Es brennt

Waldbrand in Kalifornien (September 2020). Bild: Eddiem360 / CC-BY-SA-4.0

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Waldbränden, Kipppunkten und Blockaden

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In Kalifornien sind in diesem Jahr bereits 1,6 Millionen Hektar verbrannt, was etwas mehr als der Fläche Schleswig-Holsteins entspricht. Nach Angaben der Forst- und Feuerschutzbehörde CalFire sind 16.500 Feuerwehrleute im Einsatz, um 23 noch nicht kontrollierte Brände im Bundesstaat einzudämmen. Die Brände haben bislang 31 Menschenleben gefordert. Auch wenn sich die Temperaturen diese Woche abkühlen sollen, ist die Brandsaison in Kalifornien damit aber noch nicht vorbei. Das Jahr 2020 übertrifft damit schon jetzt die im Vorjahr verbrannte Fläche von 105.000 Hektar um ein Vielfaches. 2018 waren nach Angaben von CalFire 675.000 Hektar, die in Flammen aufgingen.

Auch in Brasilien sind in diesem Jahr bereits größere Waldflächen abgebrannt als im Vorjahr, als das Ausmaß der Brände wie auch das zögerliche Einschreiten der Regierung noch weltweit für Empörung sorgten. Bis Ende September 2020 gab es 13 Prozent mehr Brände als im Vorjahreszeitraum. Und während im September 2019 die Zahl der Feuer bereits zurückgegangen war, scheint in diesem Jahr der Höhepunkt noch nicht überschritten. Nährboden finden die Feuer nach einer noch stärkeren Trockenheit als 2019, die dazu führt, dass zunehmend auch Primärwälder in Flammen aufgehen.

Besonders schwer betroffen ist das Feuchtgebiet Pantanal, das größtenteils in Brasilien liegt, aber auch über die Grenzen bis nach Bolivien und Paraguay reicht. Es ist eines der größten Binnenfeuchtgebiete der Erde und Lebensraum vieler geschützter Tierarten, Teile stehen unter Naturschutz und der brasilianische Teil wurde zum Biosphärenreservat erklärt.

Nach einer Studie der Universität von Rio de Janeiro soll bereits fast ein Viertel der Fläche von Bränden vernichtet worden sein, wobei die Hauptursache illegale Brandstiftung sein dürfte. Die herrschende Dürre trägt dazu bei, dass sich die Feuer schnell ausbreiten. Fast vollständig zerstört ist das Schutzgebiet Encontro das Aguas, zu dem auch indigene Territorien gehören und das ein wichtiger Lebensraum für Jaguare ist.

Regenwald am Kipppunkt

Dass das Risiko für verheerende Wald- und Buschbrände mit dem Klimawandel zunimmt, ist wenig überraschend, muss aber immer wieder wissenschaftlich unter Beweis gestellt werden, damit sich nicht anderweitig auf außergewöhnliche Naturkatastrophen oder schlechtes Forstmanagement berufen wird.

Dass extreme Hitze der treibende Faktor der historischen Buschbrände in Australien im dortigen Sommer 2019/20 war, konnte die World Weather Attribution Initiative zeigen - dort hätte sich das Feuerrisiko seit 1900 durch die klimatischen Bedingungen um 30 Prozent erhöht. Auch die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) sieht Beweise, dass der Klimawandel die Häufigkeit und den Schweregrad von Waldbrandwetterlagen auf der ganzen Welt verstärkt. Allein auf Landmanagement könnten die Brände nicht zurückgeführt werden.

Der Westen der USA gehört dabei zu den Regionen, in denen in den letzten 40 Jahren immer häufiger Wetterlagen auftreten, die die Brände begünstigen, so die WMO. Auch die Bekämpfung der Feuer würde durch den Klimawandel schwieriger. Zwar hat die Landnutzung im Westen der USA und in Südostaustralien ihren Anteil an brandbegünstigenden Bedingungen, kann aber allein das Ausmaß der jüngsten Brände nicht bewirkt haben.

In Brasilien sind es, wie oben dargestellt, hingegen nicht allein die klimatischen, sondern auch die politischen Bedingungen, die zu einem immer größeren Ausmaß von Bränden führen. Die daraus resultierende, veränderte Landnutzung trägt wiederum zur Veränderung des Klimas teil. Während gerade Primärwälder als Wasserspeicher wie auch als CO2-Senke fungieren, können ausgedehnte Sojaplantagen oder Weideflächen solche Effekte nicht für sich verbuchen.

Wissenschaftler befürchten seit einiger Zeit, dass der Amazonaswald bald an einen Kipppunkt gelangen könnte, an dem sein Wasserkreislauf zum Erliegen kommt. Bislang speisen sich die Niederschläge über dem Waldgebiet zum großen Teil aus der Verdunstung des Waldes selbst. Bricht dieser Kreislauf zusammen, würde sich das Gebiet wahrscheinlich in eine Savanne verwandeln.

