man bei der SPD mit der maßgeblich für das Abmahnunwesen mitverantwortlichen ehemaligen Justizministerin Brigitte Zypries ein Sinnbild für Gestrigkeit zur Staatssekretärin für den IT-Bereich in Sigmar Gabriels Wirtschaftsministerium machte).

Der 1974 geborene promovierte Historiker Tauber ist Gründer des unionsnahen Netzpolitikvereins CNetz und vertrat in seinem Blog (das sich durchaus so liest, als ob er es selbst schreibt) in der Vergangenheit mehrfach abweichende Positionen zu Regierungslinie - beispielsweise zum Leistungsschutzrecht für Presseverlage oder zur Vorratsdatenspeicherung. Und er ist der erste Joy-Division-Hörer, der für eine große deutsche Partei sprechen wird.

Peter Tauber. Foto: Tobias Koch. Lizenz: CC BY-SA 3.0.

Mit der 35-jährigen bisherigen CSU-Vize-Generalsekretärin Dorothee Bär, die im neuen Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Parlamentarische Staatssekretärin werden soll, stärkt man in der Union ebenfalls einen Flügel, der ein Gegengewicht zu Urheberrechtsextremisten und Überwachungsenthusiasten bildet. Allerdings hatte sich auch schon der scheidende Verkehrsminister Peter Ramsauer im Kabinett gegen eine Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen, während der 1975 geborene Stefan Müller, der neuer Parlamentarischer Staatssekretär im Bildungsministerium wird, als einer der entschiedensten Befürworter dieses Überwachungsinstruments gilt.

Dorothee Bär

Vom neuen Internetminister Alexander Dobrindt kann man möglicherweise mehr netzpolitische Kompetenz erwarten, als ihm Kritikern auf Twitter zutrauen. Der Peißenberger Soziologe drängte sich damit in der Vergangenheit zwar nicht in die Öffentlichkeit, aus Parteikreisen heißt es jedoch, er sei durchaus fähig gewesen, in diesem Bereich Fäden zu ziehen. Dass er im Wahlkampf für eine Meinungsäußerung zu den Steuerplänen der Grünen (wenn auch letztlich erfolglos) anwaltlich abgemahnt wurde, hat den Noch-CSU-Generalsekretär vielleicht ein wenig für ein besonders drängendes Internet-Problem in Deutschland sensibilisiert, das er als neuer Minister auch dann in Angriff nehmen und thematisieren könnte, wenn es letztlich in den Kompetenzbereich des Justizministeriums fallen sollte.

Dobrindts Nachfolger als CSU-Generalsekretär wird der 39-jährige Oldtimer-Auto-Fan Andreas Scheuer. Er ist insofern eine Überraschung, als Host Seehofer den Niederbayern mit Knebelbart im Streit um den Donauausbau vor zwei Jahren als noch "Praktikanten" schmähte.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.