Genveränderter Mais riskant für Insekten?

Eine neue Studie fand heraus, dass eine Maissorte, die das Bt-Toxid erzeugt, für eine Schmetterlingsart ungefährlich ist, eine andere Sorte aber nicht - der Streit geht also weiter

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Offensichtlich sind Pflanzen, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie das vom Bacillus thuringiesis stammende Toxin erzeugen, nicht für alle Insekten gefährlich. Während eine in Nature im Mai letzten Jahres veröffentlichte Studie, die große Aufmerksamkeit gefunden hatte, nachweisen konnte, dass Raupen des Monarchfalters, wenn man sie mit Pollen einer sogenannten Bt-Maissorte (Bt 11) füttert, verkümmerten oder sogar starben, haben jetzt Wissenschaftler von der University of Illinois zumindest bei einer Bt-Maissorte keine Auswirkungen auf eine andere Schmetterlingsart beobachten können.

Schon die Autoren der ersten Studie, die von vielen Kritikern als Beleg für die Risiken der Gentechnologie angesehen wurde, riefen zur Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse auf. Das vor allem gegen den Europäischen Maiszünsler in den Mais eingeführte Delta-Toxin zerstört die Darmwand der Schädlinge, die es fressen, aber schadet eben auch möglicherweise anderen Insekten, die das Toxin mit aufnehmen. Das Toxin wird übrigens auch sonst zur Bekämpfung der Schädlinge eingesetzt und gilt wegen seiner beschränkten Wirksamkeit weitgehend als ökologisch ungefährlich.

Die Studie vom letzten Jahr basierte auf einen Laborversuch, bei dem Pollen von einer bestimmten Bt-Maisart den Raupen des Monarchfalters verfüttert wurden und darauf verkümmerten. Inwieweit Bt-Mais aber auch für freilebende Monarchen und andere Schmetterlinge eine Gefahr darstellt, müsse erst noch untersucht werden, warnten die Wissenschaftler.

Raupe des Schwalbenschwanzfalters

In der neuen Studie wurde die Auswirkung von Bt-Mais auf Raupen des Schwarzen Schwalbenschanzfalters sowohl im Freien als auch unter Laborbedingungen untersucht. Im Feldversuch wurde dazu die in den USA weit verbreitete Maissorte 34R07 verwendet, die Monsanto 810 enthält. Der Pollen wurde an verschiedenen Orten in einer Entfernung zwischen einem halben Meter und sieben Metern von den Maisfeldern beobachtet und gemessen. "Wir konnten beobachten, dass viele Falter starben, aber nicht, soweit wir das sagen können, aufgrund von etwas, das mit dem Mais oder den Maispollen zu tun hat", berichtet May Berenbaum, die Leiterin des Entomologischen Instituts, an dem die Studie durchgeführt wurde. Zwischen Entfernung oder der Anzahl von Pollen bei den Faltern und der Sterblichkeit konnte keine Verbindung hergestellt werden. In aller Regel fielen die Raupen einfach ihren Feinden zum Opfer. Die Messung der überlebenden Falter gab auch keinen Hinweis auf Wachstums- oder Entwicklungsprobleme.

Schwalbenschwanzfalter

Im Labor setzten die Wissenschaftler die Raupen den Bt-Maispollen von den Pflanzen auf den Feldern, aber auch Pollen aus, die von genetisch ähnlichen, aber nicht genveränderten Pflanzen stammten. Während das Toxin dieser Bt-Maissorte auch hier ebenso wie die Testpollen keine Auswirkungen auf die Raupen hatte, stieg die Sterblichkeit jedoch bei den Pollen einer anderen genveränderten Maisart mit der Bezeichnung Novartis Max 454. Aus Untersuchungen ergab sich, dass diese Maissorte 40 Mal soviel Endotoxin enthielt als 34R07 mit Monsanto 810.

Berenbaum rät also auch deswegen zur Vorsicht, was die Interpretation der Ergebnisse anbelangt: "Das bedeutet kein grünes Licht für alle Formen genetisch veränderter Organismen. In dieser Studie untersuchten wir lediglich eine GMO-Art, nur einen Bt-Mais-Phänotyp, im Freien. Die Studie legt jedoch nahe, dass es Möglichkeiten gibt, das Risiko für die übrigen Organismen zumindest durch die Selektion der Sorten zu senken." Jede Form der Landwirtschaft habe Auswirkungen auf die Umwelt und die in ihr vorkommenden Lebewesen, meint Berenbaum.

Obgleich diese Studie nahelegt, dass zumindest nicht alle Bt-Maissorten gleichermaßen für Insekten schädlich sind, lassen sich doch beide Untersuchungen nicht wirklich vergleichen, weil es sich um unterschiedliche Falterarten und unterschiedliche Maissorten handelt. Verteidiger der Genetchnologie argumentieren, dass selbst dann, wenn es für andere Insekten ein minimales Risiko durch Bt-Mais geben sollte, durch diesen die Menge von eingesetzten Pestiziden abnehme, was die Umwelt schone.

Allerdings sagen solche Art von Studien noch nichts über langfristige Folgen des massiven Einsatzes von Bt-Pflanzensorten aus. In den USA alleine werden dieses Jahr vermutlich 14 Millionen Hektar mit Bt-Mais bepflanzt, das sind immer hin schon 18 Prozent der gesamten Maisfelder. Man kann davon ausgehen, dass selbst dann, wenn Bt wirklich überraschenderweise für keine anderen Organismen als nur die Schädlinge Wirkungen zeigen sollte, es innerhalb von einigen Jahren gerade bei den besonders betroffenen Insekten wie dem Maiszünsler zu einer Resistenz gegenüber dem Bt-Endotoxin kommen wird. Möglicherweise ist dies den Unternehmen, die die Patente auf die Bt-Technologie besitzen auch ganz recht, wenn die Wirksamkeit beim Auslaufen der Patente erlischt und die Landwirte dann dringend auf Alternativen angewiesen sind, weil auch sonst Bt nicht mehr als Insektizid einsetzbar ist, das auch im ökologischen verwendet wird und die Abhängigkeit von chemischen Insektiziden mindert.

Gentechnisch veränderter Mais darf in Deutschland vorerst nicht angebaut und verkauft werden. Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer beauftragte im Februar das Robert Koch-Institut in Berlin, die vor drei Jahren erteilte Vertriebserlaubnis für den Bt-Mais auf unbestimmte Zeit ruhen zu lassen. Grund der Entscheidung war, dass der Bt-Mais die Florfliege und den Monarchfalter möglicherweise schädigen könne.