Gerechtigkeit auf Rädern

In Brasilien wird ein KI-Programm für Gerichtsurteile auf der Straße getestet

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Essen auf Rädern gibt es ja schon geraume Zeit. Doch weil in Brasilien wie in vielen anderen Ländern auch das Rechtssystem überlastet ist, gibt es hier jetzt ein Projekt, das "Gerechtigkeit auf Rädern" heißt. Die Absicht ist, einfache Rechtsfälle möglichst umgehend zu lösen, und eine Möglichkeit, die gerade gestestet wird, ist der "Elektronische Richter", ein Programm zur Lösung von Rechtsfällen, das auf einem Laptop läuft.

Der Electronic Judge soll Richter nicht ersetzen, aber ihnen helfen, schneller und effizienter zu arbeiten. Eingesetzt werden kann das System, so der Richter Pedro Valls Feu Rosa, der es auch entwickelt hat, beispielsweise bei kleineren Verkehrsunfällen. Kurz nach der Polizei könnte also der Schnelleinsatzrichter kommen und den Fall entscheiden. Meist seien nämlich bloß einfache Fragen notwendig, das Gesetz müsse nicht interpretiert werden, sondern die Folgerung sei rein logisch zu erhalten. Der "Elektronische Richter" stellt dem Richter auf der Straße einfache Multiple-Choice-Fragen wie "Hat der Fahrer an der roten Ampel gehalten?" Andere Fragen muss der Richter aufgrund der Besichtigung des Unfallortes beantworten, was auch mit Ja und Nein zu machen sei: "Wenn wir es nur mit reiner Logik zu tun haben", fragt Feu Rosa, "warum soll man diese Aufgabe dann nicht dem Computer übertragen?"

Das System, das nach Eingabe der Antworten und Zeugenberichte Geldstrafen oder gar Gefängnisstrafen empfiehlt, spare nicht nur Geld und Zeit, sondern oft sei es auch von Vorteil, wenn der Richter gleich am Unfallort sei. Viele Menschen seien überdies froh, wenn die Entscheidung schnell getroffen wird und sich nicht erst monatelang hinzieht. Das Urteil des "Elektronischen Richters" kann natürlich ausgedruckt werden, und wenn der menschliche Richter mit dem digitalen nicht übereinstimmt, kann das Programm überstimmt werden. Möglicherweise aber wird man dann auch irgendwann den Richter aus Kostengründen abschaffen und nur noch einen Menschen mitschicken, der zwar die Fragen eingeben kann, aber nicht mehr eigenständig entscheiden darf..