Fast schon so viele Über-75-Jährige wie Kinder unter 14 Jahren

Wissenschaftler wollen mit einer "Bevölkerungsuhr" auf die unaufhaltsam sinkende Geburtsrate in Japan aufmerksam machen

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Japan gehört weltweit zu den Ländern, die am schnellsten vergreisen. Ein Grund dafür ist neben der sinkenden Fertilität und der steigenden Lebenserwartung auch die Abwehr von Immigration. Zwar ist schon lange klar, dass mit dem Älterwerden der Bevölkerung für einfache Arbeiten oder die Versorgung der Alten zu wenig Personal vorhanden sein wird (Roboter im Haushalt und für die Alten und Kranken, Die barmherzigen Roboter, Helfer in der Not). Doch bevor man die Inseln für Einwanderung öffnet, will man lieber unter sich bleiben und als Ersatz Roboter einsetzen. Bis 2050 soll die Bevölkerung von jetzt 127 Millionen, darunter etwas mehr als 2 Millionen mit Migrationshintergrund, auf 95 Millionen schrumpfen, davon sind fast 40 Prozent über 65 Jahre alt.

Jetzt schon haben die Kinder unter 15 Jahren nur noch einen Anteil von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung, während die Über-65-Jährigen mit 23,7 Prozent schon mehr als ein Fünftel ausmachen. Und viel fehlt nicht mehr, dass es genauso viele Kinder wie Menschen gibt, die über 75 Jahre alt sind. Die haben bereits einen Anteil von 11,8 Prozent.

Wenn man die gegenwärtige Situation fortschreibt, dann würde es nach Schätzungen von Wissenschaftlern der Tohoku University Graduate School unter dem Ökonomen Hiroshi Yoshida in 999 Jahren keine Kinder mehr unter 15 Jahren geben. Die Wissenschaftler haben in Analogie zur Schuldenuhr eine Bevölkerungsuhr fabriziert, um die Zahl der Kinder aufgrund des Rückgangs zwischen 2011 und 20122 abschätzen zu können, was aufgrund des Tsunamis vermutlich nicht gerade typisch sein dürfte.

Alle hundert Sekunden geht danach die Zahl der Kinder unter 15 Jahren um eines zurück. Das sind natürlich höchst abstrakte Rechnungen, die nur kurzfristige Trends hochrechnen können. Jährlich soll die Uhr mit den neuesten Daten upgedatet werden. Yoshida will die Japaner mit den Zahlen auf das Problem der fallenden Geburtenrate aufmerksam machen. Tatsächlich wird, um bildlich zu sprechen, der Kopf immer dicker, während die Beine schrumpfen. Ein Sturz ist daher absehbar, also eine Zusammensetzung der Bevölkerung, die gesellschaftlich explosiv oder zerstörerisch wirkt.

Wenn etwa die Zahl der Kinder unter 15 Jahren von 16,9 Millionen im Jahr 2011 auf 16,6 Millionen im Jahr 2012 gesunken ist, so lässt sich dieser Rückgang kaum auf 20 oder 30 Jahre fortschreiben. Vielleicht öffnen die Japaner zwangsweise die Tore für eine verstärkte Immigration, vielleicht gibt es Katastrophen, Kriege oder eine Auswanderungswelle, die noch alles schlimmer machen? Oder vielleicht wächst die Lust wieder, Kinder zu kriegen oder überhaupt die an Sex (Abschied vom Sex, Beginn der Rationalität?)?

Japan plagt aber auch eine hohe Selbstmordrate, die Ende der 1990er Jahre in die Höhe gegangen ist. 2009 haben sich 30.707 Personen oder 24,4 Menschen pro 100.000 selbst getötet. Männer sind besonders suizidgefährdet, hier waren es 36,2 bzw. über 22.000. 2011 ist die Zahl der Suizide mit 30.513 leicht zurückgegangen. Es war bereits die Rede von einer Selbstmordepidemie.