Nach einer soeben veröffentlichten Studie des Stockholm Resilience Centre befinden sich etwa 40 Prozent des Amazonasregenwalds bei der aktuellen Niederschlagsmenge bereits an einem solchen Kipppunkt. Mit weiter steigenden CO2-Emissionen und folgender Klimaerwärmung werden auch weitere Gebiete des Regenwalds austrocknen und ihre Widerstandsfähigkeit verlieren, so die Wissenschaftler. Auch würde der Regenwald, einmal verschwunden, nicht erneut auf der gesamten heutigen Fläche nachwachsen.

Noch schlechter sieht die Prognose allerdings für den Regenwald im Kongo-Becken aus. Dort bestünde schon heute für die gesamte Waldfläche die Gefahr, sich in Savanne umzuwandeln und der Wald würde dort nicht erneut nachwachsen.

Räumung und Rodung im Dannenröder Wald

Gegen die gewaltigen Waldflächen, die in Nord- und Südamerika in Flammen aufgehen, wirken die 85 Hektar, die in Hessen einem neuen Autobahnabschnitt weichen sollen, vielleicht bescheiden. Andererseits erscheint vor dem Hintergrund eines dürrebedingten Waldsterbens in Deutschland jeder ohne Not vernichtete, gesunde Hektar Wald als einer zu viel.

So sehen es zumindest über 5000 Demonstrierende, die am Sonntag am Dannenröder Wald für dessen Erhalt und gegen den Bau der A49 durch das alte Waldgebiet protestierten. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wie auch die schwarz-grüne hessische Landesregierung wurden aufgefordert, die Baumfällungen sofort zu stoppen und auf den Weiterbau der A49 zu verzichten. Das Aktionsbündnis "Keine A 49" fordert, stattdessen Gelder in den Ausbau des ÖPNV zu investieren. Umweltverbände versuchen schon seit langem, die bis in die 70er Jahre zurückreichende Autobahnplanung zu verhindern, seit einem Jahr gibt es eine Besetzung im Dannenröder Wald. Wie berichtet begann die Rodung am 1. Oktober. Die Arbeiten wurden angesichts der Demonstration am Wochenende unterbrochen. Seit Montagmorgen ist erneut ein Großaufgebot an Polizei, Räumfahrzeugen, Planierraupen und Harvestern im Einsatz, während Waldschützer mit einer Mahnwache und Blockaden versuchen, die zur Zeit im Teilstück Maulbacher Wald stattfindenden Rodungsarbeiten zu verhindern.

Während die hessischen Grünen angesichts ihres Nicht-Einschreitens arg an Glaubwürdigkeit verlieren, versucht die Parteispitze der Bundesgrünen noch den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und fordert die Bundesregierung auf, das Projekt zu stoppen sowie ein Moratorium beim Bau neuer Autobahnen und Bundesstraßen.

Lobbyaktivitäten im Vorfeld der COP 26

Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde die nächste Weltklimakonferenz (COP 26) ja auf den November 2021 verschoben. Trotzdem finden hinter verschlossenen Türen diesbezüglich Verhandlungen statt. So berichtet das Portal Climate Home News über eine möglich Verlängerung des Clean Development Mechanism (CDM) unter politisch fragwürdigen Bedingungen.

Der CDM - auf deutsch: Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung - ist Bestandteil des Kyoto-Protokolls, das zum Ende des Jahres 2020 ausläuft. Der CDM erlaubt Industrieländern, sich Investitionen in Klimaschutzprojekte in sogenannten Entwicklungsländern als Emissionsreduktion im eigenen Land gutzuschreiben. Allerdings steht der CDM schon seit längerem in der Kritik. So könne bei einer Vielzahl der unter dem CDM finanzierten Projekte nicht von einer zusätzlichen Emissionsreduktion ausgegangen werden. Außerdem werden manche der Projekte auch mit Menschenrechtsverletzungen in Zusammenhang gebracht.

Da sich die Regierungen bei der Klimakonferenz 2019 nicht auf neue Regeln für einen globalen Emissionshandel einigen konnten, entsteht nun mit dem Ablauf des Kyoto-Protokolls eine regulatorische Lücke. Industrievertreter wollen auch über das Ende des Jahres hinaus Projekte unter dem Mechanismus registrieren lassen. Nun könnte der Vorstand des CDM eine Verlängerung beschließen, obwohl er dazu eigentlich kein politisches Mandat hat. Wie Climate Home News berichtet, könnte dies noch in einer Sitzung am 5. Oktober geschehen oder Anfang Dezember erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden.

Der Guardian berichtet außerdem über Lobbyaktivitäten der fossilen Industrien im Vorfeld der 26. Klimakonferenz (COP26). So habe es Treffen von BP, Shell and Equinor mit britischen Regierungsvertretern gegeben, um unter anderem über ein mögliches Sponsoring der COP26 zu reden.

Was fehlt?

82 Megawatt. Obwohl bei der letzten Gebotsrunde der Bundesnetzagentur für Windkraftanlagen ein Volumen von 367 MW ausgeschrieben war, wurden nur Zuschläge für Projekte mit insgesamt 285 MW erteilt. Der Bundesverband Windenergie fordert daher, die nicht bezuschlagten und nicht gebauten Mengen erneut auszuschreiben, damit sich die Ökostromlücke nicht weiter vergrößert. (