Einwanderungsreform wird an absurde Grenzsicherung gebunden

Grenzzaun in Arizona. Bild: CPP.gov/Donna Burton/CC-BY-SA-2.0

Die Republikaner verlangen Milliarden an Investitionen in Grenzsicherung und den Nachweis, dass 90 Prozent der Einwanderungsversuche scheitern

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In den USA leben schätzungsweise 11 Millionen Migranten, die bislang keine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung haben. Eine schon lange erwartete Einwanderungsreform soll nun den meisten die Möglichkeit bieten, legal in den USA bleiben zu können, wenn sie eine Strafe zahlen, sich einer Hintergrundüberprüfung unterziehen und keine Straftaten begangen haben. Nach 10 Jahren können sie dann die Green Card und nach 13 Jahren die US-Staatsbürrgerschaft erhalten. Zudem soll die legale Einwanderung erweitert und mehr Aufenthaltsgenehmigungen für Menschen mit guter Ausbildung gewährt werden. Und die Arbeitergeber müssen anhand einer staatlichen Datenbank verifizieren, ob Bewerber auch legal arbeiten dürfen.

Zwar ist das Gesetz, der Border Security, Economic Opportunity, and Immigration Modernization Act (S. 744), gemeinsam von demokratischen und republikanischen Senatoren eingebracht worden. Das heißt aber keineswegs, dass die Republikaner auch tatsächlich im Kongress die Immigrationsreform befürworten werden. Ganz klar ist sowieso, dass die Demokraten und wohl auch der nächste demokratische Präsidentschaftskandidat davon profitieren werden. 80 Prozent der sich illegal in den USA aufhaltenden Migranten sind Latinos, 10 Prozent Asiaten, die Wahlberechtigten beider Gruppen haben mit einer deutlicher Mehrheit von mehr als zwei Drittel bei der letzten Wahl für die demokratischen Politiker und Barack Obama gestimmt. Zudem sinkt die weiße Mehrheit in den USA, die die Stammwählerschaft der Republikaner bildet. Und die Weißen, die die Republikaner wählen, sind auch noch mehrheitlich alt. All das dürfte die Republikaner nicht davon überzeugen, das Gesetz mit den Demokraten zu verabschieden. Dass der Wille zur Gemeinsamkeit weiterhin dünn ist, hatte auch das Scheitern eines strengeren Waffengesetzes demonstriert.

Aber schon im gemeinsamen Gesetz haben die Republikaner die Einwanderungsreform an strenge Grenzkontrollen gebunden. Sie wollen durchsetzen, dass diese nur in Kraft tritt, wenn mindestens 90 Prozent der Menschen, die illegal die südliche Grenze überschreiten, abgefangen werden oder scheitern. Und das soll auch empirisch mit Zahlen belegt werden müssen, was eine Forderung ist, die eigentlich gar nicht zu erfüllen ist, es geht also um eine politische Finte, nicht destruktiv erscheinen zu wollen, aber doch das Unerwünschte verhindern zu können.

Der Heimatschutzminister muss nach dem Gesetz innerhalb von 180 Tagen nach dessen Inkrafttreten einen Grenzsicherungsplan (Comprehensive Southern Border Security Strategy) vorlegen. In diesem Plan soll ausgeführt werden, wie sich die Wirksamkeit der Grenzsicherung in allen Hochrisikoregionen, wo mehr als 30.000 Menschen im letzten Jahr verhaftet wurden, umsetzen und der Erfolg oder Misserfolg beweisen lässt. Zweimal jährlich soll der Stand der Dinge ermittelt und dem Kongress berichtet werden.

