Erster Mai: Russische Gewerkschaften gegen Oligarchen und Kriegszündler

Wird dieser rote Hammer dem Kreml Angst einjagen? Bild: Ulrich Heyden

Nach Gewerkschaftsangaben kamen etwa 2,5 Millionen Teilnehmer. In der Ukraine wurden bei Mai-Demonstrationen nur wenige Hundert gezählt

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Der Rote Platz war am 1. Mai voller Luftballons in den Farben der russischen Trikolore. Es gab fröhliche Marschmusik und anfeuernde Durchsagen zu den wirtschaftlichen Erfolgen der Gewerkschaften und der Stadt Moskau. Aufgerufen zu der fröhlichen Parade hatte der Dachverband "Föderation Unabhängiger Gewerkschaften Russlands" (FNPR). Die Stimmung war auch deshalb gut, weil es in Moskau das erste Mal in diesem Jahr richtiges Sommerwetter gab.

Die Parade, welche von hunderten Zuschauern von Tribünen aus verfolgt wurde, stand unter dem Motto "Würdige Arbeit, würdiger Lohn, würdiges Leben". Mit 100.000 Teilnehmern war es die größte Erste-Mai-Demonstration in Russland. Beobachter meinten, ganze Betriebsbelegschaften seien auf den Platz beordert worden.

"Ungerechte Steuern durch russische Regierung"

An der Spitze des Demonstrationszuges ging der FNPR-Vorsitzende Michail Schmakow, begleitet von dem Moskauer Bürgermeister Sergej Sobjanin. In seiner Rede erklärte der Gewerkschaftschef, die internationale Solidarität der Arbeitenden sei wichtig "im Kampf gegen Ungerechtigkeiten", die "durch die Globalisierung hervorgerufen" würden. Durch die Globalisierung gäbe es zwar "viele schöne Klamotten", sie führe aber auch "zu Lohnkürzungen, Armut und Abbau der Rechte der Arbeitenden".

Die Arbeitenden in Russland ständen aber auch unter dem Druck des russischen Finanz- und des Wirtschaftsministers. Diese versuchten, neue Steuern, "eine ungerechte Kfz-Versicherung" und "ungerechte Abgaben" für die Wohnungsbewirtschaftung durchzusetzen. Dies passiere vor dem Hintergrund, dass Löhne nicht erhöht, sondern "sogar gesenkt werden". Das alles "werden wir nicht zulassen", erklärte der Gewerkschafts-Chef.

Jeder zweite Streik gegen ausbleibende Lohnzahlungen

Zu der hohen Zahl von Streiks im letzten Jahr sagte Schmakow nichts. Nach der offiziellen Statistik fanden in Russland im letzten Jahr nur drei Streiks statt. Doch nach einem vom Internet-Portal Gazeta.ru veröffentlichten Monitoring lag die Zahl der Arbeitsniederlegungen im vergangenen Jahr bei 158. Jeder zweite Streik richtete sich gegen das Ausbleiben von Lohnzahlungen. Und wiederum bei jedem zweiten Streik handelte es sich um eine spontane, von den Gewerkschaften nicht organisierte, Arbeitsniederlegung.

Nach Angaben von FNPR-Chef Schmakow demonstrierten in ganz Russland am 1. Mai über 2,5 Millionen Menschen. Auch im fernöstlichen Wladiwostok gingen 40.000 Menschen auf die Straße.