Erfolgreiche Kommunisten: "Wohnen ist das brennende Thema"

Seite 2: "Alle Parteien beginnen, auf unsere politische Arbeit zu reagieren"

Trotzdem ist bei den steigenden Wohnkosten und dem Verkehrschaos zu wenig weitergegangen. Vielmehr hat man Investoren den roten Teppich ausgerollt. Abseits von Wahl-Arithmetik ist zu beobachten, dass alle anderen Parteien beginnen, auf unsere politische Arbeit zu reagieren, und sich wieder mehr um die Bürger:innen bemühen müssen.

Die kommunistische Partei Österreichs trat in den letzten Jahren unter sehr vielen verschiedenen Namen an. Wird sich jetzt die Bezeichnung KPÖ PLUS durchsetzen oder bleibt dies ein lokales Phänomen?

Sarah Pansy: Die KPÖ hat einen Generationenwechsel und einige wichtige Erfolge erlebt. Wichtiger als die Hülle ist aber das Tun.

Dies ist ja auch eine Frage im Hinblick auf die Wahlen 2024. Wird es gelingen den Alptraum der Sozialdemokratie wahrwerden zu lassen und ein linkes Bündnis bei der nächsten Nationalratswahl zu bilden, das Chancen auf den Einzug ins Parlament hat?

Sarah Pansy: Die KPÖ wird jedenfalls antreten. Ich denke, die SPÖ hat ganz andere Schwierigkeiten, darunter viele in ihrem Inneren. Darüber kann ich mich nicht freuen, weil die SPÖ so viele Menschen enttäuscht, dass wir bestenfalls einen Teil davon auffangen und ansprechen können.

Die Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) hat sich in Graz einen Namen gemacht, weil sie stets ein offenes Ohr für die Bevölkerung hat. Die Sprechstunden der KPÖ – die Kay-Michael Dankl ja auch in Salzburg anbietet – sind dann zuweilen fast eine sozialarbeiterische Tätigkeit. Sieht sich die KPÖ Plus für die Aufnahme der Sorgen und Nöte der Menschen des Landes Salzburg gewappnet?

Sarah Pansy: Ja, wir werden unsere Sprechstunden zum Thema Wohnen und Soziales auf das ganze Bundesland ausweiten. Die vielen Gespräche und Beratungen sind natürlich viel Arbeit, aber man bekommt wertvolle Einblicke in die Lebensgeschichten von Menschen - und in ihre Sorgen und Probleme, die politisch angegangen gehören. Daraus nehmen wir wichtige Anregungen und Ideen für unsere politische Arbeit.

Die KPÖ wird in der Steiermark und nun möglicherweise in Salzburg als Single-Issue-Partei des leistbaren Wohnens wahrgenommen. Wie wollen Sie dem begegnen?

Sarah Pansy: Wohnen ist das brennende Thema. Allein im Vorjahr sind viele Mieten durch die Inflationsanpassung um bis zu 17 Prozent teurer geworden. In Salzburg machen wir auch viel zum Thema öffentlicher Verkehr, Pflege, Kinderbetreuung, Zersiedelung und Klimawandel, sowie zu direkter Demokratie und mehr Bürgerbeteiligung.

"Landeshauptleute können Wohngelder für andere Zwecke umleiten"

Die 1,2 Milliarden, die die ÖVP in Salzburg aus der Wohnbauförderung "genommen haben" soll, laut KPÖ, waren genau betrachtet Darlehnsrückzahlungen, die nicht zweckgebunden sind. Argumentieren Sie da nicht etwas verfälschend?

Sarah Pansy: Der Fakten-Check der Salzburger Nachrichten hat uns hier im Kern recht gegeben. Die Wohnbauförderung, für die monatlich ein Prozent der Brutto-Löhne und Gehälter eingezahlt werden, ist leider nicht mehr gesetzlich zweckgewidmet. Das heißt, die Landeshauptleute können diese Wohngelder für andere Zwecke umleiten. In Salzburg hat Haslauer Jahr für Jahr seine Budgets aufpoliert.

