Geisterzug in Boston

Ein Zug der Red Line. Bild: Adam E. Moreira/CC-BY-SA-3.0

Möglicher Blick in die Zukunft von Smart Cities, wenn führerlose Bahnen, Autos, LKWs und Flugzeuge den öffentlichen Raum übernehmen

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Ein Nahverkehrszug der Red Line in Boston hat sich ohne Fahrer, aber mit den Passagieren selbständig gemacht und ist durch drei Stationen führerlos durchgerauscht, bis der Betreiber ihn wieder stoppen konnte. Das könnte einen Blick in die Zukunft von Smart Cities eröffnen, wenn führerlose Bahnen, Autos, LKWs und Flugzeuge den öffentlichen Raum übernehmen und aus der Ferne gehackt und manipuliert oder nur durch Software- oder Verbindungsfehler beeinträchtigt werden.

Allerdings können bereits weiterhin gesteuerte Fahrzeuge, die als rollende Computer mit dem Internet verbunden sind und jede Menge Assistenzsysteme besitzen, von außen gelenkt werden. Sicherheitskräfte wünschen sich die Möglichkeit, mittels Fernsteuerung Fahrzeuge stoppen zu können. In einem EU-Projekt namens Savelec wird daran geforscht, Fahrzeuge von außen durch elektromagnetische Impulse zu stoppen, die schlicht die Elektronik in einem Fahrzeug ausschalten oder zerstören.

Wo Daten übertragen werden, geht es nicht nur um Überwachung, sondern eben auch um Kontrolle. Wo Hersteller oder Anbieter von Dienstleistern Zugang zu Fahrzeugen haben, können diese Zugänge auch Unbefugte nutzen. Keine angenehme Vorstellung, dass das Fahrzeug aufgrund von Pannen oder durch Fernsteuerung sich der Herrschaft des Fahrers entzieht, sollen doch autonome Fahrzeuge gerade alle Risiken ausschalten, die durch die Unaufmerksamkeit oder Emotionalität der menschlichen Piloten verursacht werden.

Ein Zug der Red Line. Bild: Adam E. Moreira/CC-BY-SA-3.0

Auch im Fall des Zugs in Boston wird davon ausgegangen, dass jemand diesen manipuliert haben muss - eine Panne will man offensichtlich ausschließen, wäre diese wohl noch unheimlicher. Der Zug wird eigentlich von einem Fahrer gesteuert, aber in der Braintree Station saß am Donnerstagmorgen um 6 Uhr Ortszeit niemand am Steuer, als der Zug mit etwa 50 Passagieren an Bord die Station verließt und ohne Halt durch die Stationen Quincy Adams, Quincy Center und Wollaston durchfuhr und erst nach Kilometern in der Station North Quincy gebremst werden konnte, weil hier der Strom abgestellt wurde.

Von den Passagieren wurde niemand verletzt. Nach dem Gouverneur Charlie Baker hat sich die Übernahme des Zugs ereignet, nachdem der Fahrer ausgestiegen war, um ein Signal zu überprüfen. Das Steuerungssystem sei manipuliert worden. Aber er versuchte zu beruhigen, indem er sagte, es handele sich um einen "isolierten" Vorfall.

Der Betreiber, die Massachusetts Bay Transportation Authority (MTBA), erklärte der "höchst beunruhigende" Vorfall werde genau untersucht, schließlich stehe die Sicherheit der Passagiere an erster Stelle. Beunruhigend ist vor allem, dass der Zug, der mit einer Geschwindigkeit von 40 km/h gefahren sein soll, erst nach einigen Stationen gestoppt werden konnte. Andere Züge mussten umgeleitet werden, um eine Kollision zu vermeiden.

Mittlerweile geht man wohl eher von einem Fehler des Fahrers bzw. des MBTA-Kontrollzentrums aus, will aber auch eine Manipulation nicht ausschließen. Der Fahrer ist aus dem Zug ausgestiegen, um ein Verfahren (bypass mode) auszuführen, durch das der Zug weiterfahren kann, wenn es ein Signalproblem gibt, wie es heißt. Allerdings ist der Zug selbständig weitergefahren. Möglicherweise hat der Fahrer das Bremssystem nicht richtig eingeschaltet, bevor er aus dem Zug ausgestiegen ist. Der Fahrer wurde beurlaubt, er war durch den anfahrenden Zug leicht verletzt worden. Nach der Verkehrsministerin Stephanie Pollack für Massachussetts hatte der Fahrer den Zug nicht anfahren können und war vom MBTA-Kontrollzentrum autorisiert worden, eine Umgehung des Signals zu aktivieren.

Update: Unklar ist weiterhin, warum der Zug losfahren konnte. Die Betätigung des "bypass modus" sei Routine und sicher, so ein Vorfall habe sich noch nie ereignet, sagte der Verkehrswissenschaftler Stuart Spina. Er kann sich nicht erklären, wie der Zug sich ohne einen Fahrer in der Kabine hätte beschleunigen können, zumal auf ebener Strecke: "Es ist eine Person notwendig, die den Hebel drückt, um ihn fahren zu lassen. Es ist der verrückteste Aspekt des Ganzen, wie der Zug überhaupt losfahren konnte."

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