Front National siegt in der ersten Runde der Regionalwahlen

Frankreich: Die rechten Nationalisten sind zur stärksten Partei geworden

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass die Partei vom rechten Rand derart in die Mitte rollt und die politische Landschaft so ins Kippen bringt, hatte man in Frankreich doch nicht erwartet. Jenseits vom neuen rechten Schwerpunkt sind die Politiker erstmal ratlos. Die Ergebnisse der ersten Runde der Regionalwahlen in Frankreich sind deutlich, vor wenigen Jahren wären sie noch als politische Fiktion gehandelt worden.

Die meisten Stimmen, die meisten Regionen

Der Front National hat landesweit die meisten Stimmen auf sich vereint, weswegen Marine Le Pen ihre Partei - mit einem Wahl-, nicht mit einem Umfrageergebnis im Rücken - "als erste Partei Frankreichs" bezeichnet. Bei der landesweiten Übersicht erzielte der FN nach Stand kurz nach Mitternacht: 28,77%. Für die die Rechts-Mitte-Bündnisse mit Les Républicains (ehemalige Regierungspartei UMP) als große Partei wurden 26,65 Prozent ermittelt, für die Sozialdemokraten und ihre linken Listenpartner 23,14%.

Marine Le Pen gestern Abend. Screenshot aus einem FN-Video

Die landesweiten Zahlen sind allerdings vor allem Anschauungswerte. Tatsächlich ging es ja um die Wahl von Regionalräten in 13 Regionen in Kontinentalfrankreich. Früher waren es 22, die jetzige Regierung ordnet die Regionen neu, manche wurden zusammengelegt.

In sechs der 13 Regionen (Festland plus Korsika) gewannen die rechten Nationalisten die meisten Stimmen. Im Nord-Osten (Nord-Pas-de-Calais Picardie, Alsace-Champagne-Ardenne Lorraine), in der Bourgogne Franche Compté, im Zentrum (Centre Val de Loire) und im Süden (Provence Alpes-Côtes d‘Azur und Langue d’Oc-Rousillion Midi Pyrénées).

In den beiden Regionen, wo Marine (Nord-Pas-de-Calais Picardie) und Marion Maréchal Le Pen (Provence Alpes-Côtes d‘Azur ) antraten, holten sie über 40 Prozent. Das reicht noch nicht zur absoluten Mehrheit. Der definitive Sieger wird in der zweiten Runde am nächsten Sonntag ermittelt. Die die Wahrscheinlichkeit, dass beide Le Pens, sich in der Stichwahl durchsetzen, ist allerdings sehr hoch und damit auch die Aussichten, dass sie als Regionalratspräsidentinnen zum ersten Mal einen Posten in der politischen Exekutive Frankreichs einnehmen.

Die Wahlbündnisse der bürgerlichen Rechten, häufig zusammengesetzt aus den Republikanern, der UDI und Modem, gingen in vier Regionen als Sieger der ersten Runde hervor (Normandie, Pays de la Loire, Île de France, Auvergne Rhône Alpes).

Niederlage der Sozialdemokraten und der Grünen

Die PS schaffte es mit verbündeten linken Parteien, manchmal traten auch die Grünen mit an, gerade mal in zwei Regionen (Bretagne und Aquitaine Limousin Poitou-Charentes) im Festlandfrankreich die meisten Stimmen zu bekommen. In Korsika gab es ebenfalls eine linke Mehrheit.

Sowohl die Sozialdemokraten des PS, linke Verbündete und die Grünen, die im Vergleich zur letzten Regionalwahl stark an Stimmen einbüßten, sind die großen Verlierer der Wahl.

Letzte Wahlen vor der Präsidentschaftswahl

Zwar sollten den Regionen nach dem Reformumbau der jetzigen Regierung neue Stärke zukommen. Da sie aber nach wie vor, was ihre Steuereinnahmen betrifft, enorm vom Budget der Regierung in Paris abhängig sind, bleibt die Zentralregierung in sehr viel größerem Ausmaß die politische Schaltzentrale als im Vergleich zum föderalen Deutschland. Die Regionalwahlen mit deutschen Landtagswahlen und die Regionalratspräsidenten mit Ministerpräsidenten zu vergleichen, verfehlt die politische Wirklichkeit.

Aber die Regionalwahlen sind die letzten Wahlen vor der Präsidentschaftswahl 2017. So kommt ihrem Ausgang nationale Relevanz zu und eine Verankerung des FN in den Regionen ist nicht kleinzureden. Das ist der Partei in dieser Reichweite bislang noch nie geglückt. Sie ist in allen Regionen noch im Rennen für den zweiten Wahlgang, hieß es am Sonntagabend.

Durch das neue Wahlgesetz können beim zweiten Wahlgang nicht nur zwei, sondern alle Parteien, die über die 10-Prozent-Hürde kamen, antreten. Das führt in den bürgerlichen, linken und grünen Parteizentralen zu Überlegungen, wer mit wem zusammengehen könnte oder welche Liste von der Wahl zurücktritt, um den FN auszumanövrieren.

Am Wahlabend gab es dazu noch keine Aussagen, die den Effekt des FN-Wahlsieges überstrahlt hätten. Man muss sich wohl erst damit abfinden, dass der Schock vom Frühjahr, als der FN bei den Departementalwahlen 4,8 Millionen Stimmen gewann, diesmal noch übertroffen wurde. Angeblich bekam die Partei an die 7 Millionen Stimmen. Die Wahlbeteiligung war unterschiedlich. Den Schätzungen nach lag sie im Gesamten bei etwa 50 Prozent. Genauere Analysen wird es in der kommenden Woche geben.