Die ÖVP versucht mit einem Taschenspielertrick, die 1,2 Milliarden kleinzureden und zu sagen, es wären nur eine 0,5 Milliarden, die seit Haslauers Amtsantritt an Wohnbaufördermitteln umgeleitet. Selbst das wäre schlimm genug. Aber die rückfließenden Wohnbaudarlehen wurden ja aus früheren Wohnbaufördermitteln gespeist.

Der ÖVP-Einwand, die Landesregierung habe ab 2006 zusätzliche Kredite aufgenommen, um darüber hinaus noch mehr Wohnbaudarlehen vergeben zu können, verschweigt, dass das nur notwendig war, weil schon damals die Landesregierung dem Wohnbaufonds Mittel vorenthielt, die ihm gesetzlich zugestanden wären – etwa für Spekulationsgeschäfte durch die Finanzabteilung. Das kritisierte der Präsident der Arbeiterkammer Salzburg Gerhard Schmidt schon im Jahr 2013.

Der Fonds wurde also mit Krediten, nicht mit Eigenmitteln finanziert, obwohl der Fonds gar keine Schulden hätte machen müssen. Deshalb sind die rückfließenden Wohnbaudarlehen schon als Wohnbaugelder einzustufen und sollten wieder dem Wohnen zugutekommen.

Das Problem bei Landes- und Kommunalpolitik sind die limitierten gesetzgebenden Möglichkeiten und die gebundenen Budgets. In einem Bundesland wie Salzburg unterliegt vieles der Bundesgesetzgebung, die im Land nicht geändert werden kann und ansonsten ist "der Kuchen seit langem verteilt". Der (im Falle Salzburgs) Landeshauptmann wacht sorgsam über die Verteilung der Gelder an die jeweilige Klientel. Wenn nun die KPÖ etwas ändern will, muss sie auch sagen, wem sie auf die Füße zu treten gedenkt, nicht wahr?

"Es fließen Millionen für Prestigeprojekte"

Sarah Pansy: Es braucht eine gute Balance. Die ist in den letzten Jahren aber immer mehr verloren gegangen. Es fließen Millionen für Prestigeprojekte, während die Wohnkosten durch die Decke schießen und die Mittelschicht immer mehr unter Druck kommt. Die Stadt- und die Landesregierung könnten bei Schlüsselthemen wie den steigenden Wohnkosten viel tun, ohne auf den Bund warten zu müssen.

Das reicht von der Raumplanung über die Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus bis hin zur Verkehrspolitik. Der Bund ist so etwas wie die Lebens-Ausrede all jener PolitikerInnen, die nicht gewillt sind, ihre Möglichkeiten vor Ort zu nutzen. Das ist natürlich leichter, als sich mit den Mächtigen anzulegen – von Immobilienbesitzern bis zu Investoren und Großunternehmen – , aber man wird ja gewählt, um etwas zum Besseren zu verändern.

Kay-Michael Dankl und Sie waren früher Mitglieder der Jugendorganisation der Grünen. Bei zukünftigen gemeinsamen Kämpfen für eine gerechtere und ökologische Gesellschaft sehen Sie heute eher das Trennende oder Verbindende zur aktuellen grünen Politik in Bund und Land? Die Kapitalismuskritik der Grünen ist ja mittlerweile sehr subtil geworden, um es einmal vorsichtig zu formulieren.

Sarah Pansy: Als KPÖ Plus suchen wir immer den Dialog und das Verbindende, auch bei anderen Parteien. Die Grüne Partei hat sich sehr verändert, das stimmt. Viele Menschen sehen sie als arrivierte Partei wie die anderen, nicht mehr als neue Kraft, die das Establishment infrage stellt.

Aus meiner Sicht bleibt die Partei oft bei Symbol-Politik stehen, anstatt die Verhältnisse und das wirtschaftliche System in Frage zu stellen. Ohne das zu tun, werden wir auch die ökologischen Probleme, wie die Klimakrise und das Artensterben, nicht in den Griff bekommen. In unserer politischen Arbeit vor Ort in der Stadt Salzburg gibt es durchaus Schnittmengen. Der persönliche Umgang ist ein sehr wertschätzender.

