Erfolgreicher Test für US-Raketenabwehrsystem

Nachdem bereits der 600-Millionen-Vertrag für den schnellen Bau der ersten einsatzfähigen THAAD-Systeme zur Abwehr von Kurz- und Langstreckenraketen vergeben wurde, kam jetzt der zweite erfolgreiche Test sehr gelegen

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Das US-Raketenabwehrsystem besteht aus unterschiedlichen Systemen zum Schutz vor Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen. Vermutlich auch wegen des sich anheizenden Konflikts mit Iran wurde am Samstag das THAAD-System (Terminal High Altidude Area Defense) getestet, das mit 200 km Reichweite und einer Flughöhe bis 150 km einen größeren Schutz als das Patriot-System (20 km Reichweite) oder das israelische Arrow-System (90 km Reichweite) besitzt und zur Abwehr von Kurz- und Langstreckenraketen von einer mobilen Abschussrampe dient. Ende Dezember erst hat das Pentagon dem Rüstungskonzern den mit 619 Millionen US-Dollar dotierten Auftrag erteilt, die ersten, bis 2009 einsatzfähigen THAAD-Systeme (zwei Kontroll- und Kommunikationseinheiten und 6 Abschussrampen mit 48 Raketen) zu produzieren.

Erfolgreicher THAAD-Test am 12. Juli 2006. Bild: MDA

Nach Auskunft der Missile Defense Agency (MDA) verlief der Test am Samstag erfolgreich. Über dem Pazifik wurde ein Zielobjekt, das eine SCUD-Rakete repräsentieren sollte, von der kurz danach abgefeuerten THAAD-Abfangrakete mit dem Suchsystem identifiziert, getroffen und zerstört. Einzelheiten des Tests sind nicht bekannt, abgesehen davon, dass es sich um einen einfachen Abschuss einer Raketenattrappe handelte. Raketen mit mehreren Sprengköpfen und täuschenden Attrappen würden allerdings andere Herausforderungen stellen.

Die MDA erklärt THAAD sei das erste endo- und exo-atmosphärische Raketenabwehrsystem, das Kurz-, Mittel- und kleinere Langstreckenraketen zerstören kann. Das System zerstört die angreifenden ballistischen Raketen während der Endphase des Flugs kurz vor dem Aufprall auf die Erde. Man verspricht, dass THAAD-System mit diesem zweiten erfolgreichen Test von insgesamt drei seit September 2006 mit der Fertigstellung die USA, ihre im Ausland stationierten Truppen sowie Freunde und Alliierte "vor ballistischen Raketen aller Größe in allen Flugphasen" schützen könne. Den dazugehörigen Radar baut der Rüstungskonzern Raytheon.

Eigentlich war ein einsatzfähiges THAAD-System bereits für 1999 vorgesehen. Viele Pannen und technische Probleme verzögerten jedoch die Entwicklung. Im Jahr 2000 erhielt Lockheed Martin bereits einen Vertrag in Höhe von fast vier Milliarden. Weitere Schwierigkeiten verzögerten die Entwicklungen. Mit neuen Tests wurde Ende 2005 begonnen.

Das Pentagon drängt, begründet vor allem durch die Auseinandersetzung mit Iran, darauf, das Raketenabwehrsystem auszubauen. So wird der Bau eines Frühwarnradars für das bodenbasierte System, das ballistische Langstreckenraketen durch eine Abfangrakete kinetisch zerstören soll, in Tschechien geplant, was die dortige Regierung begrüßt, während in Polen Abfangraketen stationiert werden sollen (Tschechische Regierung will unter das US-Raketenabwehrsystem). Das Vorhaben stößt nicht nur bei den Russen auf Kritik, sondern auch bei der lokalen Bevölkerung.

