Eine Stadtmauer für Bagdad

Die irakische Hauptstadt könnte zur ersten vollständig eingeschlossenen "gated city" werden

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Die Lage im Irak sieht düster aus. Die US-Soldaten verlassen das Land, politisch geht es nicht voran, es wird weiter um die Folgen des Wahlergebnisses gerungen, Allawi und Maliki kämpfen um die Macht, eine Versöhnung zwischen Schiiten und Sunniten rutscht ebenso wie eine stabile, rechtstaatliche Ordnung in weite Ferne, während die Gewalt schon seit einiger Zeit wieder zunimmt.

Wie al-Dschasira berichtet, soll das irakische Verteidigungsministerium nun planen, was auch das US-Militär gerne praktiziert hat, um unruhige Städte zu befrieden: Angeblich will man um die 5-6-Millionen-Stadt eine Sicherheitsmauer bauen, um Aufständische daran zu hindern, in die Hauptstadt zu gelangen, die wieder zum Ziel von Anschlägen geworden ist.

Bagdad

Das US-Militär hatte mehrere Städte wie Falludscha, Tal Afar oder Samarra mit einem Wall umgeben, um die Bewegung der Menschen zu kontrollieren (Der Bau der neuen Stadtmauern). In Bagdad wurden ebenfalls 3,5 m hohe Mauern und Kontrollpunkte zwischen Stadtvierteln errichtet, um die Gewalt zu beenden. Das aber macht die eingeschlossenen Stadtviertel auch zu "gated communities" oder Gefängnisvierteln. Ein Film bezeichnet Bagdad als Stadt der Mauern.

Bewacht wurden die Kontrollstellen und die Stadtviertel im Irak, aber auch in anderen Städten durch sogenannte Awakening-Gruppen, also letztlich durch Milizen, die von den USA bezahlt wurden. Diese Kontrolle durch lokale Gruppen, die natürlich ihr eigens Süppchen kochten, hat die Gewalt zeitweise stark zurückgehen lassen, aber die Etablierung einer staatlichen Ordnung nicht gerade gefördert. Die schiitisch dominierte Regierung will diese Finanzierung nicht mehr fortsetzen, so dass die Gefahr besteht, dass die nun einkommenslosen Männer sich erneut der sunnitischen Widerstandsbewegung anschließen. Wie in Afghanistan wird der Anschluss an militante Gruppen weniger von Ideologie oder Glauben gefördert, sondern vor allem durch Arbeitslosigkeit, da auch Widerstands- oder Terrorgruppen als "Arbeitgeber" auftreten.

Wie General Qassim Atta sagte, soll die Mauer aus Beton, ausgerüstet mit Überwachungskameras und anderen Sensoren, verhindern, dass Terroristen in die Stadt gelangen. Gemeint sind wohl vor allem sunnitische Aufständische. In ländlichen Bereichen werden anstatt einer Mauer Gräben ausgehoben. Die neue Stadtmauer soll bewirken, dass der Zugang nur über 8 Kontrollstellen möglich wird. Bis 2011 soll Bagdad zu einer "gated city" geworden sein. Angeblich will man dann – Modell Schengen-Raum - die Kontrollstationen an den Mauern in der Stadt wieder auflösen.