Guardian: Brexit-Referendum bereits nächstes Jahr

UKIP warnt vor unfairen Modalitäten

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Der britischen Tageszeitung The Guardian zufolge, die sich auf eine anonyme Quelle aus der neuen britischen Regierung beruft, soll das Referendum über einen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU bereits im nächsten Jahr abgehalten werden. Mögliche Termine seien Juli oder September 2016. Dies - so die Quelle der Zeitung - widerspreche den bisherigen Angaben des britischen Premierministers David Cameron insofern nicht, als er die bisher genannte Jahreszahl 2017 stets als Deadline und nicht als festes Lieferdatum genannt habe.

Angeblich will das neue Kabinett, das heute das erste Mal tagt (und dem auch der Londoner Bürgermeister und potenzielle Cameron-Nachfolger Boris Johnson als Teilnehmer ohne Geschäftsbereich angehört) dem Parlament den Gesetzentwurf zur Durchführung der Volksabstimmung bereits in den nächsten Wochen vorlegen. Er wird voraussichtlich nicht nur das Datum enthalten, sondern auch die konkrete Fragestellung und alle weiteren Modalitäten.

Die EU-kritische UKIP befürchtet, dass diese Modalitäten "unfair" ausfallen könnten. Weil das möglichst öffentlichkeitswirksam thematisiert werden soll, hat die Parteiführung den Rücktritt ihres Vorsitzenden Nigel Farage abgelehnt. Farage - der unbestreitbar mehr Charisma und rednerisches Talent hat, als andere UKIP-Politiker - war am Freitag vom Vorsitz zurückgetreten, nachdem er in seinem Wahlkreis einem Tory unterlegen war und nachdem es nur einem einzigen UKIP-Bewerber gelungen war, einen Wahlkreis zu erobern.

Allerdings steigerte die Partei ihren Stimmenanteil um 9,5 auf 12,6 Prozent - und auch kritische Wahlanalysten räumen ein, dass sich viele potenzielle UKIP-Wähler angesichts des britischen Mehrheitswahlrechts offenbar nur deshalb für die Tories entschieden, um das von ihnen ersehnte EU-Referendum nicht zu gefährden, das der Labour-Spitzenkandidat Ed Milliband ablehnte.

Der alte und neue britische Premierminister David Cameron. Foto: Prime Minister's Office. Lizenz: OGLv3.0

Warum Cameron das Referendum früher als erwartet abhält, ist nicht ganz klar. Er selbst ist angeblich für einen Verbleib Großbritanniens in der EU, wenn diese bereit ist, sich zu reformieren. Das hat der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz jedoch bereits abgelehnt. Der SPD-Politiker will erst nach einem Brexit-Referendum über mögliche Reformen diskutieren und hatte gestern eine möglichst baldige Volksentscheidung verlangt. Andere EU-Politiker haben bereits verlautbart, dass sie weder bei der Zuwanderung aus Osteuropa noch bei der Rückgabe von Kompetenzen an die Parlamente der Mitgliedsstaaten zu Kompromissen bereit sind.

Ein weiteres Land, in dem bald ein Exit-Refererendum stattfinden könnte, ist Griechenland: Hier könnten die Bürger von ihrer im Januar neu gewählten Regierung vor die Entscheidung gestellt werden, ob sie lieber Steuererhöhungen, Einschnitte bei Renten, Staatsbedienstetengehältern und Sozialleistungen sowie Privatisierugnen in Kauf nehmen - oder aus der Eurozone aussteigen.

Wie solch ein Ausstieg vor sich gehen könnte, ist noch nicht klar. Mögliche Modelle wären eine Suspendierung der Mitgliedschaft (wie sie beispielsweise Peter Gauweiler und Christian Lindner vorschlugen) oder der vom Wirtschaftswissenschaftler Thomas Mayer ins Spiel gebrachte "Geuro", bei dem die Griechische Regierung Schulden in Euro zurückzahlen müsste, aber Löhne und Gehälter in einer Parallelwährung drucken könnte.

Solch eine Grexit-Volksabstimmung wird mittlerweile auch von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht mehr kategorisch abgelehnt: Er teilte der Presse auf der gestrigen Sitzung der Euro-Finanzminister mit:

Das wäre vielleicht sogar eine richtige Maßnahme, das griechische Volk entscheiden zu lassen, ob es das, was notwendig ist, bereit ist zu akzeptieren oder ob es das andere möchte.

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