Elektrosmog beeinflusst die Expression von Genen

Niederfrequente elektromagnetische Felder wirken sich auf Zellen aus

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Wissenschaftler der Michigan State University berichten, sie hätten nachweisen können, dass schwache elektromagnetische Felder oder Elektrosmog, wie er etwa von Stromleitungen ausgeht, sich auf Prozesse von biologischen Zellen auswirken. Die dadurch verursachten Störungen könnten auch dazu beitragen, Krebs mit zu verursachen, auch wenn sie ihn nicht direkt auslösen.

Auch wenn bereits andere Untersuchungen gezeigt haben, dass extrem niederfrequente elektromagnetische Felder (ELF-EMF) biologische Auswirkungen haben, so hätten sich diese ausgeschlossen oder gar widersprochen, sagt James Trosko, Professor für Pädiatrie und menschliche Entwicklung und Mitautor des Berichts, der in der Oktoberausgabe der Environment Health Perspectives erscheinen ist. "Bis jetzt hat das Gewicht der theoretischen und experimentellen Beweise nahegelegt, dass ELF-EMF nicht mit den Genen interagieren kann, um sie zu schädigen und dadurch Mutationen zu verursachen, von denen wir wissen, dass sie zu Krebs führen können."

Gesichert nachgewiesen wurden biologische Schädigungen von elektromagnetischen Feldern nur bei hohen Feldstärken, und zwar für deren thermische Effekte. Allerdings tritt erst ab einer Leistung von 10000 mikroW/qcm eine Erwärmung von 0,1 Grad Celsius ein. Längeranhaltende Erwärmungen des ganzen Körpers von mehr als 1 Grad Celsius können zu Stoffwechselstörungen und anderen Folgen führen. Für eine Erwärmung von 1 Grad Celsius ist eine spezifische Absorptionsrate (SAR) von 4 Watt/kg Körpergewicht über längere Zeit hinweg nötig, wobei die SAR auch von der Gewebeart abhängt. Der Grenzewert von 0,4 Watt/kg gilt für Menschen, die beispielsweise in Sendeanlagen arbeiten, normalerweise geht man von einem Grenzwert von 80 mikroW/kg aus.

Hochfrequente elektromagnetische Felder gehen von Radio-, Kommunikations- und Telekommunikationssender aus, deren Leistungsdichte aber, abgesehen von der direkten Umgebung von starken Sendern, normalerweise nicht sehr hoch ist. Umstritten ist beispielsweise, ob die hochfrequenten elektromagnetischen Felder, die von Handys ausgehen, durch thermische oder andere Effekte gesundheitsschädlich sind, was bei Menschen bislang nicht nachzuweisen ist. Niederfrequente elektromagnetische Felder mit 50 Hz und Flussdichten unter 1 mikroT entstehen durch Geräte oder Stromleitungen im Haus. Einen Zusammenhang von schwachen magnetischen Feldern und Krebs konnte bislang nicht nachgewiesen werden.

Die Auswirkungen von schwachen elektromagnetischen Feldern untersuchten Trosko und seine Kollegen allerdings nicht an Menschen, sondern wieder in vitro an Leukämiezellen von Mäusen, die zu Hämoglobin herstellenden Zellen heranwachsen können, wenn sie einer bestimmten chemischen Substanz ausgesetzt werden. Hämoglobin ist ein Blutbestandteil, der notwendig ist, um Sauerstoff zu binden. Elektromagnetische Felder mit 60 Hertz können, so das Ergebnis, auf diesen Wachstumsprozess einwirken. Setzt man die Zellen der Strahlung vier Tage lang aus, so ist bei 35 Prozent von ihnen das Wachstum blockiert.

Die ELF-EMF löst aber keinen Krebs aus, wie Trosko betont, sondern kann höchstens einen potentiellen Krebs fördern: "ELF_EMF scheint keine Mutationen bei Genen auszulösen, die eine normale Zelle in eine 'Startzelle' verwandeln können. Aber sie kann sie zu ungeeigneten Zeiten an- oder ausschalten, wodurch 'Startzellen' für Krebs gedeihen, während sie normalerweise passiv bleiben würden und nichts machen." Niederfrequente Strahlung also greift in die Genexpression ein, in diesem Fall in die Expression des Hämoglobin produzierenden Gens. Doch auch wenn es einen derartigen biologischen Effekt gibt, bestehe dadurch eben noch keine Verbindung zu ELF-EMF als Verursacher von Krebs. Der Prozess, durch den sich eine gesunde in eine Tumorzelle verwandelt, sei komplex und setze unterschiedliche biochemische Schritte voraus.

Ob die beobachteten Störungen nicht nur bei In-vitro-Zellen, sondern auch bei Ganzkörperversuchen auftreten und inwieweit sie auf menschliche Zellen zutreffen, lässt sich allerdings aus den Forschungsergebnissen nicht ersehen.