Furcht vor einem "Angriff auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft"

Das österreichische Integrationsbarometer signalisiert ein Problem der Befragten mit dem "geringen Respekt und die Gewaltbereitschaft von muslimischen Flüchtlingen gegenüber Frauen"

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Asylbewerber aus muslimischen Ländern treffen mehrheitlich auf Argwohn. Das macht die Integration nicht leichter und liefert Politikern im rechten Spektrum mehr Anhängerschaft für ihre Positionen. Ein großes Problem dabei ist die graue Zone zwischen Vorurteilen und einer kritischen Haltung.

In Österreich wurde am vergangenen Dienstag ein Integrationsbarometer veröffentlicht. Dessen Ziel ist es, "Einstellungen und Stimmungsströmungen in Zusammenhang mit dem Thema Integration" zu erfassen. Dass die Stimmung gegenüber Migranten und Flüchtlingen von großer Relevanz für Wahlen sind, hatte sich bei der ersten Runde der Wahl zum Bundespräsidenten gezeigt.

Der "erdrutschartige" Erfolg des FPÖ-Kandidaten wurde in vielen Medienberichten direkt mit der "Flüchtlingskrise" in Zusammenhang gebracht. Die Politikangebote der Volksparteien SPÖ und ÖVP hätten die Bevölkerung nicht überzeugt. Umso neugieriger werden derzeit Stimmungs-Signale aus der Bevölkerung verfolgt.

Nun bietet das Integrationsbarometer (Langfassung hier, Zusammenfassung hier) keine wesentlich neuen oder überraschenden Erkenntnisse: Nur eine knappe Mehrheit (52%) bewertet das Zusammenleben zwischen Österreicher und Zuwanderern als "gut", wobei nur 6% ein "sehr gut" angaben und der Großteil (46%) es als "eher gut" bezeichnet. "Man ortet also auch gewisse Schwierigkeiten", kommentierten dies die Studienverfasser.

Interessant ist die Feststellung, die in der Langfassung darauf folgt; dass sich nämlich im Zeitverlauf, im Vergleich mit ähnlichen Studien zuvor, deutlich zeigt, dass die Zustimmungswerte (Spitze 2013 mit 63%) abnehmen und ablehnende Werte ("Zusammenleben funktioniert schlecht") seit 2013 zunehmen. So wäre es interessant, wie sich die Monate, in denen viele Flüchtlinge/Migranten über die Balkanroute nach Österreich kamen, in den Einstellungen widerspiegeln. Das ist in der veröffentlichten Studie anscheinend nicht zur Gänze nachzulesen. Es

Skepsis der Bevölkerung gegenüber den Muslimen unter den Flüchtlingen

Denn ein Bericht zur Studie, veröffentlicht von diepresse.com, präsentiert ein Ergebnis, das in der Studie, die auf der Integrationsbarometer-Webseite des Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF) so nicht zu finden ist. Das ist bemerkenswert, weil der Meinungsforscher Peter Hajek, der die Studie durchführte, genau dieses Ergebnis unter die Überraschungen zählt. Es geht um die Skepsis der Bevölkerung gegenüber den Muslimen unter den Flüchtlingen.

Im Zusammenhang mit Flüchtlingen nehmen 77 Prozent der Befragten den geringen Respekt und die Gewaltbereitschaft von muslimischen Flüchtlingen gegenüber Frauen als "sehr großes" oder "eher großes Problem" wahr. Lediglich vier Prozent sind der Meinung, dass dieser Aspekt "gar kein Problem" darstelle.

Allerdings ist dieses Ergebnis weder in der Langfassung der Studie noch auf der ÖIF-Webseite zu finden. Zwar wird dort bei den zentralen Ergebnissen auch darauf verwiesen, dass die Befragten die Geringschätzung bzw. Gewaltbereitschaft einiger (Hervorhebung d. A.) muslimischer Flüchtlinge gegenüber Frauen als "größten Problembereich" sehen, aber mit einer ganz anderen Zahl.

Als größte Problembereiche im Zusammenhang mit der Integration von Flüchtlingen sehen die Befragten Geringschätzung bzw. Gewaltbereitschaft einiger muslimischer Flüchtlinge gegenüber Frauen (51%).

Da der Presse-Bericht sein Ergebnis mit einer Grafik illustriert, deren Angaben augenscheinlich aus der Studie stammen, zeigt sich dass die ÖIF-Webseite beim Integrationsbarometer bestimmte Skalen ausgelassen hat, nämlich die Angaben, die "eher ein großes Problem" sehen.

Genauer aufgeschlüsselt sieht das so aus: 51 Prozent der Befragten stufen die "Geringschätzung bzw. Gewaltbereitschaft einiger muslimischer Flüchtlinge gegenüber Frauen" als "sehr großes Problem" ein. 26 Prozent als "eher großes Problem" und 16 Prozent als "eher geringes Problem".

Auch bei den anderen Problembereichen - die schwierige Arbeitsplatzsuche für Flüchtlinge (50%), die Belastung des österreichischen Sozialsystems durch Flüchtlinge (49%) sowie die Gefahr durch religiösen Fanatismus und Terror (48%) - werden nur die Prozentangeben für "sehr großes Problem" mitgeteilt. Schaut man sich dagegen die Grafik an, so ergibt sich mit den Antworten "eher ein großes Problem", eine zusätzliche Dimension.

33 Prozent sahen die schwierige Arbeitsplatzsuche für Flüchtlinge als "eher großes Problem". Damit halten insgesamt 83 Prozent dies für ein Problem mit einer ziemlichen Gewichtung. Bei der Belastung des österreichischen Sozialsystems durch Flüchtlinge gaben 26 Prozent ein "eher großes Problem" an. Insgesamt wären das 75 Prozent, die hier bei der Einstufung "sehr großes Problem" oder "eher großes Problem" liegen. Bei der Gefahr durch religiösen Fanatismus und Terror gab es 21 Prozent bei der Angabe "eher ein großes Problem". Zusammen mit den 48 Prozent, die überzeugt sind, dass es ein "sehr großes Problem" ist, ergibt das 71 Prozent.

Die aktuellen Werte aus den April-Befragungen liegen also über einer 2/3-Mehrheit. Eher ein Warnzeichen also. Hier gibt es auf allen Seiten Diskussionsbedarf.

"Eine überwiegende Mehrheit der österreichischen Bevölkerung fürchtet also einen Angriff auf die Stellung der Frau in der Gesellschaft", sagt Hajek. "Dass diese Sorge so deutlich ausfällt, gehört neben der Skepsis gegenüber Muslimen zu den Überraschungen unserer Studie."