EU-Richtlinienentwurf zur Geldwäsche verstößt gegen rechtsstaatliche Prinzipien

Anwälte kritisieren Eingriff in Schweigepflicht

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Die Europäische Union will künftig verstärkt gegen Geldwäsche vorgehen. Dazu liegt derzeit der vertrauliche Entwurf einer Geldwäscherichtlinie vom 29. September auf dem Tisch, der nun Telpolis vorliegt. Er stößt jedoch auf herbe Kritik, da die Richtlinie die Schweigepflicht für Anwälte abschaffen will.

Demnach müssen die Anwälte bereits bei einer Rechtsberatung Meldung erstatten, wenn sie den Verdacht hegen, dass ein Mandant in kriminelle Angelegenheiten verstrickt ist, bei denen illegale Geldwäsche im Spiel ist. Dabei dürfen sie den Mandanten von dieser Meldung nicht informieren. Dabei genügt es bereits, wenn die Anwälte ihre Mandanten beim Kauf und Verkauf von Immobilien und Gewerbebetrieben beraten.

Generell gilt dies aber auch bei der Verwaltung von Geld, Wertpapieren oder anderen Vermögensgegenständen, der Verwaltung von Bank-, Spar- oder Wertpapierkonten. Aber auch wenn Anwälte Unternehmer bei der Gründung von Gesellschaften, oder ihren Betrieb oder Verwaltung beraten, ist dies bereits meldepflichtig. Ein bestimmter Schwellenbetrag ist dafür nicht notwendig.

In Deutschland sieht das Geldwäschegesetz alleine eine Identifizierungspflicht bei der Bargeldannahme im Wert von 30.000 Mark oder mehr vor. Dass verdächtige Transaktionen angezeigt werden müssen, gilt hierzulande nur für Institute und Spielbanken.

Betroffen sind nicht nur Anwälte, sondern auch Notare, Abschlussprüfer, externe Buchprüfer, Steuerberater und Immobilienmakler. Für den Deutschen Anwaltsverein (DAV) zeigt der Vorschlag der Kommission "eine bestürzende Geringschätzung für das Recht eines jeden Bürgers auf Beratung durch einen absolut verschwiegenen Anwalt."

Michael Streck, Präsident des DAV, ist davon überzeugt, dass durch die Planung in der EU das Recht der Bürger auf eine vertrauliche Kommunikation "ausgehöhlt" wird. Der Anwalt als Spitzel der Obrigkeit gehöre zum Instrumentarium von Polizeistaat und Toletarismus und sei einer Europäischen Union unwürdig. Immerhin dokumentiert diese ihr Bekenntnis zu einer rechtsstaatlichen Gemeinschaft in einer Grundrechtecharta.

Schon heute treffen Anwälte strafrechtliche Sanktionen, wenn sie bei organisierten Verbrechen mitwirken. Außerdem riskieren sie, aus der Anwaltschaft ausgeschlossen zu werden. In einer Stellungnahme spricht sich auch die deutsche Bundesregierung gegen die Einbeziehung der freien Berufe aus. In Deutschland lägen überdies keine Hinweise vor, nach denen Anwälte in Geldwäscheaktivitäten verwickelt wären.

Koordinierter Kampf gegen Geldwäsche

Nicht zuletzt hinsichtlich der gemeinsamen Währung arbeiten die Mitgliedstaaten schon lange an einer Koordinierung bei der Geldwäschebekämpfung. So wurde bereits Anfang 1999 eine zentrale Datenhaltung der entsprechenden Verdachtsanzeigen vorgeschlagen, wobei auch Europol beteiligt sein soll. Bislang konnte man sich jedoch noch nicht einigen, wo diese nationale Zentralstelle eingerichtet werden soll. Geplant ist in Deutschland eine zentrale Geldwäscheverdachtsanzeigendatei beim Bundeskriminalamt, um fallübergreifende Ergebnisse über die Struktur der Kriminalität herausarbeiten zu können.

Auf der Grundlage von rund 5.700 Ermittlungsvorgängen aus dem Jahr 1995 und 1996 zeigte sich, dass 66 Prozent aller Verfahren Verbindungen zu bereits vorhandenen Erkenntnissen oder Straftaten aufzeigten. Bei knapp einem Viertel aller untersuchten Ermittlungsverfahren konnten außerdem Erkenntnisse über Tätergruppierungen, Grunddelikte und Geldwäschehandlungen gewonnen werden. Nur bei 7 Prozent aller Verdachtsanzeigen konnte der Tatverdacht erhärtet werden.

Die Ausweitung einer solchen zentralen Datenbank würde durch eine spezielle Datamining-Software erfolgen. Entwickelt wurde ein solches Tool im Auftrag des Bundeskriminalamtes vom Fraunhofer-Institut für grafische Datenverarbeitung in Darmstadt (Polizei setzt auf Datamining). Damit Europol als Koordinationsstelle für Geldwäsche dienen kann, muss allerdings die Europol-Konvention geändert werden. Auf dem Europol-Fahrplan jedenfalls steht die Einrichtung eines zentralen "Informations- und Analysensystems zur Geldwäsche" zum 1. Oktober 2003 (Eurofälschungen).