Ein Déjà-vu mit der Staatspleite Griechenlands

Seite 2: Tsipras Überlebenstaktik

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Diese schier aussichtslose Lage ist Premierminister Tsipras durchaus bekannt. Er versucht allerdings mit allen Mitteln an der Macht zu bleiben und eine ökumenische Regierung aller demokratischen Parteien zu verhindern. Um dies zu erreichen setzt er offenbar auf einen Bluff, der leicht schief gehen kann. Von Neuwahlen ist die Rede. Aus Syriza-Kreisen wird sogar von einem erneuten Referendum gesprochen.

Die in der Regel gut informierte Real News titelte das angeblich aus Regierungskreisen stammende Bekenntnis über die Verhandlungen, dass "die uns in die Drachme führen". Die der Regierung nahe stehende Efimerida ton Syntakton meint, dass der deutsche Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble und der IWF gemeinsam Tsipras aus dem Amt kegeln wollen.

Der riskante Flirt Tsipras mit einem erneuten Urnengang, hat bei den Oppositionsparteien unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Von den kleineren Parteien sind einzig die Kommunisten nach eigener Aussage auf alles vorbereitet. To Potami und die PASOK/DIMAR Allianz meinen ebenso wie die Zentrumsunion, dass Neuwahlen eine wirtschaftliche Katastrophe herbeiführen würden. Sie verlangen stattdessen eine Allparteienregierung.

Stavros Theodorakis von To Potami meint gar, dass Tsipras alles nur inszeniere, um hinterher den Kreditgebern zu allem zuzustimmen. Fakt ist, dass die Umfragen für abermals vorgezogene Neuwahlen eine Bipolarität zwischen den beiden großen Parteien, Syriza und Nea Dimokratia voraussagen. Die kleineren Parteien würden dabei aufgerieben, und müssten um ihren Parlamentseinzug fürchten.

Auf denselben Effekt scheint der Premier bei seiner eigenen Fraktion zu setzen. Der Schwenk der ursprünglich linken Partei Syriza auf neoliberale Wirtschaftspolitik hat die Abgeordneten beim Volk unbeliebt gemacht. Sie trauten sich über die Ostertage nicht in ihre Wahlkreise oder blieben den Feierlichkeiten fern. Selbst der früher so gern unter das Volk gehende Premier zog es am Ostersonntag vor, zusammen mit Verteidigungsminister und Koalitionspartner Panagiotis Kammenos auf einer Kriegsfregatte zu feiern.

Bei dieser Gelegenheit betonten beide auch die Verteidigungsbereitschaft gegen die immer aggressiver auftretende Türkei. Tatsächlich dringen weiterhin Kampfjets der Türkei tief in den Luftraum Griechenlands ein. Zudem werden Fischerboote in griechischen Hoheitsgewässern von der türkischen Küstenwache belästigt. Doch all dies geschah auch immer wieder in den Jahren zuvor. Der auswärtige Feind wird somit als weiteres Motiv zur inneren Einigung hinter die Reihen der Regierung herangezogen.

Davon unbeirrt zeigt sich die Nea Dimokratia, die selbstbewusst den Rücktritt Tsipras und Neuwahlen verlangt. Doch auch die Nea Dimokratia wäre froh, wenn Tsipras vor den Neuwahlen die Verhandlungen mit der Troika zum Abschluss bringt und sich mit der Verabschiedung der verlangten Maßnahmen politisch selbst ins Abseits stellt.