Fracking-Verbot gefordert

Die Energie- und Klimawochenschau: Eigenverbrauchabgabe weiter umstritten, Fracking sowieso und Klimaverhandlungen schleppend wie immer

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Die Novelle des Erneuerbare-Energiengesetzes (EEG) ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Unter anderem gibt es reichlich Widerstand gegen die geplante Abgabe auf den selbstverbrauchten Strom, der bis in die Reihen der Unionsfraktion im Bundestag reicht.

Bisher war geplant, kleine Solaranlagen bis zehn Kilowatt Leistung weiter auszunehmen. Neue Kraftwerke von industriellen Selbstversorgern und Solaranlagen von Unternehmen des Handels und Gewerbe sollten hingegen mit 50 Prozent der EEG-Umlage belastet werden. Für jede selbst verbrauchte Kilowattstunde würden demnach für Neuanlagen ab dem 1. Januar 2015 etwas mehr als drei Cent fällig. Nach den jüngsten Gesprächen zwischen den Ministerpräsidenten der Länder und der Bundesregierung hat diese ihren Vorschlag auf generell 40 Prozent EEG-Umlage für alle, also auch die neuen Kleinanlage modifiziert.

Doch auch damit sind nicht alle Bundesländer einverstanden. Baden-Württembergs grüner Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigte sich nach dem Treffen reichlich zugeknöpft. Offenbar ringen Bund und Länder hinter den Kulissen weiter um einen Kompromiss. Auch in der Gruppe der baden-württembergischen CDU-Bundestagsabgeordneten scheint es zu rumoren. Solaranlagen für den Eigenverbrauch müssten stärker gefördert werden, heißt es.

Auch bei der Biomasse gibt es Widerspruch aus Südwest. Augenmaß statt Holzhammer fordert CDU-Landesgruppenchef Thomas Strobl. Hier sieht der Kabinettsentwurf vor, dass nur noch 100 Megawatt neuer Leistung pro Jahr hinzukommen sollen.

Nächste Woche wird der Bundestag über den Entwurf abstimmen, bis dahin muss die Unionsfraktion noch auf Linie gebracht werden. Danach kann nur noch der Bundesrat für eine Entschärfung der Vorhaben sorgen.

Für die einheitliche Belastung des Eigenverbrauchs hatte unter anderem der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) geworben. Die bisherige Regelung, nach der auf den Eigenverbrauch keine EEG-Umlage erhoben wird, habe zu sozialer Ungerechtigkeit und volkswirtschaftlicher Ineffizienz geführt, heißt. Während Letzteres nicht weiter begründet wurde, sieht BDEW-Sprecherin Hildegard Müller Mieter und andere benachteiligt, die sich keine eigene Anlage leisten könnten:

Eine weiterhin geltende Begünstigung der Eigenstromerzeugung würde erhebliche Gefahren für eine auch in Zukunft stark steigende EEG-Umlage bergen. Daher sollen künftig alle Stromverbraucher, die die Infrastruktur des Energieversorgungssystems nutzen, adäquat an den Kosten für die Energiewende beteiligt werden.

BDEW-Sprecherin Hildegard Müller

Davon, dass alle Stromverbraucher an den Infrastrukturkosten beteiligt würden, kann jedoch nicht die Rede sein. Zum einen gibt es für die Industrie schon seit langem Ausnahmen bei den Netzentgelten und der Stromsteuer, zum anderen bleiben auch die umfangreichen Ausnahmen für die energieintensive Industrie von der EEG-Umlage erhalten, die sich zuletzt auf rund fünf Milliarden Euro jährlich summierten.

Entsprechend kann der Verbraucherzentrale Bundeverband (vzbv) der Eigenstrombelastung auch nichts Gutes abgewinnen. Vzbv-Fachmann Holger Krawinkel verweist darauf, dass der Eigenverbrauch Stromerzeugung im System und damit Netzkosten vermeide. Seine Belastung sei daher nicht "verursachungsgerecht". Und weiter: "Zudem wäre der Effekt auf die Höhe der EEG-Umlage minimal. Bis einschließlich des Jahres 2018 ergäbe sich eine Entlastung von höchstens 55 Cent pro Haushalt und Jahr."

Die Ungleichbehandlung von Mietern und Hauseigentümer könnte vermieden werden, so Krawinkel, wenn der direkt vor Ort und nicht in öffentliche Netz eingespeiste Strom dem Eigenverbrauch gleich gestellt würde. Dadurch würden zum Beispiel Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern attraktiver. Kombiniert mit kleinen, gasbefeuerten Kraftwärmeanlagen für Heizung und Warmwasser, die zugleich Strom produzieren, könnten sie die Dezentralisierung der Stromversorgung einen neuen Schub verleihen.

Der Bedarf an Großkraftwerken und Höchstspannungstrassen würde durch derlei Konzepte verringert, und vielleicht fände sich damit ja auch eine Lösung für die in den Süden geplanten Stromtrassen, gegen die sich in Bayern reichlich Widerstand regt. Aus der Münchener Staatskanzlei heißt es, die Verbindung nach Thüringen diene vor allem der Abnahme von Braunkohlestrom. Es dürfe aber nicht unter dem Deckmantel der Energiewende eine verkappte Braunkohleförderung betrieben werden.

