Endstation Miami

Auch Transit kann im Land der unbegrenzten Möglichkeiten manchmal unmöglich sein

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Für drei Wochen war die Reise nach Venezuela geplant gewesen, doch schon nach 8 Stunden war sie abrupt beendet. Gemeinsam mit dem Kollegen Jens Klinker wollte ich an einem Treffen verschiedener globalisierungskritischer Organisationen Lateinamerikas teilnehmen, das in den nächsten Tagen in Venezuelas Hauptstadt stattfindet. Doch der Trip nach Caracas endete schon am Flughafen von Miami.

Dabei sollten wir dort lediglich das Flugzeug wechseln. Eine Einreise in die USA war von uns nicht beabsichtigt gewesen. Doch vor dem Transitbereich hatten sich schon waffentragende Immigration Officer postiert, die die Pässe kontrollierten. Dabei fand ein Irak-Visum, das ich für eine Journalistendelegation benötigt hatte, die Aufmerksamkeit eines Beamten. "Sie waren ja in Bagdad", rief er laut durch die Halle. Für eine Entgegnung, dass ich eben anders als viele US-Bürger, die zur Zeit in Uniform im Irak sind, legal eingereist war und deshalb ein irakisches Visum im Pass habe, hatte ich keine Gelegenheit.

Wir wurden vorläufig festgenommen und stundenlang verhört. Zunächst konzentrierten sich die Fragen auf meinen Irakaufenthalt. "Haben Sie dort Saddam Hussein getroffen?" lautete eine durchaus ernstgemeinte Frage. Bald interessierten sich die Befrager für politische Aktivitäten der letzten 20 Jahren im Allgemeinen, die Linke und die Antikriegsbewegung im Besonderen. Von meinen Kollegen wollten sie wissen, ob er an antiamerikanischen Demonstrationen teilgenommen hatte. Unser durch Presseausweise beglaubigter Journalistenstatus wurde dabei ebenso souverän ignoriert wie unsere Forderung nach Hinzuziehung eines Rechtsanwalts. Ein Anruf beim deutschen Konsulat war erst nach fast 24 Stunden möglich.

In der Zwischenzeit hatten die Beamten schon eine CIA-Akte mit Fingerabdrücken und Fotos über uns angelegt. Nach dem Ende des Prozedere mussten wir die restlichen 16 Stunden in einer fensterlosen und rund um die Uhr hell erleuchteten Abschiebezelle mit ständig auf voller Lautstärke laufendem Fernsehgerät verbringen. Sieben Männer lateinamerikanischer Herkunft warteten dort ebenfalls auf ihre Abschiebung.

Am Dienstag um 16 Uhr wurden wir schließlich von bewaffneten Beamten direkt zum Flugzeug zurück nach London geleitet. Dabei hätten uns die US-Behörden viel schneller los werden können. Unser gebuchter Flug nach Caracas startete am Montag um 17.30 Uhr. Gegen meinen mitreisenden Kollegen, der nie im Irak war, wurde ein fünfjähriges Einreiseverbot in die USA verhängt. Mir wurde eine solche Bescheinigung wie auch das Vernehmungsprotokoll gar nicht erst ausgehändigt. Die juristischen Grundlagen der gegen uns vollzogenen Maßnahmen, teilte man uns nicht mit. "Wir bestimmen hier, und wir machen das einfach so", lautete die Standardantwort der Beamten.