Eklat im Attischen Regionalparlament

Thanos Tzimeros (links), Pavlos Hailkalis (früherer Arbeitsminister der Unabhängigen Griechen), Ilias Panagiotaros (MP Goldene Morgenröte) bei ihrer Vereidigung als Regionalabgeordnete am 27.8.2014. Die Region Attika ist die größte des Landes. Bild: W. Aswestopoulos

Erneut prügelte ein griechischer Politiker auf eine Kollegin ein. Dieses Mal war es jedoch kein Vertreter der dafür berüchtigten Goldenen Morgenröte, sondern vielmehr ein selbst ernannter Reformer

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Thanos Tzimeros ist seines Zeichens Gründer und Parteichef der Dimiourgia Xana! (Recreation Now!). Er sorgte 2011 für Aufsehen, als er sich mit einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel wandte, und diese um mehr Strenge für sein Land bat. Der Brief fand seinen Weg in die Bild-Zeitung und bescherte Tzimeros so viel Popularität, dass er bei den beiden Parlamentswahlen 2012 in die Nähe der Sperrklausel von drei Prozent kam.

Tzimeros, der sich rühmt, seinen Studienplatz nach wenigen Wochen des ersten Semesters verlassen zu haben, weil im Universitätsstudium in Griechenland keinen Sinn sah, machte in der Folge durch weitere derartige Aktionen auf sich aufmerksam.

Flüchtlinge wollte er auf wüstenartige Felseninseln verschicken, gegen die Regierung rief er zum Putsch auf, weil er den Grexit fürchtete. Dem Parlamentseinzug kam er nie wieder so nah wie 2012. Dafür schaffe er es, für seine Partei zwei Sitze im Attischen Regionalparlament zu erringen.

Dort fiel der Werbeunternehmer durch seinen antikommunistischen Aktivismus auf. Wo immer er ein kommunistisches Plakat sieht, reißt er es herunter und zerstört es. Alles, was links ist, empfindet er als persönliche Beleidigung. In der Befreiungsarmee ELAS, die im zweiten Weltkrieg gegen die Nazibesatzer kämpfte, und nicht in den Kollaborateuren, sieht er die wahren Volksverräter. In der Vergangenheit war er deshalb bereits mit einem kommunistischen Regionalabgeordneten aneinandergeraten.

Rauswurf aus dem Parlament

Am Donnerstag sah Tzimeros im Gebäude der Regionalverwaltung, wo die Sitzungen stattfinden am Aushang der Mitarbeiter ein Plakat der kommunistischen Gewerkschaft PAME. Diese rief gegen die neuen Sparbeschlüsse zum auch von den anderen Gewerkschaften unterstützten Generalstreik am 17. Mai auf.

Tzimeros riss das Plakat runter, schmiss es in den Abfall und ging in den Sitzungssaal. Bis zu diesem Punkt beziehen sich die Angaben auf die eigenen Aussagen von Tzimeros, so wie er diese im Fernsehen, aber auch über soziale Netzwerke mehrfach kommunizierte. Was danach geschah, wird von allen übrigen anwesenden Augenzeugen aller Parteien bis auf die der Goldenen Morgenröte gleichlautend bestätigt, von Tzimeros hingegen bestritten.

Die Abgeordnete Alexandra Balou begab sich zum Pult Tzimeros. Sie hatte das abgerissene Plakat in der Hand und wollte den Politiker zur Rede stellen. Daraufhin boxte und schlug Tzimeros sie mehrfach. Balou wurde von Kollegen zur Seite und dann in Richtung Saalmitte gezogen. Dieser Vorgang ist mit einem Video dokumentiert. Tzimeros griff sich das strittige Plakat, zerriss es und warf die Schnipsel demonstrativ auf den Boden. Danach schritt er ruhig zu seinem Platz.

Die Tat hatte Folgen. Er wurde des Saales verwiesen, kam dieser Aufforderung jedoch nicht nach. Er behauptete, dass kein Grund für einen Saalverweis vorliege. Daraufhin wurde er von anderen Abgeordneten aus dem Saal entfernt, wogegen er sich zur Wehr setzte. Bei diesem alles andere als sanften Vorgang, von dem eine Videoaufzeichnung existiert, wurde die Kleidung Tzimeros sichtlich malträtiert.

In der Folge erklärte Tzimeros zunächst im Sender ANT1 gegenüber dem Journalisten Nikos Chatzinikolaou, dass Balou ihm das Hemd zerrissen habe, als sie ihn wegen des Plakats zur Rede stellte. Die bereits vorliegenden Videos beweisen jedoch, dass es erst bei seinem Saalverweis dazu kam. Ergo änderte er seine Aussage und stellt sich nun als Opfer eines illegalen Saalrauswurfs dar. Rechtliche Schritte erwägt er nicht, weil für ihn die griechische Justiz ein faules System ist.

In den Erklärungen der übrigen Parteien wird Tzimeros aufs Schärfste verurteilt. Die SYRIZA-Pressestelle, die sich mit der Kommunistischen Partei normalerweise regelmäßig streitet, ging sogar so weit, Tzimeros als gefährlich einzustufen. In der Bevölkerung wird der Vorgang dagegen uneinheitlich aufgenommen, was sich auch in eindeutigen Kommentaren in sozialen Netzwerken widerspiegelt. Anhänger neoliberaler Ideologien begrüßen Tzimeros Tat als segensreich, die übrigen bezeichnen ihn als Faschisten.