General Wladimir Popowkin, Chef der russischen Weltraumstreitkräfte, bezeichnete die geplanten Stationen in Polen und Tschechien als eine "klare Bedrohung" für Russland. Ein Sprecher des Außenministeriums fügte hinzu, es sei ein falscher Schritt mit negativen Folgen für die internationale Sicherheit. Man könne den Ausbau des Raketenabwehrsystems in Europa nur "als eine entscheidende Neuaufstellung der amerikanischen Militärpräsenz in Europa" verstehen. Die Bush-Regierung betont allerdings, dass Raketenabwehrsystem mit 10 Abfangraketen nur eine begrenzte Kapazität habe und gegen "Schurkenstaaten" wie Nordkorea oder Iran gerichtet sei, die nur mit einer kleinen Zahl von Interkontinentalraketen angreifen könnten. Allerdings ist kaum anzunehmen, dass diese Staaten mit ihren Atomraketen einen Krieg beginnen würden, sie dienen wohl in erster Linie als Folge des Irak-Kriegs der Abschreckung vor Angriffen. Offensichtlich funktioniert dies auch, wie der Fall Nordkorea demonstriert, so dass nicht nur vielleicht der Iran, sondern auch andere Länder dem Beispiel folgen könnten.

Politisch dürften allerdings Polen und Tschechien sich mit der Integration in das Raketenabwehrsystem auch eher des Schutzes der USA gegen Russland versichern wollen. Die Angst vor einer Bedrohung durch Nordkorea oder Iran wird eher gering sein. Manche Kritiker in Polen und Tschechien sehen dies genauso und gehen davon aus, dass sie im Falle eines Konflikts dadurch nur gefährdeter seien.

Überdies gibt es auch Misstrauen gegenüber den USA, wie die Washington Post berichtet, da der Irak-Krieg auch hier die Begeisterung abgekühlt hat und die geplanten Militärstützpunkte an sowjetische Zeiten erinnern. Lubomir Zaorelak von den tschechischen Sozialdemokraten sieht das Hauptproblem darin, dass das Raketenabwehrsystem kein NATO-Projekt ist, sondern über bilaterale Abkommen eingeführt werden soll, was die Verteidigungsgemeinschaft schwächen könne. Offiziell hat die NATO allerdings nichts gegen die Installation des amerikanischen Raketenabwehrsystems in Europa und denkt darüber nach, ein eigenes Abwehrsystem mit dem der USA zu verbinden.

Der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel macht sich für die Installation des Raketenabwehrsystems stark und wendet sich auch dagegen, die Genehmigung mit einem Nachgeben der USA in der Visa-Frage zu verbinden. Bislang müssen Tschechen und Polen für die Einreise in die USA Visa beantragen, möglicherweise auch auf dem Hintergrund der Gespräche über das Raketenabwehrsystem will hier die US-Regierung für besonders befreundete Staaten die Bedingungen verändern. Havel wendet sich auch dagegen, eine Volksentscheidung durchzuführen und sieht im Hinblick auf den amerikanischen Militärstützpunkt für das Raketenabwehrsystem eine grundsätzliche Frage für Tschechien:

Enweder werden wir eine moderne offene Gesellschaft sein, die sich mitverantwortlich für die Welt fühlt und einen kreativen Beitrag für das gemeinsame Werk der internationalen Gemeinschaft leisten will, wozu auch die gemeinsame Verteidigung gegenmögliche Aggressoren oder Terroristen gehört, oder wir wollen in einer geistig beschränkten Haltung unser Land von der Welt abschließen, etwas über unsere tolle Identität murmeln, das Lösen der Probleme der Welt anderen überlassen und uns ziemlich abgefeimt auf andere verlassen, um unser Land zu verteidigen, während wir, eine kleine Nation, lieber erst einmal abwarten, um das Ergebnis zu sehen.

Allerdings hat die tschechische Regierung keine Regierungsmehrheit. Daher ist unsicher, ob das Thema vor einer neuen Wahl überhaupt entschieden werden kann. Wenn der Militärstützpunkt tatsächlich von Boeing errichtet werden soll, wie es jetzt heißt, dann dürfte über den Bau auch nicht viel Geld in die tschechische Wirtschaft fließen.