Die Klimapioniere aus dem Hunsrück

Solardachkataster im Hunsrück. Bild: kreis-sim.de

Klimaforscher gehen von 2,4 Grad Erderwärmung aus. Das Paris-Ziel war aber 1,5 Grad. Handlungsoptionen zeigen sich auch auf regionaler Ebene. Etwa im Hunsrück

Nach den positiven Beschlüssen beim nun beendeten UN-Klimagipfel im schottischen Glasgow gehen Wissenschaftler davon aus, dass wir uns auf eine Erderwärmung von 2,4 Grad zubewegen. Immerhin um 0,3 Grad besser, als die Prognose vor dem Gipfel Wenn wir noch drei Konferenzen so weitermachen, haben wir das 1,5-Grad-Ziel erreicht. Dass das möglich ist, zeigt in Deutschland etwa die Energiewende im Hunsrück.

Eine neue Entwicklung braucht immer Vorbilder und Vorreiter. Etwa die Menschen im Rhein-Hunsrück-Kreis zwischen Mainz, Trier und Koblenz. Schon vor 25 Jahren habe ich hier Vorträge über die Energiewende gehalten und inzwischen folgende Entwicklung erlebt: In dem Landkreis mit etwas über 100.000 Menschen drehen sich heute knapp 300 Windräder. Hier wird bereits Ökostrom für weit mehr als 300.000 Menschen erzeugt.

Diese Entwicklung war nicht nur über Windräder möglich, sondern auch über viele private Solaranlagen und mit einer modernen Biogasanlage.

Es braucht immer Pioniere

Schon in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts haben in dieser Region einige Pioniere vorgemacht, was jetzt ganz Deutschland, ganz Europa und die ganze Welt lernen müssen. Im Hunsrück gelang der Fortschritt parteiübergreifend, einige Pioniere haben das CDU-Parteibuch.

Einer der Treiber war der frühere CDU-Landrat Bertram Fleck. Hier lernt man nicht nur grüne Grüne, sondern auch schwarze Grüne wie Klaus Töpfer und liberale Grüne kennen, die sich noch an die Freiburger Thesen der FDP erinnern, in denen schon 1971 stand: "Umweltschutz soll Vorrang haben vor Gewinnstreben und persönlichem Nutzen."

Liberale prägten vor über 50 Jahren den Begriff Umweltschutz

Die Hunsrücker haben nicht auf Beschlüsse der Bundesregierung oder auf Weltklimakonferenzen gewartet. Sie haben ihre Heimat selbst klimafreundlich gemacht. "Geht doch", höre ich im Hunsrück immer wieder. Hier habe ich erlebt, dass die Erneuerbaren nicht nur Energie im physikalischen Sinn erzeugen, sondern auch den Stoff für sozialen Zusammenhalt liefern. Solarstrom ist hier Sozialstrom.

Hier habe ich auch gesehen, wie Energiewende wirklich geht: "Mit Herzblut, parteiübergreifend und mit vielen guten Ideen", sagte mir Bertram Fleck schon vor vielen Jahren.

Am Anfang wurden die Pioniere auch im Hunsrück belächelt. Heute sind die Hunsrücker stolz auf ihre vorbildliche Energiewende. Ihre Energie ist preiswerter als anderswo, wo über steigende Energiepreise gejammert wird.

Doch im Hunsrück sind viele Bürgerinnen und Bürger finanziell an den Windrädern beteiligt und die Kommunen bekommen ordentlich Gewerbesteuer, was den Menschen wiederum zugutekommt.

Bertram Fleck erinnert sich, dass ein Liter Heizöl 1970 noch 19 Pfennig gekostet hat, heute 70 Cent. In derselben Zeit wurde die Kilowattstunde Solar- oder Windstrom etwa um das Fünfzigfache billiger. Die Menschen im Hunsrück sprechen heute von einem "Energieeinkommen".

Dem Beispiel der Hunsrücker können alle folgen

Viele Hunsrücker produzieren nicht nur ihren Strom erneuerbar, sondern auch einen Teil ihrer Wärme. Sie kommt aus Holzhackschnitzel und aus Solarthermie-Anlagen. Das Holz für die Wärme stammt aus den Wäldern im Hunsrück. Der Feinstaub wird gefiltert.

Ende November wurde im Hunsrück eine moderne Biogasanlage eingeweiht. Deren Betrieb erfordert eine sorgfältige Trennung des Bioabfalls wie Essensreste oder Grünschnitt der Gärten und vom Wegesrand.

Dieser Biorohstoff ist Abfall, der nicht eigens erzeugt oder entsorgt werden muss, sondern klimaschonend zu Strom oder Wärme verwertet wird oder auch flexibel ins Netz eingespeist werden kann, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. So wird aus herkömmlichem Bioabfall speicherbare Bioenergie.

Dem Beispiel der Hunsrücker können alle folgen.

Mehr von Franz Alt auf www.sonnenseite.com