Folgen eines Mal-Wettbewerbs

Kommt das islamische Internet?

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Es gibt viele Gründe, Mohammed nicht zu zeichnen: Weil das Thema nun wirklich durch ist. Weil man keine Ahnung hat, wie der bärtige Prophet mal ausgesehen haben könnte. Weil es den Guten womöglich nie gegeben hat. Oder weil in Pakistan dann sofort Moslems auf die Straße gehen und wegen der Mohammed-Zeichnungen wütend die deutsche Fahne verbrennen. Was ja angesichts der kommenden Fußball-WM schade wäre. Außerdem ist das nun wirklich keine neue Reaktion, aber das ist den beleidigten Volksmassen völlig egal. Hauptsache man tut was gegen die frechen Ungläubigen.

Und tun tut man derzeit auch was bei, in und gegen Facebook - wegen des angeblichen Wettbewerbs "Everybody Draw Mohammed Day" (EDMD), der übrigens bereits am 20. Mai beendet gewesen ist. Und eigentlich hat es diesen Wettbewerbstag ja nie gegeben, weil er ursprünglich nur ein fiktives Datum auf einer Karikatur gewesen ist, aber das ist eine andere Geschichte und interessiert inzwischen weder Mohammed-zeichnen-Freunde oder –Gegner (siehe auch: Hickhack um Anti-Zensuraktion). Sondern dieser Wettbewerb ist, obwohl es ihn nicht gibt, mittlerweile viral geworden und zeitigt täglich neue Reaktionen.

Und dann gab es plötzlich auch noch das Gerücht, dass dieser Wettbewerb beziehungsweise die dazugehörige Facebook-Seite von den Facebook-Betreibern gelöscht wurde, das stimmt zwar nicht und stand dennoch so bei Spiegel-Online. Komisch, aber wahr!

Lange Rede, kurzer Sinn: Bei Facebook gab es jedenfalls unter EDMD vor ein paar Wochen zwar zahlreiche Bilder, die irgendwas mit Mohammed zu tun hatten, seit einiger Zeit wird aber die entsprechende Seite vorwiegend von empörten Moslems benutzt, um ihre Empörung in Wort, Bild und Video auszudrücken. Dabei sind die Empörten nicht besonders wählerisch in ihren Ausdrucksmitteln, aber durch Hunderte von Uploads drückt man halt die wenigen neuen Mohammed-Zeichnungen zur Seite. Zumüllen kann man diesen Vorgang auch nennen. Jedenfalls gibt es im Augenblick mehr Empörte als Zeichner und insgesamt mehr als 16.000 Zeichnungen, die hochgeladen worden sind.

Da Pakistan mittlerweile der zumindest gefühlte Heimatstaat aller beleidigten Moslems ist, hat das Land wegen des Wettbewerbs natürlich den Zugang zu Facebook gekappt, er soll aber angeblich kommende Woche wieder offen sein. - Und dann hatten endlich einige beleidigte Pakistani eine Idee, die längst überfällig gewesen ist: Sie kopierten einfach Facebook, nannten ihre Kopie MillatFacebook, veröffentlichten dazu unter den "About"-Erläuterungen (die im Augenblick verschwunden sind) ein paar krude islamistische Parolen: "Holocaust-Leugnung ist bei Facebook verboten, Mohammed-Zeichnungen aber nicht. Bäh! Das ist ungerecht!" Usw. usf.. Und dann ging man vor wenigen Tagen damit online in der Hoffnung, dass sich dort zukünftig ein paar Millionen Moslems versammeln werden.

Was diese Anti-Facebook-Leute allerdings übersehen, ist, dass sogar ihre religiös-korrekte Seite immer noch Teil des Internet ist, und es daher auch in ihrer virtuellen Nachbarschaft ganz bös-sündige Seiten der Ungläubigen gibt; und zwar nicht nur Pornoseiten mit völlig unverschleierten Frauen oder Seiten für homosexuelle Männer. Nein, noch Schlimmeres! Und da gibt es eigentlich nur eins: die Gründung eines sauberen islamischen Internet! Und vielleicht macht dabei auch die römisch-katholische Kirche mit.