FN: Suspendierung und Redeverbot für den Patriarchen Le Pen

Die Partei will das Etikett "rechtsextrem" loswerden

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Der Patriarch muss abtreten. Jean-Marie Le Pens Mitgliedschaft beim Front National wurde suspendiert. Er dürfe nicht mehr im Namen der Partei sprechen, so die Anweisung seiner Tochter. Der Mann, der die Partei mitbegründete und von 1972 bis 2011 ihr Präsident war, Kopf und Gesicht für die Öffentlichkeit, der Hauptdarsteller der Rechten Frankreichs, gestaltet seinen Abtritt sehr theatralisch.

Bei der 1. Mai Kundgebung eilte er im auffälligen roten Mantelkostüm zur Bühne, um seiner Tochter zuvor zu kommen, die gerade zu ihrer Rede ansetzte. Mit ausgestreckten Armen heischte er nach dem Applaus der Menge.

Aus dem Jahr 2006; Bild: Shimin Heiwa; gemeinfrei

Seitdem die Suspendierung seiner Mitgliedschaft bekannt wurde, reizt er das pathetische Register weiter aus, Kameras und Mikros werden ihm entgegengehalten, er erfüllt die Erwartungen, spricht von Betrug und Verrat. "Ich schäme mich, dass die Präsidentin des Front National meinen Namen trägt und ich hoffe, dass sie ihn sobald wie möglich verliert" oder "Ich sehe mich nicht in einer Beziehung mit jemandem, der mich derart skandalös verrät"....Um das Familiendrama dann in eine politische Nadelspitze zu drücken, ruft er zum Widerstand gegen die Betrüger auf:

Im Augenblick bin ich gegen einen Sieg meiner Tochter Marine bei der Präsidentschaftswahl 2017.

Wie sehr der Vintage-Auftritt ("Sie sollte heiraten") des zornigen Patriarchen der Partei schadet oder vielmehr nützt, darüber wird die Führung bald erste zählbare Auskünfte erhalten. Das Exekutivbüro des FN beschloss die Suspendierung mit einer Generalversammlung zu koppeln, bei der Parteistatuten, besonders das des "Ehrenpräsidenten", von Grund auf erneuert würden. Dies wird mit einer Abstimmung verbunden.

An derem Ergebnis wird sich genau ablesen lassen, wer noch zum alten Kern des FN steht. Le Pen, der Ältere, hatte zuletzt in seinen Äußerungen, die er in einem Interview einer bekannten rechtsradikalen Zeitschrift breit darlegte, unmisssverständlich klargemacht, dass sein politischer Kern rechtsextreme Anschauungen sind. Mit dem Auschluss des Parteigründers und der Marginalisierung seiner Anhänger kann der FN das Etikett "rechtsextrem" abstreifen und damit weitere Wähler gewinnen. Die Abstimmung wird zeigen, wieviel Risiko die Partei damit eingeht.

Offensichtlich ist der Führungskader um Marianne Le Pen davon überzeugt, dass es auf die alte Anhängerschaft nicht ankommt, der Konfrontationskurs war beabsichtigt. Eine Umfrage vom vergangenen Wochenende mag das strategische Kalkül bestätigen. Darin gaben 32 Prozent der Befragten an, dass sie sich wünschen, Marine Le Pen übe im politischen Leben Frankreichs mher Einfluss aus, einen solchen Wert habe sie bilsang noch nie erreicht, heißt es. Jean Marie Le Pen verlor dagegen, allerdings nur um 2 Prozent.

Daran könnte man auch ablesen, dass ernstzunehmende Flügelkämpfe nicht ausgeschlossen sind. Die Kluft zwischen "Jung und Alt" wäre eine zu einfache Schablone. Im FN findet traditionell ein reaktionär ausgelegter Katholizismus so etwas wie eine "politische Heimat". Dieser Flügel hat durchaus Nachwuchs, wie die Teilnehmer der großen Demonstrationen gegen die Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe und die Reform der Adoptionsrechte vor Augen geführt haben.

Die stark konservativen Katholiken sind vom Kurs Marine Le Pens, die mehr und mehr laizistische, republikanische Werte herausstellt, nicht unbedingt überzeugt. Was der FN-Chefin, darin ihrem Vater nicht unähnlich, gegenwärtig gefallen wird, ist, dass das Medieninteresse an der Partei wieder einmal sehr groß ist. Man darf gespannt sein, ob sie ihre alten Pläne wieder aufgreift, den Namen der Partei zu ändern, wo er doch gerade wieder überall zu sehen ist.