Die politisch korrekte Waschmaschine

Wie moderne Technik das Leben verkomplizierten kann

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Bald ist Muttertag – und zumindest an diesem sollen Männer die Frauen verwöhnen. Ist ja auch nicht schwer – es ist ein Sonntag, die meisten Männer müssen da nicht arbeiten. Was passiert aber unter der Woche?

Der Mann kommt aus dem Büro nach Hause und die Frau bringt ihm die Pantoffeln an die Tür und bringt ihm das Bier an den Fernseher. So schauen Machoträume und die TV-Werbung aus. Kein Sex? Nein, dazu ist er viel zu müde – und sie auch, sie hat ja den ganzen Tag gewaschen und gebügelt. Macht er ja nicht, denn wenn er nach Hause kommt und dann noch die Maschine anwerfen würde, gäbe es Ärger mit den Nachbarn, die dann schlafen wollen.

Damit das nicht passiert, hat der Spanier Pep Torres – allerdings irrtümlicherweise bereits zum Vatertag – eine Waschmaschine mit dem Namen „Your Turn" („Du bist dran“!) entwickelt, die per Fingerabdrucksensor sicherstellen will, dass abwechselnd sie und er den Waschgang starten. Zweimal hintereinander kann dieselbe Person nicht waschen. So soll die Gerechtigkeit im Haushalt wieder hergestellt werden.

Wascherlaubnis nur gegen Identitätsprüfung per Fingerabdruck (Bild: Debuenatinta.es)

Also eine komplizierte Lösung für das Problem namens „faulentia vulgaris haushaltensis“ („Kein Bock auf Hausarbeit“)? Ja, kompliziert sicher, und auch geeignet im Fall von hausfaulen Frauen, die den Mann die ganze Wäsche machen lassen, aber keine wirkliche Lösung:

  1. es wird nur der Start des Waschvorgangs kontrolliert, später auch noch das Öffnen der Tür. Wer die Schmutzwäsche wirklich sortiert, in die Trommel füllt, entnimmt, zum Trocknen aufhängt und in den Schrank räumt, interessiert die Maschine nicht. Und wer schon nicht hilft, wird auch keinen Bock haben, alle zwei Stunden seinen Finger samt Hintern daran in den Keller zum Knöpfchen drücken zu bewegen.
  2. es kann nun nur noch zu zweit gewaschen werden – ist einer krank, besoffen oder in der Arbeit, muss der andere solange dreckige Socken tragen.
  3. wenn sie schon seit Wochen nicht mehr gewaschen hat, sondern lieber am Computer sitzt und in den Heise-Foren postet und er trotz mittlerweile auf 5 Tage verlängerten Wechselintervalls keine einzige saubere Unterhose mehr findet, kann sie ihn erpressen: Du willst doch nur wieder Deine Geliebte besuchen – wozu sonst brauchst Du jetzt auf einmal frische Unterwäsche!?
  4. Kinder können beim Waschen nicht mithelfen, was vom Erfinder sogar als Vorteil herausgestellt wird, damit sie nichts kaputt machen können. Dabei sind die Kinder normalerweise die einzigen im Haushalt, die nicht irrtümlich seinen Cashmir-Pulli oder ihre Seidenwäsche zwischen die Kochwäsche befördern.
  5. wer von der Hausarbeit dreckige Finger bekommen hat, wird von der Maschine nicht mehr erkannt. Dann kann auch der andere nicht mehr weiterwaschen.
  6. wer von der Partnerin oder dem Partner verlassen wird, sitzt anschließend zu allem Überfluss auch noch vor einem Haufen Schmutzwäsche und einer streikenden Waschmaschine.

Immerhin: Bei einer Scheidung wird es um dieses Haushaltsgerät bestimmt keinen Streit geben! Und der spanische Designer hat bereits die nächste Erfindung in petto: Ein Bügeleisen mit Fitnessprogramm soll sportliche, doch ansonsten nutzlose Macho-Aktivitäten wie Ambosswerfen, Hantelstemmen, Punching-Ball-Boxen oder Radeln und Laufen auf dem Hometrainer in notwendige Haushaltsaktivitäten umsetzen.

Der BBC World Service wird den spleenigen Erfinder Pep Torres heute den 3. Mai 2005 in der „Everywoman”-Sendung interviewen und das Programm anschließend noch eine Woche online halten.