Ein neugeborener Stern spuckt Blasen

Müssen die bestehenden Theorien der Sternenbildung überarbeitet werden?

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Ein internationales Team von Astronomen beobachtete eine Materie-Schale, die sich von einem jungem Stern in der Cepheus-A-Region weg bewegt.

J.M. Torelles vom Institut d'Estudis Espacials de Catalunya (IEEC/CSIC) und seine Kollegen aus Spanien, Chile, Mexiko und England haben über eine Periode von mehreren Monaten ein sphärische Blase beobachtet, von der sie aufgrund ihrer Messungen vermuten, dass sie ein junger Stern vor 33 Jahren in seinen Geburtswehen ausgespuckt hat. Ihre Studie veröffentlichen sie in der neuesten Ausgabe von Nature

Foto: NASA Hubble Space Telescope

Diese Beobachtung aus der Sterne Geburts-Region Cepheus A lässt an den gängigen Theorien zur Sternenentstehung zweifeln, weil nach bisherigen Vorstellungen ein solcher Materieausstoß nur als Jets jeweils aus den Polen eines Sterns geschehen sollte. Der Prozess der Sternengeburt, d.h. die Art wie interstellare Materie sich zu einem Stern verdichtet, ist auch von großem Interesse für die Theorien über die Bildung von Sonnensystemen und die Entstehung der Planeten.

Sterne entstehen in kalten, dichten, dunklen, interstellaren Gaswolken, diese kollabierenden Molekülwolken werden auch sphärischen Wolken genannt. Das Innere dieser Wolken ist vor energiereicher UV-Strahlung geschützt, weswegen sich dort sehr komplexe Moleküle bilden können. Entscheidend ist das Wechselspiel zwischen der Gravitationskraft und dem Gasdruck der Wolke. Während der Druck ansteigt, erhöht sich auch die Temperatur der Wolke, die zusätzlich noch durch ultraviolettes Licht von anderen Sternen erwärmt wird. Dann erhöht sich die Dichte und das dichte Gas kühlt effizient, wodurch der thermische Druck verringert wird und weiteres Material nachströmen kann, wodurch sich die Dichte erhöht und damit die Strahlungskühlung weiter verstärkt wird.

Das umliegende Gas zieht sich zu einem gewaltigen Ball zusammen, sobald die Gaskugel genug Masse hat, kann sie im Kern die Wasserstofffusion entfachen. Um den neuen jungen Stern dreht sich noch eine rotierende Staubscheibe, quasi die Geburtsplazenta.

Wichtig ist dabei der Drehimpuls, wenn die Wolke aus Gas und Staub sich durch die Gravitation zusammen ballt. Der Drehimpuls gibt den Bewegungszustand einer Masse an, die um einen Punkt mit einer bestimmten Geschwindigkeit in einem bestimmten Abstand rotiert. Die früher beobachteten Jets von Materie bilden sich an den Polen, reduzieren vermutlich überschüssigen Drall und binden damit die verbleibende Materie an den sich bildenden Stern. Der Protostern entsteht in der Mitte einer Gasscheibe.

Die Jets vermindern die Masse und limitieren so die Materie, die sich um einen Sternen-Kern akkumuliert. Bis jetzt waren solche Ausstöße von Materie von entstehenden Sternen als bipolar und hoch kollimiert (gebündelt) beobachtet worden, also in der Form, die der Theorie entspricht.

Die Forschergruppe um Torelles beobachtete jetzt einen solchen Ausstoß in Form einer sphärischen Schale, zumindest schließen sie aus der Bewegung und Ausdehnung dieser Materie, dass sie von dem entstehenden Stern stammt.

Sie benutzten Radioteleskope (VLBI oder Very Long Baseline Interferometry), um kosmische Masern aufzuspüren. Kosmische Maser ist intensive Mikrowellenstrahlung. Diese Strahlung weist die gleichen Eigenschaften auf wie Laserlicht, nur in einem anderen Wellenlängenbereich. Man spricht deshalb von kosmischen Masern. Frühere Observationen von entstehenden Sternen hatten erwiesen, dass kosmische Wasser-Masern sich bildeten und zusammen mit den bipolaren Jets ausgestoßen wurden. Die Wasser-Masern, die das internationale Astronomen-Team nun beschreibt, breiten sich nicht in Form von bipolaren Jets, sondern eher zirkulär aus, sie sind Teil einer expandierenden sphärischen Schale. Von der Schale und der Geschwindigkeit der Expansion ausgehend, errechneten die Forscher die zurückgelegte Zeit und die Herkunft und kamen auf 33 Jahre und den jungen Stern.

Wenn sie Recht haben, müssen die bestehenden Theorien der Sternenbildung überarbeitet werden. In seinem Begleitartikel gibt aber Kevin B. Marvel von der American Astronomical Society in Washington zu bedenken, dass es immerhin möglich ist, dass diese Phänomen nicht von einem entstehenden, sondern von einem reifen Stern stammt. Trotzdem sagt er:

Es könnte heißen, dass angesichts dieser einmaligen Erkenntnis die gängigen Theorien der Sternenentstehung überdacht werden müssen. (....) Die neue Beobachtung zeigt uns nur Details über die Masern selbst, nicht über ihren stellaren Wirt, und deshalb können wir das Alter des Sterns betreffend nicht völlig sicher sein. Nur die Zeit wird zeigen, ob die Quelle dieser symmetrischen Schale von Wasser-Masern noch mehr Material ausspucken wird.