Französisches Ehegesetz: Zerstrittene Opposition

Nachdem der Verfassungsrat keine Bedenken gegen die legale Erweiterung der Ehe auf gleichgeschlechtliche Partner geäußert hat, verliert der Widerstand in der UMP an Schwung

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Das Gesetz ist durch. Seit vergangenem Samstag ist Frankreich der 14. Staat weltweit, der die Ehegesetze auf gleichgeschlechtliche Paare ausweitet. An diesem Tag wurde das Gesetz, das auch die Adoption für gleichgeschlechtliche Paare erleichtert, im Journal Officiel veröffentlicht und ist damit rechtsgültig.

Tags zuvor hatte der Verfassungsrat, der von Mitgliedern der Oppositionspartei UMP in der Sache angerufen worden war, entschieden, dass das Gesetz verfassungskonform ist und das Gesetzgebungsverfahren korrekt war.

Lediglich bei Anpassung des Adoptionsgesetzes äußerten die Verfassungsweisen Vorbehalte. Sie führten aus, dass das neue Gesetz nicht mit einem "Recht auf Kinder" gleichzusetzen sei, und dass die Behörden in jedem Einzelfall angewiesen seien zu überprüfen, ob die Adoption den Forderungen, welche das Kindeswohl stellt, entspricht.

Keines der Argumente, die von der UMP-Opposition gegen das Gesetz vorgebracht wurden, wurde vom Verfassungsrat als gültig erklärt.

Der parlamentarischen Opposition hat der Spruch der Verfassnungsweisen anscheinend einigen Schwung genommen; die ersten Reaktionen offenbaren größere Meinungsunterschiede, was das weitere Vorgehen betrifft. So ist für kommenden Sonntag eine nochmalige Demonstration gegen das Gesetz angekündigt, doch äußern sich die Spitzen der Partei nicht mehr eindeutig dazu, ob man daran teilnehmen soll. Darüberhinaus ist ein Streit darüber entstanden, wie man im Falle eines Sieges bei der nächsten Wahl verfahren soll.

Tönten entschiedene Gegner innerhalb des rechten Flügels der UMP, allen voran Guillaume Peltier von der "Droite forte", der sich als Protagonist einer "neuen Generation innerhalb der UMP" begreift, dass man, sobald man erneut an der Macht ist, das Gesetz abschaffen werde, so distanzieren sich namhafte Mitglieder der Partei, wie Jean-François Copé, von dieser Forderung und halten einzig eine Modifikation für realistisch.

Weg zurück ist unrealistisch

Auch die UMP-Politikerin Nathalie Kosciusko-Morizet geht in den innerparteilichen Wahlkampf um die Kandidatur für den Pariser Bürgermeisterposten mit einem Ja zum neuen Ehegesetz, das ja nicht die Familie abschaffe, sondern erweitere. Sie könnte damit bei der Pariser Bevölkerung größere Chancen haben als mit der Ablehnung des Gesetzes. Das weiß auch die UMP-Führung, selbst wenn einzelne Mitglieder ihren Verzicht auf die Kandidatur fordern.

Wie andere UMP-Mitglieder ist Nathalie Kosciusko-Morizet der Auffassung, dass eine "Lüge" wäre, würde man jetzt den Wählern versprechen, dass man später das Gesetz völlig annullieren könnte und einfach zurück gehen auf einen früheren Status.

Die Frage ist nun, wie sich die Bürgermeister der UMP verhalten werden. Zwar hat Copé, der mit Fillon um die Führung der Partei rivalisiert, ausgegeben, dass sich die Bürgermeister, die Parteimitglied sind, an das Gesetz halten werden, doch machen manche, wie das Stadtoberhaupt von Vienne (Isère), Jacques Remiller, geltend, dass Staatspräsident Hollande vor einer Versammlung von Stadtoberen die Gewissensfreiheit herausgestellt habe. Wie viele Bürgermeister sich gegen das Gesetz stellen und die Amtshandlung anderen übertragen werden, wird sich noch herausstellen. Die erste offizielle gleichgeschlechtliche Hochzeit ist in Montpellier für den 29.Mai angekündigt.