Hacker-Newssite 2600.com wurde ihrem Besitzer enteignet

Update: Unbekannte haben den Eintrag in der Whois-Datenbank verändert

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Die Website 2600.com der gleichnamigen Hacker-Zeitschrift wurde aus bislang noch unbekannten Gründen von ebenfalls noch unbekannten Hackern geklaut. Offenbar konnten sie die Einträge in der Whois-Datenbank von Network Solutions verändern und haben die auf den Herausgeber Eric Corley bzw. Emmanuel Goldstein eingetragene Domäne auf einen anderen Besitzer umgeschrieben.

2600.com findet das nicht lustig und wirft Network Solutions Schlamperei vor. Entwendet wurde allerdings nur die Domäne 2600.com, während 2600.org und 2600.net noch auf Goldstein eingetragen sind. Der schrieb heute: "Man stelle sich unsere Überraschung vor, als wir von Lesern darauf hingewiesen wurden, dass 2600.com nicht mehr 2600.com gehört! Das ist der Albtraum, von dem wir am Freitag aufgrund einer bizarren Schlamperei von Network Solutions begrüßt wurden."

Die Beendigung der Registrierung sei 2600.com nicht mitgeteilt worden. In der Datenbank ist jetzt als Besitzer NB Productions eingetragen, eine Firma, die es wirklich gibt (anscheinend eine Art Agentur für "bright, young, talented individuals who are interested in getting into the world of Modeling, Televison, Movies, and more"). Die angegebenen Domainserver befinden sich bei einem Anbieter von kostenlosen Webseiten. Man kenne diese Leute nicht, auch nicht deren Absichten, schreibt Goldstein. Man sei auch nie wegen einer unbezahlten Rechnung benachrichtigt worden und habe die Übergabe der Domain nicht gestattet.

Man arbeite mit Network Solutions im Augenblick zusammen, um das Problem zu lösen.

Update: Inzwischen habe man, wie Corley berichtet, das Problem mit NSI wieder beheben können. Es habe sich um ein seltenes Problem gehandelt. Jemand habe mit einer gefälschten Email im letzten Jahr die Registrierungsdaten zu www.register.com schaffen können. Man habe das zwar bald entdeckt, aber ein seltsamer Fehler blieb bestehen: die Domain wurde zwar durch NSI registriert, aber nicht in die interne Datenbank eingetragen. Daher musste für die Website nicht gezahlt werden, obgleich sie registriert und damit funktionsfähig war, weswegen Corley auch keine Nachricht bekam, als die Domain frei wurde. Das hatte offenbar jemand benutzt, um schnell die Domain unter einem anderen Namen zu registrieren. Corley muss, wie er schreibt, zugestehen, dass die Leute bei NSI gute Arbeit geleistet hatten, um das Problem zu lösen, warnt aber davor, dass das auch anderen passieren könne.

Nichts deutet an, dass der Fall etwas mit dem prominenten Prozess zu tun haben könnte, den 2600.com gerade vor einem Revisionsgericht führt und bei dem es um ein Programm zur Umgehung der DVD-Verschlüsselung geht. Der Prozess der Motion Picture Association of America gegen Eric Corley gilt ebenso wie der Prozess, den die Musikindustrie gegen Napster führt, als entscheidender Schritt für die Auslegung der Urheberrechte im digitalen Zeitalter.

1999 wurde DeCSS, mit dem sich kopiergeschützte DVD-Videos entschlüsselt auf die Festplatte kopieren lassen, erstmals im Internet zugänglich gemacht. Die Filmindustrie versuchte gleich scharf gegen den Autor und die Veröffentlichung über das Internet vorzugehen und begann mit mehreren Verfahren, die zum Vorspiel der weiteren Prozesse über Copyrightfragen wurden. Eric Corley hatte den Quellcode auf 2600.com zum Herunterladen zur Verfügung gestellt, was die Klage nach sich zog. Gegenwärtig findet das Revisionsverfahren in New York statt (DeCSS-Prozess: Hollywood in der Übermacht), nachdem 2600.com in erster Instanz der Ermöglichung von Copyright-Verstößen schuldig gesprochen und dazu verpflichtet wurde, sowohl das Umgehungsprogramm als auch Links auf Websites, auf denen sich DeCSS befindet, aus der Website zu entfernen (Die Filmindustrie hat einen ersten Sieg erzielt).

Das Gericht hat die Entscheidung noch einmal auf den 30. Mai vertagt und Klägern sowie Angeklagten 11 Fragen vorgelegt, die sie bis dahin auf höchstens 25 Seiten beantworten sollen. Geklärt werden soll vornehmlich, inwieweit das Copyright-Gesetz, der Digital Millennium Copyright Act, inhaltsneutral ist und das DeCSS-Programm zumindest Elemente einer Rede (speech) enthält, die dann auch von der Verfassung als freie Meinungsäußerung geschützt wäre.