Flämische Separatisten klar stärkste Partei

Nach der Auszählung der Wahl vom Sonntag steht Belgien einen Schritt näher an der Staatsauflösung

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Vor vier Jahren prophezeite der britische Euroskeptiker Nigel Farage dem belgischen EU-Ratspräsidenten Herman van Rompuy, dass es sein "Nicht-Land" nicht mehr lange geben werde. Tatsächlich arbeiten zumindest die niederländischsprachigen Flamen eifrig an einem Ende der Ehe mit den französischsprachigen Wallonen: Bei der Parlamentswahl am Sonntag stimmten sie nicht nur erneut mehrheitlich für Bart de Wevers Nieuw-Vlaamse Alliantie (N-VA), sondern machten die Partei mit nun 20,3 statt vorher 17,4 Prozent und 33 von insgesamt 150 Sitzen auch belgienweit zur eindeutig stärksten Gruppierung.

Die wallonischen Sozialdemokraten, die bislang die Regierung anführten, liegen nach einem Verlust von 2,05 Punkten nur mehr bei 11,66 Prozent und 22 Mandaten. Gemeinsam mit ihren bisherigen Koalitionspartnern, den flämischen Sozialdemokraten (13 Sitze), den flämischen Christdemokraten (18), den wallonischen Christdemokraten (9), den wallonischen Liberalen (19) und die flämischen Liberalen (14) hätte sie zwar erneut eine Mehrheit im Repräsentantenhaus - Beobachter bezweifeln jedoch, dass diese Fast-Einheitsfront gegen die N-VA erneut zustande kommt. Nach der letzten Parlamentswahl hatte es fast eineinhalb Jahre gedauert, bis sich diese Parteien auf eine Regierung einigen konnten.

Traditionell beauftragt der belgische König nach einer Wahl den Vorsitzenden der stärksten Partei damit, ihm eine mögliche Koalition zu präsentieren. Bart de Wever hat sich bereits vor der Wahl grundsätzlich dazu bereit erklärt, solch einer Koalition vorzustehen - allerdings will er nicht nur einfach belgischer Ministerpräsident werden, sondern möglichst der letzte belgische Ministerpräsident. Die N-VA (die im Europäischen Parlament ebenso wie die Scottish National Party der Grünen-Fraktion angehört), möchte dieses Amt nämlich abschaffen und Belgien in eine Konföderation umwandeln, in der die einzelnen Landesteile den Großteil der staatlichen Aufgaben regeln.

Sprachen in Belgien. Grün: Niederländisch. Rot: Französisch. Blau: Deutsch. Karte: Lennart Bolks. Lizenz: Public Domain.

Langfristig schwebt der NV-A ein langsames "Verdampfen" Belgiens vor. Sollte es dazu kommen, würden die separaten Landesteile möglicherweise nur begrenzt lange selbstständig bleiben: Für die Flamen läge ein Anschluss an die Niederlande nahe. Der früher bedeutsame religiöse Gegensatz zwischen flämischen Katholiken und nordniederländischen Calvinisten, der 1830 zur Aufspaltung des Vereinigten Königreichs der Niederlande führte, spielt heute keine große Rolle mehr - immerhin regierte in den Niederlanden mit dem CDA in den letzten Jahrzehnten überwiegend eine katholisch geprägte Partei.

Die Wallonie könnte sich dagegen als Teil Frankreichs jene Transferleistungen sichern, die heute noch aus Flandern kommen. Eupen, Sankt Vith und die nach dem Ersten Weltkrieg übernommenen deutschsprachigen Ostkantone würden sich in diesem Fall vielleicht für einen Beitritt zur Bundesrepublik aussprechen oder Luxemburg zugesellen.

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