Digitale Agenda - Vom Wind verweht

Streit ums Internet zwischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium und eine Datenschutzbeauftragte, die symptomatisch für die schwarz-rote Internetpolitik zu sein scheint

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Alexander Dobrindt, Seehofers Jüngling, muss nun neben Verkehr auch Internet machen, genauer gesagt: digitale Infrastruktur. Spötter ulken schon, dass er nun nicht nur die PKW-Maut für Ausländer umsetzen soll, sondern auch eine Maut für die Benutzung der deutschen digitalen Autobahnen. Da würden amerikanische und britische Geheimdienste womöglich kräftig löhnen müssen, um den Breitbandausbau im ländlichen Raum voranzutreiben, den die CSU in Bayern nur schleppend vorangebracht hat.

Besonders vertraut mit dem Internet ist Dobrindt nicht. Er hat sich auch gar nicht darum bemüht. Auf Twitter ist er gar nicht zu finden, auf Google+ auch nicht, er ist zwar brav seinem Chef gefolgt und hat sich 2009 eine Facebook-Seite einrichten lassen, die aber seit Monaten unbenutzt vor sich hingammelt. Das trifft auch auf seine Website zu ("Ein herzliches Vergelt's Gott an alle Wählerinnen und Wähler für Ihr Vertrauen!"), wo der letzte Eintrag vom 17. September ist. Blöd nur, dass die CSU-Hoffnung im Bund keineswegs alleine für das Internet verantwortlich ist. Gekrallt hat sich das Internet auch das Wirtschaftsminister Gabriel neben der Energiewende. Mit der ehemaligen Justizministerin Zypries, die zwar mit Internetvertrautheit nicht sonderlich geglänzt und auch als Bundesjustizministerium die Informationelle Selbstbestimmung nicht wirklich verteidigt hat (Unwissend, verlogen, heuchlerisch - und stolz darauf?), will er auch dem Verkehrsministerium eines auswischen und das Internet für sich reklamieren, ist ja ein Zukunftsthema. Zumindest schrieb Zypries in einer Reaktion auf einen kritischen Kommentar der FAZ zum "Internetminister" Dobrindt auf Twitter gestern: "Dobrint soll den Breitbandausbau voranbringen, alles andere bleibt bei BMWi und BMI."

Die Netzpolitik will sich mithin die SPD holen, sie passt tatsächlich nicht ins Verkehrsministerium unter einem diesbezüglich nicht nur weitgehend ahnungslosen, sondern bislang auch uninteressierten Minister. Allerdings ist Zypries, Verhandlungsführerin in den Koalitionsverhandlungen für Digitale Agenda, offiziell als Staatssekretärin zuständig für "IT-Wirtschaft und Luft-und Raumfahrt", was eine ähnliche Kombination wie im Verkehrsministerium ist. Und dann gibt es da auch noch das Justizministerium, nun auch zuständig für den Verbraucherschutz (Maas hätte "kein Problem" damit, "Killerspiele" zu verbieten), in SPD-Hand und das Innenministerium in CDU-Hand. Anstatt also ein gebündeltes Internetministerium zu schaffen, wird das Thema, das die Politik zwar nun entdeckt hat, nach parteipolitischen Interessen zersplittert.

Und dann ist da auch noch die neue Bundesdatenschützerin Andrea Voßhoff (CDU), die sich für Netzsperren und Vorratsdatenspeicherung stark gemacht hat. Das ist nach dem NSA-Skandal und beim online insgesamt desaströsen Zustand der Privatsphäre auch ein Signal in die falsche Richtung. Voßhoff hat sich mit Kenntnissen über das Internet bislang nicht hervorgetan, ist dort auch praktisch nicht aktiv. Ruft man ihre Website vosshoff.de auf, so findet sich dort Leere. Ob das das Sinnbild der "Digitalen Agenda" von Schwarz-Rot ist?