Die österreichische Gesellschaft steht vor ungeheuren Aufgaben. Der nötige ökologische Wandel muss zugleich als ein sozialer gestaltet werden. Für was steht hier KPÖ Plus?

Sarah Pansy: Die soziale Frage steht im Kern eines ökologischen Wandels und der gesellschaftlichen Transformation, die notwendig ist, um das Klima und unsere Lebensgrundlagen zu schützen. Wird die soziale Frage weiter vernachlässigt, hat das Thema Klimaschutz das Potenzial, die Gesellschaft massiv zu spalten. Wir sehen bereits, dass rechte Parteien versuchen, daraus politisches Kleingeld zu schlagen.

Dabei ist es schwierig genug, einen wirksamen Klimaschutz umzusetzen, auch ohne Störfeuer. Wir treten dafür ein, den Klimaschutz in Verbindung mit einem leistbaren Leben und mehr Gerechtigkeit zu denken. Das heißt, die wachsende Schere zwischen Arm und Reich anzugehen.

Vor Ort wollen wir mehr für leistbares und schönes Wohnen in den Städten und größeren Gemeinden tun, um die Zersiedelung und die resultierende Verkehrslawine zu stoppen. Auch bei Maßnahmen wie thermischen Sanierungen, der Umstellung von fossiler Heizenergie auf Erneuerbare ist wichtig, dass die MieterInnen nicht auf den Kosten sitzen bleiben.

Vor allem das Bundesland Salzburg hat sich "verhüttelt". Der Traum vom eigenen Haus auf dem Land ist nur mit PKW zu bewältigen. Die Energiebilanz von Einfamilienhäusern ist schlecht. Wie kann den Menschen in Salzburg ein "kollektiveres", ökologischeres Leben in Mehrfamilienhäusern, die an den ÖPNV angeschlossen sind, wieder schmackhaft gemacht werden?

Sarah Pansy: Mehrparteienhäuser sind günstiger in der Errichtung, verbrauchen weniger Fläche, sind beim Heizen viel energieeffizienter und verursachen eine geringere Verkehrsbelastung. Entscheidend ist, dass diese Form des Wohnens in der Stadt Salzburg und in Orten wie Hallein, Bischofshofen oder Saalfelden leistbar und schön möglich ist.

"Schlüssel ist der gemeinnützige, genossenschaftliche Wohnbau"

Derzeit müssen viele Menschen aus den Städten wegziehen, weil sie sich das Wohnen dort schlicht nicht leisten können. Begleitend braucht es eine vernünftige Raumplanung, bei der die Landesebene mehr Verantwortung übernimmt und bei der Zersiedelung die Notbremse zieht. Der Schlüssel ist der gemeinnützige, genossenschaftliche Wohnbau, zusammen mit mehr Beteiligung der BewohnerInnen bei der Gestaltung lebenswerter Quartiere und Nachbarschaften.

Sie stehen jetzt vor der großen Herausforderung in recht kurzer Zeit Strukturen aufzubauen zu müssen über die die KPÖ PLUS in Salzburg bisher nicht verfügt hat. Wie geht es Ihnen mit dieser Aufgabe?

Sarah Pansy: Es ist eine Phase der Umstellung, was herausfordernd, aber auch sehr spannend ist. Solche Chancen ergeben sich nicht oft im Leben. Wir freuen uns auch über das große Vertrauen und den Zuspruch, den wir bei der Wahl erfahren haben. Ob wir wirklich etwas zu feiern haben, sehen wir dann in fünf Jahren, wenn wir Bilanz ziehen, was wir in Salzburg erreicht haben. Schön ist, dass sich seit der Wahl viele Interessierte melden, die sich ehrenamtlich einbringen und mitarbeiten wollen. Weil je mehr wir sind, desto mehr können wir erreichen.

Vielen Dank für das Gespräch.