Edathy-Untersuchungsausschuss kommt

Wurde ein Kindernacktbilderfund von 2004 im Bundestag vertuscht?

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Nachdem der Bundestag Ende letzter Woche mit den Stimmen von CDU, CSU, SPD und Grünen eine Geschäftsordnungsänderung verabschiedete, die das Quorum für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von faktisch 158 auf 120 Abgeordnete herabsetzt, haben sich Grüne und Linke darauf geeinigt, mit ihren zusammengerechnet 127 Stimmen ein solches Gremium einzuberufen, das mehr Licht in die Affäre Edathy bringen soll.

Aus Union und SPD heißt es, man halte solch einen Untersuchungsausschuss wegen der Innenausschussanhörungen der letzten Monate nicht mehr für notwendig und erwarte sich nichts von ihm, wolle sich aber nicht dem Vorwurf aussetzen, Aufklärungsarbeit durch eine Blockade zu erschweren. Der Innenausschuss hatte zu der Affäre neben dem SPD-Geschäftsführer Thomas Oppermann und dem SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel auch den Bundeskriminalamtschef Jörg Ziercke befragt, der viermal anrücken musste, weil immer neue Ungereimtheiten auftauchten.

Grünen und Linke wollen in dem geplanten Ausschuss deshalb auch die Rolle des Bundeskriminalamts weiter untersuchen und BKA-Mitarbeiter, die bislang gemeinsam mit Ziercke aussagten, noch einmal einzeln und unter "Wahrheitspflicht" anhören. In der Union plant man dagegen, sich vor allem auf das Behörden- und Justizverhalten im rot-grün regierten Niedersachsen zu konzentrieren und zu fragen, wer Edathy eventuell von den bei ihm geplanten Hausdurchsuchungen informiert haben könnte.

Darüber hinaus könnte auch der Bundestag selbst Gegenstand des Untersuchungsausschusses werden: Der Focus berichtet nämlich von einen Angestellten eines IT-Dienstleisters, der 2004 Wartungsarbeiten im Bundestag durchführte und dabei ungefähr 20 Bilder nackter südasiatischer Jungen im Papierkorb von Sebastian Edathys Computer gefunden haben will, die er auf CD sicherte. Als er seinem Vorgesetzten davon erzählte, behauptete der angeblich, er habe die Bundestagsverwaltung über den Fund informiert und der Mitarbeiter solle die CD vernichten und mit niemandem darüber sprechen. Bei der Bundestagsverwaltung und bei der Staatsanwaltschaft Hannover, bei der sich der Mann inzwischen gemeldet haben soll, war für eine Stellungnahme dazu bislang niemand erreichbar.

Dem Focus-Bericht nach handelte es sich bei dem 2004 gefundenen Material um "Posing"-Bilder, die aktuell nur dann strafbar sind, wenn Geschlechtsteile "aufreizend zur Schau gestellt" werden. Bundesjustizminister Heiko Maas hat im Zuge der Affäre Edathy allerdings einen Gesetzentwurf angekündigt, der auch den Verkauf und Erwerb anderer Kindernacktbilder, deren Import Edathy selbst zugibt, unter Strafe stellt. Der Entwurf wird in den nächsten Tagen an die Ressorts verschickt.

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