GroKo-Sondierungsergebnisse zu Autos, Steuern und Digitalisierung

Grafik: TP

Oettinger will neue Kunststoffsteuer, die direkt an die EU geht

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Einem an den Spiegel geleakten Entwurfspapier der Fachgruppe "Wirtschaft/Verkehr/Infrastruktur/Digitalisierung/Bürokratie" nach haben sich CDU, CSU und SPD in den ersten vier Tagen ihrer Sondierungsgespräche über eine erneute Machtteilung unter anderem darauf geeinigt, "Erlöse aus der Vergabe der UMTS- und 5G-Lizenzen zweckgebunden" für den Breitbandausbau zu verwenden. Den Umfang der Mittel, die man dort in den nächsten vier Jahren insgesamt investieren möchte, wird auf zehn bis zwölf Milliarden Euro beziffert. Von der bei den Jamaika-Sondierungsverhandlungen auf Anregung der FDP debattierten Idee, den Ausbau über den Verkauf von Telekom- und Post-Aktien zu finanzieren, (vgl. Jamaika-Koalition: Politische Gräben mit Geld zuschütten?) ist nun nicht mehr die Rede.

Auch der von den Grünen in den Jamaika-Verhandlungen geforderte "Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor" bis 2030 kommt in dem Entwurf nicht vor. Stattdessen wird allgemeiner und ohne zeitliche Rahmensetzungen von Maßnahmen für "effizientere und sauberer Verbrennungsmotoren" und einer Förderung der E-Mobilität, des öffentlichen Personennahverkehrs und der Bahn gesprochen. Fahrverbote für Dieselmodelle will man über eine Nachrüstung existierender Automobile vermeiden.

Kohlendioxidausstoß: Konzentration auf 2030 statt 2020

Bereits vorher hatte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident und Sondierungsverhandlungsteilnehmer Armin Laschet offenbart, dass man das noch vor dem Atomausstieg und der Massenzuwanderung festgesetzte "Klimaziel", jährlich 40 Prozent weniger Kohlendioxid zu produzieren als 1990, für nicht erreichbar erklärt hat. Grünen-Fraktionschaf Anton Hofreiter kritisierte diese Eingeständnis Laschets als "klimapolitisches Versagen", ließ aber offen, ob und wie das Ziel in einer Jamaika-Koalition erreicht werden hätte können.

Union und SPD wollen den Klimaschutz in der nächsten Legislaturperiode aber in Gesetzesform gießen und sich auf eine Kohlendioxidverringerung um 55 Prozent bis 2030 konzentrieren. Wasser, Wind und Sonne sollen bis 2030 65 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms liefern. Dabei möchte man aber auch "Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit" berücksichtigen.

Spitzensteuersatz und Solidaritätszuschlag

Steuerpolitisch scheinen CDU und CSU Medienberichten nach auf die SPD zugegangen zu sein, die den bislang bereits für Einkommen ab 53.700 Euro fälligen Spitzensteuersatz erst ab 60.000 Euro verlangen will (vgl. Spitzensteuersatz für Normalverdiener). Das würde 4,2 Millionen Steuerzahler um 4,1 Milliarden insgesamt Euro entlasten.

Zahlen sollen das dem Willen der Sozialdemokraten nach Bezieher von Einkommen ab 76.200 Euro, für die ein neuer Super-Spitzensteuersatz in Höhe von 45 Prozent gelten soll. Ab einem Einkommen in Höhe von 250.000 Euro soll darüber hinaus ein Reichenzuschlag auf die Einkommensteuer in Höhe von drei Prozentpunkten fällig werden. Beim Solidaritätszuschlag könnten Christ- und Sozialdemokraten abwarten, ob die FDP tatsächlich vor das Bundesverfassungsgericht zieht, wenn er nicht bis spätestens 2019 abgeschafft wird (vgl. Nahles vs. Schulz?).

EU-Steuerforderung mit Umweltargument

Dafür könnte eine neue Steuer aus Brüssel kommen, die der christdemokratische EU-Kommissar Günther Oettinger auf Kunststoff erheben und direkt in den EU-Haushalt fließen lassen will, wie er gestern mit Verweis auf den Umweltschutz verkündete (vgl. Plastiktüten-Planwirtschaft). Die Forderung nach Steuermitteln, die direkt nach Brüssel gehen, ist nicht neu, konnte aber bislang nicht durchgesetzt werden (vgl. EU-Parlamentspräsident will Haushalt von 140 auf 280 Milliarden Euro verdoppeln).

Bereits 2009 forderte die EU-Kommission in einem "Diskussionspapier" zur Aufstellung des Haushalts ab dem Jahr 2014, die Debatten über die Höhe der Beiträge der einzelnen Mitgliedsstaaten dadurch zu beenden, dass Brüssel unmittelbar von den Bürgern eine Steuer erhebt (vgl. EU will Extra-Steuern erheben::https://www.heise.de/tp/news/EU-will-Extra-Steuern-erheben-1989080.html). Im Jahr darauf versuchte der damalige polnische EU-Haushaltskommissar Janusz Lewandowski der Öffentlichkeit eine direkte EU-Steuer mit dem Argument zu verkaufen, dass damit ja die Überweisungen der Regierungen weniger werden könnten. Von geringeren Belastungen für die Steuerzahler sprach er wohlweislich nicht (vgl. Sommertheater oder kommen bald auch EU-Steuern?).

Aktuell wird die Forderung gerade mit Umweltargumenten begründet, die Oettinger bereits vor seiner Kunststoffsteueridee vorbrachte, als er im letzten Jahr "einen oder zwei Cent [aus] der Mineralölsteuer" oder "einen Teil der Einnahmen aus der Versteigerung von CO2-Emissionszertifikaten" forderte (vgl. Oettinger will Mineralölsteueranteil für die EU).