Grüne und Linke tendieren zu BKA-Untersuchungsausschuss

Auch Koalitionspolitiker zweifeln an Ziercke

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Heute musste Jörg Ziercke, der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), dem Innenausschuss des Bundestages im Zuge der Merkwürdigkeiten in der Affäre Edathy zum vierten Mal Rede und Antwort stehen. Beim letzten Mal hatten sich Politiker von Union und SPD eigentlich schon darauf geeinigt, dass der Fall abgeschlossen sei – bis neue Merkwürdigkeiten auftauchten.

Je öfter Ziercke aussagt, desto mehr entsteht bei Teilen der Zuhörer im Bundestag offenbar der Eindruck, dass er immer nur das zugibt, was in den Tagen und Wochen davor bereits auf anderen Wegen herauskam. Das wiederum nährt den Verdacht, dass der BKA-Chef noch mehr verschweigen könnte. Vertreter der Grünen und der Linkspartei, der beiden im Bundestag verbliebenen Oppositionsparteien, plädieren deshalb dafür, einen Untersuchungsausschuss einsetzen – wozu ihnen allerdings die nötige Mehrheit fehlt. Eine in Aussicht gestellte Satzungsänderung, die ihnen das ermöglichen würde, ist bislang nämlich noch nicht verabschiedet. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass Grüne und Linke bei solch einem Vorhaben von christ- und sozialdemokratischen Renegaten unterstützt werden, von denen sich einige ebenfalls recht unzufrieden mit dem Stand der Aufklärung zeigen.

Hauptursache für das heutige vierte Vorsprechen Zierckes war eine Kleine Anfrage der Grünen, durch die herauskam, dass die erste BKA-Sichtung der Daten auf der 2011 übersandten Festplatte der Polizei von Toronto nicht – wie von Ziercke nacheinander behauptet - am 24. Juli 2012 oder im Januar 2012, sondern bereits im November des Eingangsjahres stattfand. Damals habe man jedoch nur nach einem deutschen Kinderpornoproduzenten gesucht.

Über die Antwort auf diese Kleine Anfrage und weitere Recherchen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung war zudem bekannt geworden, dass der Name des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy bereits seit 30. Oktober 2012 in einer BKA-Datenbank mit dem Betreffzusatz "Besitz/Erwerb von Kinder- /Jugendpornografie - OP Selm" angezeigt wurde und dass zwischen dem 21. Dezember 2012 und dem 15. Oktober 2013, als man offiziell mit der Bearbeitung des Vorgangs begann, mindestens vier BKA-Beamte auf diesen Datensatz zugriffen.

Diese vier Mitarbeiter müssen dem Innenausschuss in der derzeit noch laufenden Anhörung erklären, warum sie sich trotz dieser Datenbankanzeige nicht an das Referat 12 der Abteilung für Schwere und Organisierte Kriminalität wandten, um herauszufinden, was es damit auf sich hat. Außerdem sollen sie darlegen, warum die angeblich wegen eines "vermeintlichen Sprengstoffanschlags" getätigten Abfragen erst ab dem 21. Dezember erfolgten, obwohl die Nienburger Polizei bereits 10 Tage vorher die Person ermittelt und festgenommen hatte, die den Feuerwerkskörper in Edathys Wahlkreisbüro warf. Darüber hinaus werden zwei Mitarbeiterinnen befragt, die sich mit der Liste der deutschen Kundschaft des kanadischen Knabennacktbildversenders befassten.

Ein anderes Ergebnis der Sitzung steht bereits jetzt fest: Danach stand nicht nur ein mit 4.000 Euro Pension in den Ruhestand geschickter BKA-Mitarbeiter mit SPD-Parteibuch auf der Kundenliste des Kinderpornoanbieters, sondern auch ein Polizeibeamter aus Mecklenburg-Vorpommern. Die Ermittlungen gegen ihn dauern der Staatsanwaltschaft Neubrandenburg zufolge aktuell noch an.

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