Die Infokrieger aus der "Achse des Bösen"

Nicht zum ersten Mal warnen südkoreanischen Militärs davor, dass Nordkorea eine militärische Hackereinheit zur Spionage und zum Infowar aufbaut - mittlerweile hat das land mit deutscher Hilfe auch einen Internetzugang

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Nordkorea ist neben dem Iran das nach dem Irak-Krieg noch verbliebene Land, das US-Präsident Bush zur "Achse des Bösen" gerechnet hat. Spannungen gibt es, da Nordkorea trotz der herrschenden Armut nicht nur die viertgrößte Militärmacht der Welt, sondern möglicherweise bereits Nuklearwaffen besitzt, zumindest aber mit deren Einsatz droht, falls es angegriffen werden sollte. Für die Einstellung seines Atomwaffenprogramms verlangt Nordkorea von den USA eine Wiederaufnahme von Eröllieferungen und humanitäre Hilfe. Am Mittwoch sind Gespräche über eine Entspannung zwischen Süd- und Nordkorea ohne Einigung zu Ende gegangen. Ein südkoreanischer General erklärte am Donnerstag, dass Nordkorea eine militärische "Hackereinheit" aufbaue, um in die Computernetzwerke des Südens einzudringen.

Nordkorea, eine Bilderbuchdiktatur stalinistischer Art, ist eines der ärmsten Länder der Welt, aber gleichzeitig hoch gerüstet. Allerdings ist relativ wenig aus dem abgeschlossenen Land bekannt, auch nicht, wie gut gerüstet das Militär tatsächlich ist. Zudem hat sich die Diktatur, vermutlich aus Angst, wie dies auch bei anderen autoritären Regimen der Fall war und ist, dem Internet geöffnet. Diktator Kim Jong Il hat natürlich einen Internetzugang und ist schon länger als intensiver Internetnutzer bekannt, ansonsten kann bislang nur ein kleiner Kreis von Regierungsangehörigen das Internet nutzen. Ausländer haben Zugang in Hotels und einem Internetcafe in Pjöngjang. Mobilfunknetze gibt es nur in großen Städten, über Telefon und Computer verfügen nur wenige Menschen. Einen Email-Dienst bietet beispielsweise die nordkoreanische Bank Silibank an. Obwohl die Computerinfrastruktur noch schwach ist, auch wenn es seit 2000 etwa ein Glasasernetz gibt im Land, bieten nordkoreanische Softwarefirmen wie PIC (Pyongyang Informatics Centre) ihre Dienste weltweit an.

Der Berliner Unternehmer Jan Holtermann baut gerade einen Internetzugang über Satellit für "ausgesuchte in- und ausländische Bürger sowie Verwaltungen" auf. Dafür wurde die Firma Korea Computer Center (KCC) gegründet. Der Start des "Internet für die Koreanische Demokratische Volksrepublik" erfolgte zum Geburtstag des Diktators im Februar, ist aber eher ein Intranet, auf das nur Wenige Zugriff haben. Nach Auskunft des Unternehmens ist ein Zugriff auf das Internet möglich, aber er wird gefiltert. Die Länderdomain .kp wurde bereits von KCC für Nordkorea beantragt, aber offenbar gibt es hier noch Schwierigkeiten mit den Amerikanern, wie ein Mitarbeiter sagte. Die Regierungsseite wurde beispielsweise über Deutschland registriert, gehört aber nach den Whois-Angaben einer Person aus Barcelona.

"In diesem Land sitzen 6000 hochtalentierte Programmierer" - und die sollen durch Jan Holtermann die Möglichkeit bekommen, per Internet für den Westen zu arbeiten. Sein Angebot: 6000-mal die Elite der nordkoreanischen Computerindustrie, im Schnitt 27 Jahre jung. Und billig - für kleine Firmen vielleicht oder Kommunen: "Die haben die Wahl", sagt er, "entweder sie bestellen sich hier einen Entwickler, der kostet sie bis 1000 Euro am Tag. Oder sie nehmen sich einen Inder, der will 1000 in der Woche. Wir machen das für einen Tausender im Monat."

Jan Holtermann in einem Stern-Artikel

Die militärischen Gespräche zwischen Nord- und Südkorea sollen bereits nächste Woche fortgesetzt werden. An der Grenze stehen auf beiden Seiten 1,7 Millionen Soldaten. Versucht werden soll, die Trennung zwischen den beiden Ländern aufzulockern, Straßen- und Eisenbahnverbindungen voran zu treiben, Truppen abzubauen und, wie die staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas meldet, vor allem und zuerst die beiderseitige Propaganda zu beenden. Nordkorea fordert auch den vollständigen Abzug der US-Truppen aus Südkorea.

Möglicherweise erfolgte die Warnung des südkoreanischen Generals Song Young-geun, Leiter des Defense Security Command (DSC), auf dem Hintergrund der Gespräche oder des Aufbaus des Internet in Nordkorea. Der General sagte jedenfalls, dass Kim Jong Il angeordnet habe, eine militärische Hackereinheit aufzubauen, die mittlerweile bereits im Einsatz sei: "Die Einheit arbeitet mit der Absicht, eine Vielzahl von Informationen von unseren Regierungsbehörden und Forschungseinrichtungen zu stehlen."

Neu ist die Information allerdings nicht, denn derselbe General, zuständig für die Sicherheit der südkoreanischen Geheimdienstcomputersysteme, hatte schon letztes Jahr gewarnt, dass in Nordkorea jährlich 100 Infokrieger am Institut für automatisierte Kriegsführung der Mitim-Universität in Pjönjang ausgebildet würden. Das wiederholte der General nun wieder im Wesentlichen. Angeblich werden die besten Hochschulabgänger der Universität intensiv geschult, um sie dann in die "Hackereinheit" einzuführen. Ihre Leistungsfähigkeit vergleicht der General mit den Computerspezialisten der CIA.

Vielleicht will der General mit seinen Warnungen auch nur das eigene Ministerium drängen, sich stärker auf den Cyberwar auszurichten, da die moderne Kriegsführung immer stärker von IT-Systemen abhängt. So erklärte den auch Chung Koo-don vom Korea Institute for Defense Analysis (KIDA) gegenüber der Korea Times, dass die militärischen Hacker von Nordkorea so gut ausgebildet seien, dass sie "wenig Schwierigkeiten" hätten, "Internetnetze durch Verbreitung gefährlicher Viren oder durch Eindringen in Online-Systeme lahmzulegen". In die militärischen Computernetze wäre dies aber nur schwer möglich, da diese nicht mit dem Internet verbunden sind. Computernetzwerke seien aber allgemein sehr gefährdet, weil sie jederzeit zusammenbrechen könnten, "wenn eine einzelne Person, die das System betreibt", durch Spione auf die Seite des Feindes gezogen wurde.

General Song sagte überdies, dass Nordkorea über eigene Webseiten oder über solche im Ausland, die pro-nordkoreanisch sind, seine "Cyber-Offensive" verstärke. Das geschehe, womit auch von dieser Seite das bereits von Nordkorea angesprochene Thema zum Ausdruck kommt, etwa in Form von Propaganda, in der der "Hauptfeind" Südkorea verurteilt und ein Abzug der US-Truppen gefordert werde. Der General erklärte, man baue ebenfalls eine Einheit auf, um Angriffe abzuwehren und die Informationssysteme zu schützen. Insgesamt betreibe Nordkorea selbst 8 Websites, beispielsweise Uriminzokkiri, 26 Websites im Ausland seien, wie Voice of National Salvation pro-nordkoreanisch.