Gemeinsam für Law and Order

Bei ihrer Frühjahrstagung demonstrierten die Innenminister in der Frage der Bekämpfung von Gewalt Einigkeit über alle Parteigrenzen hinweg

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In schönster Eintracht beschlossen die Herren bei der Ständigen Konferenz der Innenminister- und -senatoren der Länder (IMK), dem "wichtigsten Gremium auf dem Gebiet der Innenpolitik in Deutschland", konsequent gegen Gewalt vorzugehen. Und zwar "ohne parteipolitische Scheuklappen konstruktiv und verantwortungsbewusst", wie Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) in einer Pressemitteilung betonte.

Viele Punkte standen bei dem Treffen am vergangenen Donnerstag und Freitag in Hamburg auf der Tagesordnung. Verschiedene Möglichkeiten wie nationaler und internationaler Datenaustausch, längere Haftstrafen, Verbote, juristische Sonderbehandlung von Polizeibeamten, etc. wurden diskutiert. Wirklich entschieden wurde außer der Bekräftigung, das Problem gemeinsam anzugehen, indes noch nichts. Die entsprechenden Beschlüsse sollen auf der Herbsttagung gefasst werden.

Vor allem linke Gewalt trieb die Minister um. Volker Bouffier (CDU), designierter Nachfolger von Roland Koch als Ministerpräsident von Hessen, bemängelte, dass es seit vielen Jahren als "Pflichtprogramm" gelte, sich gegen Rechtsextremismus auszusprechen, darüber allerdings "die Massivität der Gewalt von links" aus dem Blick geraten sei. Um dieser nun Herr zu werden, soll die Möglichkeit eines europaweiten Datenaustauschs in Bezug auf "linksextremistische Gefährder und relevante Personen" geprüft werden.

Die Innenminister begrüßten den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, das Strafmaß bei Widerstand gegen Polizeibeamte von bisher zwei auf drei Jahre zu erhöhen. Das reicht ihnen jedoch nicht aus, sie fordern, Polizeibeamte unter "einen besonderen Schutz" zu stellen, der auch für Feuerwehrleute und Rettungssanitäter gelten soll. Bundesjustizministerin Sabine Leuthäuser-Schnarrenberger (FDP) lehnt diese Sonderbehandlung allerdings ab.

Der zunehmenden Rockergewalt soll ebenfalls "entschieden entgegen getreten" werden, und zwar mit möglichen Vereinsverboten und Entzug von Waffenscheinen sowie der Prüfung der Möglichkeit, ob "relevante Rockerclubs als kriminelle Vereinigungen im Sinne des § 129 StGB anzusehen sind".

Eleketronische Fußfesseln zur Überwachung von entlassenen Tätern

Im Gespräch ist zudem die Überwachung von entlassenen Gewaltstraftätern durch elektronische Fußfesseln. Hintergrund dieser Debatte ist eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EuMH) in Straßburg vom Dezember 2009 zur bundesdeutschen Praxis der Sicherungsverwahrung. Bis 1998 war diese Präventivmaßnahme auf zehn Jahre begrenzt, seitdem ist sie unbegrenzt anwendbar.

Ein Mann, der 1986 wegen versuchten Raubmords zu fünf Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt wurde, hätte 2001 entlassen werden sollen. Für ihn wurde rückwirkend die Bestimmung von 1998 angewandt, die zeitliche Begrenzung der Maßnahme aufgehoben, und die Entlassung verweigert. Dagegen klagte der Gefangene.

Der Bundesgerichtshof in Karlsruhe bestätigte 2004 diese Praxis, und führte den Unterschied zwischen "Strafe" und "Maßregeln zur Besserung und Sicherheit ein". Straßburg kippte dieses Urteil mit der Begründung, "dass diese Form der Haft genau wie eine gewöhnliche Haftstrafe einen Freiheitsentzug bedeutet und dass in der Praxis Häftlinge in der Sicherungsverwahrung in gewöhnlichen Gefängnissen untergebracht sind".

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte das Bundesjustizministerium auf, möglichst schnell einen Gesetzentwurf vorzulegen. Der Berliner Innensenator Erhart Körting (SPD) erläuterte der Presse gegenüber: "Wir haben uns dazu durchgerungen zu sagen, dass dazu auch elektronische Maßnahmen gehören können."

All diese Themen werden die Innenminister und -senatoren auf ihrer Herbsttagung, die ebenfalls in Hamburg ausgerichtet wird, noch einmal beschäftigen. Außerdem wird dann die Debatte über Internetkriminalität fortgesetzt sowie über die mögliche Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in der BRD beraten werden.

Mit einem Großaufgebot von mehreren Hundertschaften hatte sich die Innenbehörde auf gewaltsame Proteste aus der so genannten autonomen Szene vorbereitet. Allerdings vergebens. Am Rande der Konferenz gab es mehrere kleine Protestaktionen, bei denen die Themen zu Gehör gebracht wurden, die nach Ansicht der Demonstrierenden auf der Tagesordnung der Konferenz fehlten, u. a. die Flüchtlingspolitik. Diese Aktionen dienten eher der allgemeinen Belustigung und verliefen völlig friedlich. Die bei solchen Anlässen für Hamburg eigentlich übliche Straßenschlacht in der Sternschanze blieb aus.