EXPO wird endgültig ein Minusgeschäft

Steuermehreinnahmen geringer als erwartet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Wenn sie auf das erwartete EXPO-Defizit angesprochen wurde, entgegnete die Generalkommissarin Birgit Breuel bislang immer, dass die Steuermehreinnahmen deutlich höher ausfallen würden. Von dieser Argumentation muss sie sich jetzt aber endgültig verabschieden. Nach einer neuen Berechnung des niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung könnten Bund und Länder durch die Expo lediglich Steuermehreinnahmen von rund 1.5 Milliarden Mark erwarten.

Durch fehlende Besucher, den Verzicht auf Parkplatzgebühren und Tageskassenzuschläge sowie durch die Senkung der Eintrittpreise wird die Weltausstellung unweigerlich ein Defizit einfahren. Frau Breuel setzte kritischen Defizit-Nachfragen immer entgegen, dass dafür die Steuermehreinnahmen deutlich höher ausfallen würden und ein hoher struktureller Gewinn erzielt worden sei. Mit der am Donnerstag bekannt gewordenen Berechnung durch das niedersächsische Institut für Wirtschaftsforschung werden offensichtlich nur Steuermehreinnahmen von rund 1.5 Milliarden DM zu erwarten sein. Ursprünglich ging man von 4.3 Milliarden DM aus. Besonders drastisch ist aber die Berechnung für das Land Niedersachsen, denn hier werden lediglich Steuermehreinnahmen von 100 Millionen DM prognostiziert. Angesichts der vertraglichen Vereinbarung, dass sich das Land Niedersachsen zur Hälfte an dem erwarteten Defizit von 2.4 Milliarden DM beteiligen muss, bedeutet das für den niedersächsischen Haushalt dramatische Einbußen.

Es war also Handlungsbedarf für den niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel gegeben, schon einmal im Vorfeld die Grenzen abzustecken. So traf er sich am Donnerstag mit Bundesfinanzminister Hans Eichel auf der EXPO. Ziel des zweistündigen Gespräches war es, den vertraglich vereinbarten 50-Prozent-Landesanteil an dem EXPO-Defizit zu senken. Selbst der niedersächsische CDU-Vorsitzende Christan Wulf fordert die Bundesregierung inzwischen auf, sich zu 75 bis 80 Prozent an den Kosten zu beteiligen. Zu einem Ergebnis haben sich die Gesprächspartner Eichel und Gabriel nicht durchringen können, denn der Kassenabschluss erfolgt bekanntlich erst mit dem 1. November 2000. Gabriel geht aber davon aus, dass eine einvernehmliche Lösung im Interesse von Niedersachsen gefunden werde. Allerdings rechnen beide Seiten noch mit einem "harten Tauziehen". Zum jetzigen Zeitpunkt schade allerdings eine weitere Debatte über das Defizit nur der Expo. Auch Gerhard Schröder schaltete sich inzwischen in die Diskussion ein: Es werde "keine Geschenke, aber Solidarität des Bundes geben", kündigte er in einem Interview an. Der Bundesfinanzminister forderte Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Expo-Gesellschaft auf, alles zur Minimierung des Defizits zu unternehmen und die Ausstellung zum Erfolg zu führen.

Ähnlich äußerte sich der Bundeskanzler in einem vorab veröffentlichten Interview der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" "Wir werden zu diesem Zweck die Daumenschrauben ansetzen", erklärte Gerhard Schröder. Auf dem EXPO-Gelände hört man inzwischen vermehrt die Meinung, dass man von vornherein gewusst hätte, dass eine Weltausstellung nicht mit schwarzen Zahlen zu veranstalten sei. In Zukunft kann man von Seiten der EXPO-Geschäftführung wohl nur noch den vermeintlichen Imagegewinn für Deutschland als Argumentationshilfe angesichts der Kosten für den teuersten Freizeitpark heranziehen.