Fünfdimensionale Speicher gegen den Datendurchfall

Australische Forscher haben eine Technik entwickelt, Daten mit Hilfe von fünf unabhängigen physikalischen Größen zu speichern - das erhöht die Kapazität exponentiell

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Schon seit einigend Tausend Jahren befasst sich der Mensch damit, Daten zu speichern. Die bisher ältesten, von Archäologen gefundenen Dokumente, ungefähr 6000 Jahre alt, enthalten ökonomische Aufzeichnungen. Wieviele Daten jeweils auf einen vorgegebenen Platz passten, hing zum einen vom verwendeten Material ab, zum anderen aber auch von der Kodierung - einzelne Schriften sind unterschiedlich effizient, wenn es um eine möglichst Platz sparende Datenspeicherung geht. Müsste man die Dimensionen der Datenspeicherung zählen, käme man also mindestens auf drei - zwei räumliche für die Darstellung auf dem Schreibmaterial und eine logische, abhängig vom verwendeten Code.

Als der Mensch dann begann, Daten auch anders als schriftlich aufzuzeichnen, begann er wieder bei der 1. Edisons Phonograph (der eigentlich Charles Cros’ Phonograph war) speicherte Informationen über die vertikale Auslenkung der Tonspur. Bei der Schallplatte änderte sich wenig, bis auf die Tatsache, dass die Musik nun über eine horizontale Auslenkung der Abtastnadel ausgelesen wird. Nicht ganz zufällig nannte sich das zugehörige Gerät Grammo-Phon, eine Zusammensetzung aus den griechischen Begriffen Gramma (Schrift) und Phone (Stimme). Ebenfalls eindimensional arbeitet das Magnetband - nur dass in diesem Fall nicht mehr über eine räumliche Größe gespeichert wird, sondern über die Magnetisierung.

Bis dahin erfolgte die Datenspeicherung analog. Das hatte einerseits Vorteile, denn zwischen Aufnahme und Wiedergabe der Daten mussten keine zusätzlichen Schritte liegen. Analoge Aufzeichnung ist, sofern das Ausgangsmaterial analog vorliegt, auch unglaublich effizient - eben weil nicht unheimlich viele diskrete Werte abzulegen sind. Das brachte bei der Umstellung auf digitale Speicherung durchaus Probleme, die nur mit einer Verringerung der Strukturgrößen zu bewältigen waren. Trotzdem ist eine Compact Disc nicht wesentlich kleiner als eine Schallplatte, obwohl sie größenordnungsmäßig dieselbe Datenmenge aufnimmt.

Die zunehmende Daten-Diarrhoe der Menschheit wäre mit CD-Technik heute nicht mehr in den Griff zu bekommen. Längst ist die Compact Disc durch die DVD-, Festplatten- und Flash-Speichertechnik abgelöst. Die Strukturen schrumpfen weiter, im Wettlauf mit den Datenmengen, die jeder Mensch, ob absichtlich oder unabsichtlich, täglich produziert. Eine IDC-Studie hat jüngst ermittelt, dass der Umfang der weltweit vorliegenden digitalen Daten allein im vergangenen Jahr um 3,8 Trilliarden Bits gewachsen ist. Pro Kopf der Weltbevölkerung, ob arm oder reich, entspricht das ungefähr dem Inhalt von 9 DVDs. Alle anderthalb Jahre verdoppelt sich, so die Vorhersage, der Datenzuwachs (nicht die Datenmenge!) - 2012 werden voraussichtlich fünfmal mehr Daten erzeugt als noch 2008. Wohin mit all den Bits und Bytes? Sie einfach wegzukippen, kommt nicht in Frage - ein wachsender Teil der Daten ist von gesetzlicher Regulierung betroffen und unterliegt den verschiedensten Aufbewahrungsfristen.

Einen Ausweg wollen nun Forscher der australischen Swinburne University gefunden haben. Sie stellen in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature eine Technik vor, digitale Inhalte gleich in fünf Dimensionen zu speichern. Mit jeder Dimension verdoppelt sich bei gleichem Raumbedarf die zur Verfügung stehende Speichermenge. Außer den drei räumlichen Dimensionen nutzen die Forscher Wellenlänge und Polarisierung als Parameter - mit Hilfe eines relativ exotischen Materials: Winzige Nanostäbchen aus Gold bilden die Grundlage des Speichers. Sie sind in etwa einen Mikrometer dünnen Aufzeichnungsschichten angeordnet, die zwischen etwa zehn Mikrometer dicken Trennschichten liegen.

In ihrem Artikel zeigen die Forscher, dass alle fünf Parameter unabhängig voneinander schreib- und auslesbar sind. Dabei ist nicht die Verwendung dieser fünf Größen neu, wohl aber die Kombination in einem einzigen Medium. Auf ein einzelnes, DVD-großes Speichermedium könnte man so mit aktueller Technik etwa 1,6 Terabit schreiben, perspektivisch auch 7,6 Terabit. Dabei käme man auf eine Aufzeichnungsgeschwindigkeit von etwa einem Gigabit pro Sekunde. Die Wissenschaftler rechnen damit, dass ihre „5D-DVD“ in fünf bis zehn Jahren auf den Markt kommen könnten. Das hat einen großen koreanischen Speicherhersteller nicht daran gehindert, mit den Forschern bereits jetzt einen Vertrag abzuschließen.