Zunächst soll der Bedarf an Personal, Überwachungstechnik und Flugzeugen/Drohnen ermittelt und geklärt werden, wo welche zusätzliche Grenzzäune errichtet werden müssen. Drohnen sollen unterbrechungslos die Grenze überwachen. 3.500 Grenzschützer sollen auf den jeden Fall bis 2017 zusätzlich angestellt werden, auch die Nationalgarde muss dem Grenzschutz dienen. Man rechnet für die ersten 5 Jahre mit Ausgaben von 3 Milliarden US-Dollar für die Grenzsicherung, zusätzlich sollen 1,5 Milliarden in den Bau von Grenzzäunen fließen und 2 Milliarden über 10 Jahre für weitere Umsetzungsmaßnahmen der "Strategie". Falls nach 5 Jahren nicht 90 Prozent derjenigen, die die Grenze übertreten, gefasst oder wieder zurückgetrieben werden, müsste eine Kommission eingesetzt werden. Und solange die Grenzmarke nicht erreicht wird, dürfte auch Einwanderern keine Daueraufenthaltsgenehmigung erteilt werden.

Drohnen zur Grenzüberwachung. Bild: CPP.gov/CC-BY-SA-2.0

Im Repräsentantenthaus liegt allerdings nur ein Gesetzesentwurf vor, der Security Results Act of 2013, der lediglich die Grenzsicherung und deren Wirksamkeit zum Inhalt hat, aber keine Vorschläge zur Einwanderungsreform enthält. Es heißt, die Grenzsicherheit müsse ein wesentliches Element einer Einwanderungsreform sein. Verwunderlich wäre nicht, dass die Republikaner möglicherweise die Einwanderungsreform erst einmal beschließen, sie aber über die Umsetzung der Grenzsicherung wieder zum Kippen bringen. Es müssen entgegen der Notwendigkeit des Sparens nicht nur Milliarden aufgewendet werden, kaum möglich wird es sein, die Effizienz der Grenzsicherung zu beweisen. Dazu müsste positiv erfasst werden können, wie viele Menschen über die Grenze kommen und nicht gefasst werden.

Die Forderung hat deswegen etwas absurdes, weil man genauso fordern könnte, dass Polizeistatistiken das jeweilige "Dunkelfeld", also die Zahl der nicht bekannten Straftaten, genau ermitteln müssten, um angeben zu können, wie effizient die Strafverfolgung ist. Es ist natürlich auch nur eine Sache mehr oder weniger verlässlicher Schätzungen, wie viele Menschen die Grenze überqueren, ohne erfasst zu werden. Die Schätzungen gehen dementsprechend weit auseinander.

Vorstellungen gibt es nicht, wie man die Zahlen "konkret" erfassen will, der demokratische Senator Charles E. Schumer, einer der Verfasser des Gesetzentwurfs, geht jedoch davon aus, dass dies möglich ist und die Zahlen nicht nur "Spaghett", also Wischiwaschi, sind. Und der republikanische Senator und ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain ist sich sicher, dass es einfach mit mehr Technik, also mit mehr und besseren Zäunen, mehr Drohnen und mehr Überwachung, möglich sein wird. Heimatschutzministerin Janet Napolitano berichtete dem Ausschuss für Heimatsicherheit des Repräsentantenhauses Ende April, dass die Grenze bereits sicherer geworden sei, weil die Obama-Regierung "historische Investitionen" in Personal und Technik gemacht habe. Nach Schätzungen sei die Zahl der Versuche, die Grenze überschreiten, in den letzten vier Jahren um 48 Prozent zurück gegangen. Sie lehnte aber schon im März vor einem Senatsausschuss wohlweislich ab, Erfolge nur in einer Prozentzahl bewerten zu wollen. Diese Haltung äußerten auch Vertreter der Grenzschutzbehörde.

Kürzlich hatte sich nach dem Einsatz von einer dem Militär entlehnten Überwachungstechnik mit Radarsyytemen auf Drohnen gezeigt, dass höchstens die Hälfte der Migranten erfasst wird. Das Government Accountability Office kommt auf 64 Prozent. Die Grenzschutzbehörde gibt natürlich höhere Zahlen an (Grenzüberwachung mit Radar und Drohnen).