Faktische Koalition aus demokratischen und republikanischen Neocons?

Das Kapitol, der Sitz des Kongresses. Foto: United States Government

Wird Hillary Clinton Präsidentin, dürfte sie eher ihre außen- als ihre steuerpolitischen Pläne verwirklichen können

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Morgen wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Letzte Umfragen geben der etablierten Demokratin Hillary Clinton dabei bessere Chancen als dem republikanischen Quereinsteiger Donald Trump. Ob danach alle Amerikaner, die für sie stimmten, mit ihrer Politik zufrieden sein werden, ist eine andere Frage.

Am 8. November stehen nämlich nicht nur Trump und Clinton zur Wahl, sondern auch alle Abgeordneten im Repräsentantenhaus und ein gutes Drittel der Senatoren. Ob die Demokraten dabei Mehrheiten erringen, ist eher fraglich. Und ein republikanisch dominierter Kongress dürfte ihren Versprechungen, Steuern zu erhöhen und damit ein 1,4 Billionen Dollar schweres Investitionsprogramm zu finanzieren, kaum zustimmen. Mehrere republikanische Kongressmitglieder haben bereits öffentlich erklärt, dass sie so etwas niemals akzeptieren würden.

Auch für die Nachfolge von Antonin Scalia und möglicher weiterer Supreme-Court-Richter, die während der nächsten zwei Jahre sterben, wird Clinton nicht ihre Wunschkandidaten benennen können, sondern Kompromisse suchen. Kompromisse, die beispielsweise in der Abtreibungsfrage nicht unbedingt mit ihren Wahlversprechen konform gehen müssen. Sogar ihrem Kabinett muss der Senat mehrheitlich zustimmen - auch wenn es hier traditionell weniger Widerstand gibt. Mediengerüchten zufolge könnte die stellvertretende Facebook-Chefin Sheryl Sandberg Clintons Finanzministerin und Michèle Flournoy (deren Think Tank Luftschläge gegen die syrische Armee fordert) Verteidigungsministerin werden.

Informelles Bündnis für Flugverbotszone

Anders sieht es hinsichtlich ihrer außenpolitischen Ankündigungen aus, die sich kaum von denen republikanischer Neocons unterscheiden, weshalb es in dieser Frage wahrscheinlich zu einem informellen Bündnis zwischen demokratischen und republikanischen "Falken" kommen wird, welches Vorhaben wie die Einrichtung einer Flugverbotszone in Syrien im Kongress absegnet.

Republikaner die dem Tea-Party-Flügel angehören könnten trotz dieser informellen Koalition ein Amtsenthebungsverfahren nach Artikel II der US-Verfassung anstrengen. Ron Johnson, der den Bundesstaat Wisconsin im US-Senat vertritt, hat bereits durchblicken lassen, dass er das für richtig hält. Angriffspunkte für so ein Verfahren, das wegen "Verrat, Bestechlichkeit und anderen Verbrechen oder Missetaten" möglich ist, dürfte die Vergangenheit der Kandidatin (deren Mimik bemerkenswert an die von Richard Nixon erinnert) auch dann noch liefern, wenn das FBI - wie gestern angekündigt - wegen der auf Anthony Weiners Rechner gefundenen Dokumente nicht ermittelt.

Dass sie die für eine Amtsenthebung nötige Zweidrittelmehrheit zustande bekommen ist zwar unwahrscheinlich (weil Politiker beider Parteien heute unempfindlicher sind als 1974) - aber die Anhörungen dazu sorgen für Medienaufmerksamkeit, die Clinton und den Demokraten eher schaden als nützen dürfte.

Auch Trump wäre auf Kongressmehrheiten angewiesen

Auch Donald Trump wäre auf Kongressmehrheiten angewiesen, wenn er gewählt würde: Seine Ankündigung, den "Sumpf in Washington" trocken zu legen und die Amtszeiten der Abgeordneten und Senatoren auf jeweils nur eine Legislaturperiode zu begrenzen, hat deshalb nur geringe Chancen auf Verwirklichung (vgl. Freihandelsabkommen neu verhandeln, Medienkonzerne zerschlagen und Straftäter abschieben).

Deutlich bessere Chancen hätte sein Versprechen das Obamacare-Krankenversicherungssystem abzuschaffen, dessen Beiträge gerade explodieren. Ob der Kongress aber auch seinem bislang nur sehr unscharf geschilderten Ersatz dafür zustimmen würde, ist eine andere Frage.

Trumps Plan, die Konzentration auf dem Medienmarkt zu verringern, würde wahrscheinlich dazu führen, dass man dort Lobbyisten engagiert, die Abgeordnete und Senatoren bearbeiten. Diese Lobbyisten dürften auch von Firmen beauftragt werden, die von bestehenden Freihandelsregelungen profitieren, indem sie beispielsweise Waren, die in den USA verkauft werden, zu niedrigen Löhnen in Mexiko produzieren.

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