Ein "Super Saturday" und ein "Boozy Weekend"

Newcastle Brown Ale sollte nicht zu kalt, aber auch nicht zu warm getrunken werden. Als ideal gilt eine Temperatur zwischen 11 und 13 Grad Celsius. Foto: Aneil Lutchman. Lizenz: CC BY-SA 2.0

Die englische Polizei erwartet bei der morgigen Pub-Wiedereröffnung ein gigantisches Besäufnis

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Das Vereinigte Königreich steht bei den absoluten Corona-Toten mit etwa 44.000 in Europa an erster Stelle. Auf die Einwohnerzahl umgerechnet liegt es mit etwa 650 pro einer Million Einwohnern hinter Belgien, das hier mit über 840 klar führt. Aber auch in England öffnen morgen die Gaststätten wieder. Nachdem sie seuchenbedingt 15 Wochen lang geschlossen waren, erwartet nicht nur die englische Presse einen "Super Saturday" und ein "Boozy Weekend": Auch die Polizei und die Krankenhäuser haben sich für Großeinsätze gerüstet.

Sarah Vine, die Ehefrau des britischen Vizepremierministers und Boris-Johnson-Rivalen Michael Gove, kommentierte das in der Daily Mail mit dem Humor, der die Briten auszeichnet: "Nach Monaten im Lockdown hungere ich nach jedem Gefühl von Normalität - und was könnte ein besseres Zeichen für eine Rückkehr Großbritanniens zur Normalität sein als eine Ladung Betrunkener, die Samstagnacht die Notaufnahme verstopft."

Leisere Musik soll für weniger Sprechaerosole sorgen

Die britischen Gastwirte sehen der morgigen Wiedereröffnung sowohl freudig als auch furchtsam entgegen. Freudig, weil viele von ihnen nach der gut dreimonatigen Beschränkung auf einen Takeaway-Verkauf vor der Pleite stehen und auf Umsatz und Gewinn hoffen. Und furchtsam, weil sie neben Schäden im Zusammenhang mit alkoholbegünstigter Enthemmung auch Strafen befürchten, die ihnen drohen, wenn gegen das 43 Seiten umfassende Regelwerk ihrer Regierung zur Wiedereröffnung verstoßen wird.

In ihm werden sie nicht nur dazu verpflichtet, Namen und Kontaktdaten aller Besucher festzuhalten. Sie sollen auch dafür sorgen, dass die maximal vier Personen, die an einem Tisch Platz nehmen dürfen, nur aus zwei verschiedenen Haushalten kommen. Damit der Mindestabstand gewahrt wird, sollen sie Besucher dazu animieren, ihr Bier im Freien zu trinken, was nicht ganz ohne gesundheitliche Auswirkungen auf die Anwohner bleiben dürfte (vgl. Nichtrauchergesetze mit Nebenwirkungen). Setzt ein plötzlicher Regen ein, dürfen sie theoretisch nur einen Teil der draußen trinkenden Gäste hereinlassen. Ob das ohne Zwischenfälle funktioniert, wird sich zeigen.

Dafür sollen die Wirte die Musik aus ihren Anlagen drosseln. Aber nicht, um den die Anwohnern einen Ausgleich zu gewähren, sondern damit sich die Gäste nicht zu laut unterhalten und dabei mehr potentiell virenhaltige Aerosole ausstoßen als beim Sprechen in normaler Lautstärke. Live-Bands in Gaststätten sind bis auf Weiteres ohnehin noch nicht erlaubt. Und Nachtclubs, in denen die laute Tanzmusik zum Geschäft gehört, dürfen noch gar nicht öffnen.

Deutsche dürfen ab 10. Juli wieder quarantänefrei einreisen

Ab dem 10. Juli dürfen die englischen Pubs dann auch wieder auf Touristen aus Deutschland und etwa 50 weiteren Ländern hoffen (aber nicht auf US-Amerikaner). Dann fällt für diesen Personenkreis nämlich die bislang geltende und mit tausend Pfund Strafe bewehrte Pflicht zu einer zweiwöchigen Quarantäne nach der Einreise - aber nur in England. Schottland, Wales und Nordirland halten die Isolationsanordnung weiterhin aufrecht.

Ob nun auch die Reisewarnung für das Vereinigte Königreich, die das deutsche Außenministerium verhängt hat, aufgehoben wird, ist noch unklar. Aus London wird aber signalisiert, dass man sich eine entsprechende Reaktion erhofft. Möglich ist, dass das Auswärtige Amt in Berlin die Reisewarnung für das UK auf bestimmte Gebiete eingrenzt - zum Beispiel auf das mittelenglischen Leicester, das mit wieder steigenden Infektionszahlen eine Art englisches Gütersloh ist und gerade einen kommunalen Lockdown verkündete.

Beim Stecken von Steuergeld in die Wiederbelebung der britischen Wirtschaft hält sich London im Vergleich zu Brüssel und Washington bislang eher zurück. Im Vergleich zu den Summen, die dort als "Coronahilfen" flossen und fließen sollen, wirken die umgerechnet 1,1 Milliarden Euro, die der britische Premierminister Anfang der Woche für seinen Investitionsschwerpunkt Schulmodernisierung nannte, wie eine Rundungslapalie. Wie viel für die anderen britischen Investitionsprojekte Straßen und Krankenhäuser bereitgestellt werden soll, ließ Johnson noch offen.

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