Speichergas

Allerdings ist auch die zweite Trasse, die Norddeutschland mit Bayern verbinden soll, nicht besonders beliebt. In Nordhessen protestieren zum Beispiel die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden. Dabei heißt es von dieser Trasse auch bei ihren Grünen Befürwortern in den Kieler und Hannoveraner Landesregierungen immer wieder, dass sie vor allem Windstrom transportieren werde. Doch übersehen wird dabei gerne, dass in Hamburg demnächst mit Moorburg ein riesiges Steinkohlekraftwerk (1,73 Gigawatt) ans Netz geht und das AKW Brokdorf (1,4 GW) noch bis 2021 weiter läuft.

Vielleicht wäre es ja für den in Norddeutschland zeitweise so reichlich anfallenden Windstrom sinnvoller, verstärkt auf Power-to-Gas-Verfahren zu setzen. Diese wandeln Strom - idealer Weise zu Zeiten eines Überangebots - in Wasserstoff oder Methan um, beides Gase, die ins Erdgasnetz eingespeist werden können - Wasserstoff allerdings nicht im beliebigen Umfang. Der Wirkungsgrad liegt zwar bei nicht viel mehr als 50 Prozent, was aber bei effizientem Einsatz des Gases (Kraftwärme-Koppelung) vielleicht noch vertretbar wäre.

Außerdem könnte mit dem Einsatz von Strom die Erzeugung von Methan bei der Biogasproduktion deutlich gesteigert und der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid verringert werden. Aber solche interessanten Ansätze werden natürlich erheblich erschwert, wenn der Biogas-Ausbau, wie von der großen Koalition beabsichtigt, fast vollständig eingestellt werden soll. Vielleicht hätten sich die Branchen-Lobbyisten etwas lauter auf derlei Aspekte aufmerksam machen sollen, statt sich an der russophoben Hysterie zu beteiligen (Russlandbashing als Strohhalm).

Klimaverhandlungen

Derweil ist in Bonn, der alten westdeutschen Hauptstadt, mal wieder über internationalen Klimaschutz verhandelt worden. Bundeskanzlerin Merkel hatte sich seinerzeit 1995 als Bundesumweltministerin dafür stark gemacht, das Sekretariat der UN-Klimaschutzrahmenkonvention an den Rhein zu holen, um der dortigen Wirtschaft den Umzug der Regierung nach Berlin zu versüßen. Seitdem treffen sich dort mehrmals im Jahr Umweltdiplomaten aus aller Welt. Derzeit geht es bei den Gesprächen um allerlei Detailfragen eines neuen Abkommens, dass im Herbst 2015 auf einer großen Konferenz in Paris unterzeichnet werden soll.

Und was kam diesmal dabei heraus? Die Irish Times sieht nach der am Sonntag zu Ende gegangenen Gesprächsrunde wieder Grund zum Hoffen. Die Stimmung sei gut gewesen. Doch weshalb dem so gewesen sein sollte, bleibt unklar.

Die Industrieländer haben den Fonds, mit dem Anpassungsmaßnahmen in den Entwicklungsländern finanziert und dort vom Klimawandel angerichtete Schäden ausgeglichen werden sollen, noch immer nicht mit auch nur annähernd ausreichendem Kapital versehen. Außerdem sieht es im Augenblick ganz danach aus, dass im neuen Vertrag keine verbindlichen Vorgaben für die Vermeidung von Klimazielen stehen werden. Aber schon das 2013 ausgelaufene Kyoto-Protokoll krankte ja daran, dass es keine Sanktionsmöglichkeiten für jene Industriestaaten vorsah, die wie Kanada nicht ihren Verpflichtungen nachgekommen waren.

WM-Kollateral-Schaden

In Mecklenburg-Vorpommern wurde derweil die Gunst der Stunde genutzt, da die Öffentlichkeit mal wieder weitgehend durch die Fußball-WM abgelenkt ist. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, wurde im Osten des Landes erstmals seit drei Jahren wieder sogenanntes konventionelles Fracking angewendet. In eine Öllagerstätte in 2.700 Metern Tiefe seien 450 Kubikmeter Flüssigkeit gepresst worden "um die Zuflussbedingungen des Erdöls zu verbessern".

Starke öffentliche Kritik hatte zuvor für ein informelles Moratorium von drei Jahren gesorgt. Die verwendete Flüssigkeit habe Zellulose und Keramikkügelchen enthalten, schreibt der WSJ-Korrespnodent. Von chemischen Zutaten, wegen derer das Schiefergas-Fracking in den USA so stark kritisiert und auch hierzulande gefürchtet ist, war nicht die Rede.

Auch die Bundesregierung möchte in Sachen Fracking noch schnell die verminderte öffentliche Aufmerksamkeit nutzen. Noch vor der Sommerpause will Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel einen Gesetzentwurf vorlegen, der Regeln für Fracking aufstellen soll. Angeblich ist geplant, die Förderung von Schiefergas ganz zu verbieten und ansonsten Umweltverträglichkeitsprüfungen allgemein vorzuschreiben. Die sind nach dem bisher geltenden Bergrecht nicht notwendig.

Wie es aussieht, bleiben aber zumindest in der bayerischen Oberpfalz die Bürger alarmiert. Dort wurden innerhalb weniger Tage 15.000 Unterschriften unter eine Online-Petition gesammelt. Bayern soll im Bundesrat dem "Fracking-Ermöglichungsgesetz" der Bundesregierung nicht zustimmen, wird darin gefordert.

Außerdem wird vom Landtag verlangt, eine Initiative Schleswig-Holsteins zu unterstützen, mit der das Bergrecht geändert und Fracking verhindert werden soll. "Ziel muss dabei ein sofortiges ausnahmsloses Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger sein. Dies ist unabhängig davon, ob die Rissbildung mit oder ohne den Einsatz giftiger Chemikalien, hydraulisch oder andersartig erzeugt wird."