"Die Sonne der Revolution ist vom Maghreb aufgegangen"

In Bin Ladens angeblich letzter Botschaft will al-Qaida sich an die arabischen Revolten anhängen

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Wie kurz nach dem Tod von Bin Laden verkündet, soll dieser noch eine Woche vor seiner Tötung durch die US-Soldaten eine Audiobotschaft aufgezeichnet haben. Sie wurde nun von as-Sahab, der Propagandaabteilung von al-Qaida, über das Internet verbreitet. Auf dem Video sieht man nur das Foto eines milde und weise lächelnden Bin Laden, der sich an die Menschen in den arabischen Ländern wendet, die sich gegen ihre Herrscher erhoben haben.

Ob die Botschaft tatsächlich von Bin Laden stammt, ist das eine, deutlich macht die Botschaft jedoch, dass al-Qaida den Bedeutungsverlust bemerkt hat, der durch die Aufstände in den arabischen Ländern für alle Welt deutlich wurde. Nun scheint man sich an die Revolten anhängen zu wollen, obgleich diese keinen islamistischen Hintergrund haben und auch in keiner Weise einen die Ummah umfassenden Gottesstaat anstreben, sondern einen freiheitlich und demokratisch organisierten Rechtsstaat wünschen, der nicht durch Korruption kontaminiert wird.

Bin Laden – oder wer auch immer – sagt schwülstig, dass "die Sonne der Revolution vom Maghreb aufgegangen" sei: "Das Licht der Revolution kam aus Tunesien. Es hat der Nation Ruhe gegeben und die Gesichter der Menschen glücklich gemacht." Bin Laden beglückwünscht die Führer der Revolte für ihre Siege und Erfolge. Und er gibt staatsmännisch den Aufständischen Rat, auf den diese wohl verzichten können. Sie sollten Kommandozentralen einrichten, um die Revolte zu stärken, oder Räte aufstellen, um die neuen Regierungen zu beraten. Und sie sollten nicht zögern, weil die Chance schnell vorbei gehen könne. Bei der Revolution sei "nicht um Kleidung oder Nahrung, sondern um Stolz und Ehre, um Aufopferung und Güte" gegangen. Auf die Unruhen in Bahrain oder Jemen ging er nicht ein, vielleicht auch deswegen, weil sie bislang nicht geklückt sind. Ebensowenig ist von Syrien oder Libyen die Rede.

Er hofft überdies, dass die "Winde der Veränderung die ganze muslimische Welt erfassen werden". Vor den Menschen liege eine wichtige Kreuzung und eine seltene geschichtliche Chance, sich "mit der Ummah zu erheben". Damit könnten sie von der "Knechtschaft unter den Regeln, den von Menschen gemachten Gesetzen und der westlichen Herrschaft" befreien. Der Jugend empfahl er ebenso durchsichtig, diese müsste sich an diejenigen mit Erfahrung und Aufrichtigkeit wenden, um keine halben Lösungen zu machen. Wer aufs Ganze gehen will, der soll dann doch den von al-Qaida beschworenen, nicht nationalen Gottesstaat umsetzen.