Guter Zuhörer

Das FBI hat Angst vorm Kapitalismus

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Das FBI will ungestört Telefongesprächen lauschen, ohne das fremde Geheimdienste ebensolches tun. Deshalb behindert die Behörde Investitionen ausländischer Telekom-Firmen in den USA.

Einem Bericht des Wall Street Journal zufolge, mischt sich die US-Bundespolizei bei Fusionen im Telekommunikationsbereich ein und verzögert diese zum Teil erheblich. Grund: nationale Sicherheitsinteressen. Den Versuch des kanadischen Satelliten-Telefonbetreiber TMI, auf den US-Markt zu expandieren habe das FBI um mindestens ein Jahr verzögert. August vergangenen Jahres wurden erstmals Bedenken und Blockaden des FBI im Konflikt mit der Federal Communications Comission (FCC), welche Lizenzen für den USA-Markt vergibt, bekannt. 16 Monate wartete TMI auf eine Lizenz. Das FBI wollte ein Satellitentelefon-System, welches keine Ortung der Benutzer zulässt, nicht durchgehen lassen. Wenn man nicht einmal wisse, in welchem Land sich ein Anrufer befände, könne man nicht einmal sicher sein, ob man legal abhören dürfe. Davon dass man abhören könne, geht das FBI selbstverständlich aus. Und tatsächlich erhielt TMI die Lizenz erst nach der Zusage, eine Relaisstation in Neu England zu bauen und über die alle US-Gespräche laufen zu lassen. Somit hatte das FBI seine Abhörgarantie.

Auch beim Versuch der Nippon Telegraph & Telephone (NTT), den US Internet Service Provider Verio aufzukaufen, erhob das FBI öffentlich Sicherheitsbedenken. Insbesondere weil NTT zum Teil im Besitz des japanischen Staates ist, sei der Verlust der Kontrolle kritisch für die nationale Sicherheit. Mittwoch hat US-Präsident Clinton die Übernahme endgültig genehmigt. Laut US-Recht liegt die Entscheidung bei ihm, da Aktivitäten eines ausländischen Telekom-Anbieters mit Staatsbeteiligung nationale Sicherheitsinteressen berühren könnte. Im Klartext: Ausländische Firmen mit Staatsbeteiligung könnten den nationalen Geheimdiensten ihres Herkunftslandes beim Lauschen in den USA behilflich sein.

Das Wall Street Journal berichtet, dass das FBI sogar in das spektakuläre Scheitern der von MCI durch die britische Telekom verwickelt gewesen sei. Das FBI würde nicht nachvollziehbare Zugeständnisse verlangen, werden Unternehmen zitiert. So müssten die genaues Standorte aller firmeneigenen Vermittlungsstellen mitgeteilt werden. Bei der FCC nimmt der Ärger über die Verzögerungen bei Fusionen durch unangemessene FBI-Interventionen laut Wall Street Journal zu.

Vor diesem Hintergrund scheint die für Anfang 2001 geplante Übernahme für 50 Milliarden Dollar von Voicestream durch die Deutsche Telekom problematisch. Der rosa Riese ist zu etwa 50 Prozent im Besitz des Bundes.