Ein Brief aus den USA?

Präsident Bush startet neue Kampagne, um durch Briefe und Mails von amerikanischen Schülern das Bild der USA in den arabischen Länden zu verbessern

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Auch in der Poststelle des Außenministeriums ist nun bei einem Mitarbeiter eine Milzbrandinfektion aufgetreten. Spuren von Anthrax wurden auch im CIA-Hauptquartier gefunden. Das verwendete Anthrax stammt offensichtlich aus auch vom US-Militär gezüchteten Kultur. Der neue Infektionsfall legt nahe, dass entweder noch unentdeckte Briefe mit Anthrax unterwegs sind oder dass auch Sendungen gefährlich sein könnten, die nur in Kontakt mit den biologischen Briefbomben gekommen sind. Gleichwohl scheint Präsident Bush für seine neueste Kampagne noch nicht ganz auf Emails zu setzen, da er immer noch auf "snail mail" zu vertrauen scheint.

Just als der erst Fall einer Milzbrandinfektion durch einen Brief bekannt wurde, schlug Bush, in Bedrängnis durch Kritik an der Bombardierung geraten, eine Aktion vor, bei amerikanische Kinder für Kinder in Afghanistan spenden sollten. Auch wer nur einen Dollar habe, könne diesen in einen Umschlag stecken und ins Weiße Haus schicken. Das hat sicherlich für manche Aufregung bei den für Sicherheit Zuständigen gesorgt, da nun noch mehr Post überprüft werden muss. Auch bei der Vorstellung des neuen Projekts, das die Verständigung von amerikanischen und arabischen Schülern fördert, fordert er unvorsichtigerweise noch immer neben dem Scheiben von Emails auch zu dem von gewöhnlichen Briefen auf und riskiert so womöglich beschuldigt zu werden, in die arabischen Länder Milzbrand zu senden und einen Briefbiokrieg gegen die muslimische Welt zu unterstützen. Immerhin könnten die Schüler mit Emails nur digitale Viren verschicken, was in oder an den Umschlägen an biologischen Pathogenen mitgeliefert wird, lässt sich wohl vorerst nicht mit Firewalls und Antiviren-Programmen in Postämtern erkennen.

Jetzt will Bush nämlich wieder die amerikanischen Kinder einsetzen, um in den arabischen Ländern gegen die dort sich ausbreitende anti-amerikanische Stimmung vorzugehen. Als Kämpfer an der Propagandafront sollen Schüler Emails an arabische Schulen schreiben, um zu demonstrieren, dass "wir keinen Krieg gegen sie führen":

"Jeder Brief, den ihr an einen Jungen oder an ein Mädchen in der muslimischen Welt schreibt, hilft unserem Anliegen, dem Anliegen von Amerika."

Nur gegen die Bösen richte sich der Kampf. Aber das Böse werde mit dem Guten bekämpft, wie Bush auch nicht sehr viel einfacher als in seinen anderen Reden vor den Schülern der Thurgood Marshall Extended Elementary School versicherte:

"Und eine Möglichkeit, dabei zu helfen, das Böse mit uns zu bekämpfen, ist, Jungen und Mädchen in eurem Alter Briefe zu schreiben. Ihr könnt Jungen und Mädchen wissen lassen, was für euch wichtig ist. Ihr könnt Jungen und Mädchen eure Träume erzählen und sie auch um die ihren bitten."

Bush meint dann auch noch zu den Schülern, dass sie wohl mehr lesen als fernsehen: "Es ist wirklich wichtig, gut lesen zu können." Gefragt, ob dies stimmt, hat er sie dann allerdings sicherheitshalber doch nicht.

Friendship Through Education heißt die von Bürger- und Hilfsorganisationen geschaffene Initiative, innerhalb derer das Weiße Haus gestern das Verständigungsprojekt erst einmal an drei Schulen gestartet hat, um Schüler und Lehrer und mit denen von Schulen in Bahrein, Ägypten und Pakistan in einen Austausch treten zu lassen. Geld gibt es dafür allerdings keines, so wichtig scheint es also nicht zu sein, wenn man überlegt, wie viele Millionen von Dollar bereits alleine die auf Afghanistan herunter regnenden Bomben gekostet haben.

Die Schüler sollen durch ihre Emails und später durch Aufsätze, in denen sie die "Regeln, Ideale und Prinzipien" ihres Lebens erläutern, gemeinsame Grundlagen mit ihren arabischen Kollegen legen - und natürlich ihnen vor allem zeigen, wie gut Amerika ist, zumal wenn sie dies bezweifeln sollten:

"Wir können sie widerlegen, indem wir auf eine gute Weise handeln. Wir können der Welt zeigen, welch eine große, mitfühlende und anständige Nation Amerika ist. Ich kann das mit Diplomatie machen. Ich kann dies mit unseren Handlungen. mit unseren Allianzen machen, die wir bilden. Aber die Kinder im ganzen Land können dies genauso gut machen: durch Briefe und Emails und Bilder und Zeichnungen und Kontakte mit Jungen und Mädchen."

Briefe aber könnten, wie gesagt, das genaue Gegenteil bewirken, sollten unbeabsichtigt durch zufälligen Kontakt mit verseuchten Sendungen sich auch tödliche Sporen mitreisen. Die Frage aber wird auch sein, ob die Mitteilungen der Schüler tatsächlich für das Land und seine Bewohner, die nur Gutes wollen und Freunde suchen, nur von Vorteil sein dürften. In einem steht beispielsweise: "It is great in America", in einem anderen: "We also watch a lot of TV and have over 300 channels. Do you have cable?" Ein Schüler fragt: "Waht is your favorite (TV) show?", während ein neunjähriges Mädchen betont: "Everybody should have a lot of fun."

Und Gretchen weiß sogar schon etwas über Bahrein, wohin sie einen Brief schreibt, den sie auch ihrem Präsidenten Bush vorlesen darf: "Ich habe erfahren, das es in eurem Land regelmäßig Dürreperioden und Sandstürme gibt. Wir haben keine Dürreperioden oder Sandstürme. Die USA sind großartig!"