Frauen mögen Erin Brockovich, Kinder lieben Scary Movie

Nach der neuen Kinobesucher-Studie 2000 wird das Kino-Publikum immer älter

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Nichts gegen "American Pie" - dass aber ausgerechnet diese Teenie-Klamotte mit insgesamt 6,1 Millionen Besuchern im vergangenen Jahr der erfolgreichste Kinofilm in Deutschland war, verwundert schon ein wenig. Einige Gründe dafür findet man in der kürzlich von der Berliner Filmförderungsanstalt (FFA) veröffentlichten Studie "Die Kinobesucher 2000 - Strukturen und Entwicklungen", die im Netz auf den Seiten der FFA abrufbar ist.

Wie schon in den Jahren zuvor bilden demnach Schüler und Studenten (einschließlich Kinder unter 10 Jahren) mit 38 Prozent die größte Gruppe unter den Kinozuschauern. Was nicht weiter überrascht. Bemerkenswert ist allerdings die Feststellung, dass zwischen den Filmvorlieben von Lehrlingen und Schülern/Studenten nur geringfügige Unterschiede bestünden. "Laute Komödien, harte Action und Horror", heißt es dazu in der Studie, "werden von beiden Gruppen gerne gesehen. Das Alter und damit einhergehend eine schulische Situation prägen also die Vorlieben stärker als die berufliche Orientierung."

Ersetzt man "berufliche Orientierung" durch das altväterliche Wort "Bildung", dann heißt das nichts anderes, dass die Filmvorlieben vor allem vom Alter und nicht so sehr vom Bildungsstand des jeweiligen Zuschauers abhängig sind. Vielleicht auch eine Erklärung für die Krise der Programmkinos, die zu ihrer Blütezeit in den 80er Jahren - neben den klassischen Cineasten - besonders von Studenten besucht wurden. Und die schon seit einigen Jahren unter argem Zuschauerschwund leiden. Übrigens ganz ähnlich wie die noch existierenden freien Theatergruppen, die ihr altes Stammpublikum aus dem studentischen Milieu längst ans Stadttheater verloren haben.

Deutlich verändert hat sich in den letzten acht Jahren auch die Alterszusammensetzung des Kinopublikums, das zunehmend älter wird. "Die größte Gruppe, gemessen an den verkauften Eintrittskarten, blieben zwar die 20- bis 24-Jährigen, doch die 30- bis 39-Jährigen wurden zur zweitwichtigsten Gruppe noch vor den 25- bis 29-Jährigen und den 16- bis 19-Jährigen." Und die Hälfte der 30- bis 39-Jährigen sind regelmäßige Kinogänger, die im Schnitt jeweils vier Eintrittskarten pro Jahr kaufen. Dazu passt auch die Feststellung, dass der Anteil der Angestellten erheblich gestiegen ist. So wurden im Jahr 2000 erstmals mehr Eintrittskarten an Angestellte verkauft als an Studenten und Schüler, die wenigstens zehn Jahre alt sind.

Keine Überraschung sind die in der Studie konstatierten Vorlieben nach Alter und Geschlecht. Den höchsten Frauenanteil hatten im vergangenen Jahr die Filme "Erin Brockovich" und "Stuart Little". Menschen, die älter sind als 40 Jahre, bevorzugten "American Beauty", bei den Rentnern lag wiederum "Erin Brockovich" auf Platz 1 gefolgt, allerdings von "M:I?2" (Mission: Impossible, die Zweite). Und unter den Top-Ten der 10 bis 15-Jährigen findet sich mit "Scary Movie" ein Film, den sie eigentlich wegen der Altersfreigabe (ab 16) gar nicht hätten gucken dürfen.

Insgesamt zählt das Jahr 2000 jedoch zu den schwachen Filmjahren. Hauptgrund ist nach Meinung der Studie das Fehlen von richtigen Blockbustern, also von Filmhits, die jeder einfach gesehen haben muss. Dennoch stieg der Besuch gegenüber 1999 um 2,4 Prozent auf verkaufte 152,5 Millionen Eintrittskarten. Nicht zuletzt weil die Kinofreudigkeit allgemein gestiegen ist und im vergangenen Jahr das Filmangebot mit 416 Erstaufführungen (1999: 350 Filme) so groß war wie nie zuvor. Und sogar einer deutschen Produktion gelang das Kunststück sich unter den 20 erfolgreichsten Filmen zu platzieren: "Anatomie", ein Horrorfilm, der immerhin zwei Millionen Zuschauer (Platz 15) ins Kino gelockt hat.