Die architektonischen Lüste der Superreichen

Der indische Ölmagnat baut in Mumbai einen spektakulären Ökoturm als Residenz

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Fürsten und andere Mächtige haben sich nie lumpen lassen, ihre Paläste möglichst groß und beeindruckend zu bauen. Mit Architektur ließen sich überwältigende Spektakel erzielen, um von der eigenen Macht zu zeugen und Gegner sowie Untertanen zu beeindrucken. Neben Unternehmen, Staaten und Diktatoren forcieren gerade die neuen Reichen aus den Ölländern die Spektakelarchitektur, die von den globalen Stararchitekten willig entworfen wird, die alles Mögliche für jedermann bauen, wenn Geld und Prestige stimmen. Der reichste Mann Indiens aus dem neuen Geldadel wollte dem nicht nachstehen und lässt sich nun das wohl teuerste und größte Privatgebäude der Welt in Mumbai errichten, auch wenn Teile als Büro dienen und überhaupt, wie früher bei Fürsten, private und geschäftliche Zwecke verschwimmen.

Nita und Mukesh Ambani

Während man sich anderen Orts Gedanken über den sozialen Wohnungsbau und die Minimalwohnung macht, scheint sich Mukesh Ambani, Chef des indischen Ölkonzerns (!) Reliance Industries und fünfreichster Mensch der Welt nichts dabei zu finden, seinen Wolkenkratzer in der Nähe der zahlreichen Slums zu errichten. Mumbai, das frühere Bombay, ist eine Megacity mit etwa 20 Millionen Einwohnern, über die Hälfte lebt in Slums.

Bescheidenheit ist jedenfalls nicht die Sache von Mukesh Ambani, dessen Vermögen Forbes mit 43 Milliarden US-Dollar angibt und der schon mal seiner Frau zum Geburtstag einen Airbus für 60 Millionen schenkt. Bislang lebt er noch in kleineren Verhältnissen in einem neu erbauten 22-stöckigen Haus in der Altamount Road. Wenn er mit seiner Familie die Residence Antilla bezieht, nennt er einen Wolkenkratzer mit einer Höhe von 170 Metern sein eigen, den man von weither erblicken kann und soll. Gerüchte sahen ihn schon höher als 200 Meter, aber trotzdem ist die Residenz, die vom amerikanischen Architekturbüro Perkins + Will entworfen wurde, mit 27 Stockwerken eines der höchsten Gebäude und zudem wohl das teuerste Wohngebäude der Erde. Forbes schätzt die Kosten auf 2 Milliarden US-Dollar.

Der grüne Turm. Bild: Perkins + Will

Normalerweise würde ein Gebäude in der Größe 50 oder 60 Stockwerke besitzen, dass Antilla nur 27 hat, macht schon darauf aufmerksam, dass es hier um eine sehr eigenwillige Konstruktion geht. Wie es heißt, ist Frau Ambani die treibende Gestalterin. Jedes Stockwerk soll nicht nur anders aussehen, sondern auch aus anderen Materialien bestehen. Und das soll auf der alten indischen Architekturlehre von Vaastu basieren. Da sollen nämlich, was gut zum Ölkonzern passt, die Energien im guten Sinne fließen. Angeblich kann das Haus ein Erdbeben der Stärke 8 gut überstehen und ist auch gegen Explosionen gesichert.

Der Ölmagnat ist, wie manche der Golfstaaten-Fürsten, auch vom Ökofieber angesteckt (zumindest solange die Ölmilliarden noch fließen). Irgendwie, so heißt es, wollte er – oder seine Frau - die berühmten Hängenden Gärten Babylons in die Gegenwart überführen. Also werden immer wieder Stockwerke in Gärten verwandelt, die so hoch sind, dass sie auch Bäumen Platz bieten. Einer der Gärten ist vier Stockwerke hoch. Auch einen Wasserfall soll es dann irgendwo da oben geben. Und es scheint den Plan zu geben, dass die Fassaden teilweise von Pflanzen überwuchert werden, um es zu einem der höchsten lebendigen Gebilde zu machen. Ganz oben ist es allerdings nicht grün, denn dort sind die Hubschrauberlandeplätze, die für die ungehinderte und sichere Mobilität über die verstopften Straßen und die Slums hinweg sorgen.

Unten beginnt alles ganz profan. Allein sechs Stockwerke dienen als Garagen. Auch die hauseigene Autowerkstatt hat hier im siebten Stockwerk ihren Platz. Ganz nebenbei: An die 600 Bedienstete, die ja auch teilweise Autos haben, sollen hier für das Wohl der Ölpatriarchen sorgen, also für das Ehepaar, eine Oma und drei Kinder. Das Verhältnis lässt sich womöglich auf Mumbai übertragen, wo Millionen von Menschen in Armut eine kleine Schicht von Superreichen mit Billigdienstleistungen versorgen. Oberhalb der Parkplätze gelangt man in eine Lobby mit 9 Fahrstühlen. Dann kommen Büros, Gästezimmer, zahlreiche Lounges, ein Theater oder ein Kino mit Bar, ein großer Raum für Feste mit vielen Kristalleuchtern, zwei Stockwerke, die der Gesundheit dienen. Da gibt es einen großen Swimmingpool, von dem aus man die Stadt übersehen kann, Liegestühle, die von Bäumen beschattet werden, ein Yoga- und ein Tanzstudio, Umkleideräume für Männer und Frauen, ein Fitnessstudio, ein Solarium (!) mit einer Saftbar. Was man halt so braucht. Angeblich gibt es auch Überlegungen, einen Eisraum mit künstlichem Schnee zu integrieren, in den sich die grün gesinnten Herrschaften an einem heißen Tag in Mumbai zurückziehen könnten.