Hasta la vista, Baby

Arnold Schwarzeneggers Filme bleiben bis zur Gouverneurswahl in Kalifornien im Schrank

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Seit die Wahlen in Kalifornien feststanden, war die Frage, die sich viele stellten: Kandidiert Arnie? Wie wir jetzt wissen, hat er sich dazu entschlossen - und nicht nur er (vgl. The last election hero). Doch mit seiner Kandidatur war auch klar, dass bis zum Ende der Wahl die Zuschauer in Kalifornien, sollten sie Sehnsucht nach dem "Kindergarten Cop" oder dem "Terminator" haben, die nächste Videothek aufsuchen müssen. Gleiches gilt für diejenigen, die "Diff'rent Strokes" lieben, denn auch Gary Coleman hat sich für das Amt des Gouverneurs beworben.

Section 315 des Bundeskommunikationsgesetzes, des Federal Communication Act, besagt nämlich, dass jeder Lizenznehmer der "Federal Communications Commission" (FCC) der einem Kandidaten für ein öffentliches Amt Sendezeit zur Verfügung stellt, diese auch den anderen Kandidaten gewähren muss

A legally qualified candidate for any public office to use a broadcasting station [must] afford equal opportunities to all other such candidates for that office in the use of such broadcasting station.

Bei dieser Regelung ging man aber bisher nicht davon aus, dass sich sowohl Schauspieler als auch Pornomagazin-Herausgeber oder Pornosternchen für ein öffentliches Amt bewerben (vgl. Das kalifornische Spektakel) , daher stellt sich nun die Frage:

Wäre es für Arnold Schwarzenegger zum Beispiel gute oder schlechte Werbung, wenn sein nicht gerade zimperlicher "Terminator" während des Wahlkampfes über die Bildschirme flimmert? Oder doch lieber "Kindergarten Cop" um seine Kinderliebe und seinen Sinn für Humor heraus zu stellen? Mark Twain ging davon aus, dass schlechte Werbung immer noch besser sei als gar keine Werbung, insofern hätten hier die Befürworter der bestehenden Regelung einen Punkt zumal eine Publikation der FCC aus dem Jahre 1984 auch das Veröffentlichen von Bildern oder Tonaufzeichnungen eines Kandidaten abdeckt, die nicht mit der Wahl in Verbindung stehen.

Any broadcast or cable cast of a candidate's voice or picture is a 'use' of a station . . . by the candidate if the candidate's participation in the program or announcement is such that he will be identified by members of the audience.

Die Fairness Doktrin - gleiches Recht für alle?

Die Regelung, die Section 315 zu Grunde liegt, die so genannte "Fairness Doktrin" geht zurück auf die frühen Tage des Radios. Als nämlich die Sendebereiche sich erhöhten und die Anzahl der Radiostationen so sehr zunahm, dass letztendlich eine vernünftige Übertragung nicht mehr möglich war da sich zu viele Sendungen überschnitten, endete die Möglichkeit, schnell mal freies Radio zu senden, in einer Kakophonie. Die Lösung für das Problem war das Lizensieren von Bandbreite, was die FCC übernahm. Von jetzt an musste ein Radio- oder Fernsehsender eine Lizenz der FCC besitzen, um senden zu dürfen. Um aber keine reinen Propagandasender entstehen zu lassen, legte die FCC die "Fairness Doktrin" fest.

It required that radio and television broadcasters include discussion of public issues in their programming, and that each side of these issues be given fair coverage.

Die Doktrin soll sicherstellen, dass ein Sender, der sich mit einem für die Öffentlichkeit wichtigen Thema befasst, beiden Seiten Gelegenheit gibt, sich zu äußern. Wird einem Kandidaten für ein öffentliches Amt Sendezeit gewährt, so muss der Gegenkandidat die gleiche Sendezeit erhalten. Wobei man hier von einer höchstens zweistelligen Anzahl von Kandidaten ausging, nicht jedoch von über 300. Wichtig war dies, da bei einer begrenzten Anzahl von Sendebereichen, die Anzahl der Lizenznehmer überschaubar war. Nicht jeder konnte sich jedoch eine solche Lizenz leisten und um so niemanden von der Möglichkeit auszuschließen, die Öffentlichkeit über wichtige Themen zu informieren, schien die Fairness Doktrin das approbate Mittel, auch wenn sich für manche die Frage stellte, ob sie sich mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung vereinbaren lässt.

Denn darf der Gesetzgeber, obwohl er dem Lizenznehmer das Recht auf freie Meinungsäußerung garantiert, diesem Lizenznehmer diesbezüglich Auflagen erteilen? 1969 zog das Oberste Gericht der USA die Herkunft der Fairness Doktrine in Betracht und urteilte im Fall "Red Lion Broadcoasting Co. vs. FCC" mit "Ja". Interessanterweise gab es 1974 einen ähnlich gelagerten Fall "Miami Herald Pub. Co. v. Tornillo", der sich auf das Recht der Gegendarstellung in Floridas Printmedien bezog. Hier urteilte das Oberste Gericht, dass dieses Recht gegen die Verfassung verstoße.

Der Grund, warum Printmedien und Radio unterschiedlich behandelt wurden, liegt darin begründet, dass theoretisch jeder eine Zeitung herausgeben oder einen Radiosender unterhalten kann, aber aus dem vorgenannten Grund der technisch erforderlichen Begrenzung der Sender doch andere Maßstäbe angelegt werden müssen.

Neue Zeiten, neue Meinungen

1997 änderte die FCC ihre Meinung was die Fairness Doktrin anging. War ihrer Meinung nach auch die "Red Lion"-Entscheidung 1969 richtig gewesen, so habe sich nun die Medienlandschaft derart verändert, dass die Fairness Doktrin nicht länger notwendig war. Durch Kabel- und Satellitenfernsehen und -radio habe ein Zuschauer, der seine favorisierte Meinung nicht im terrestrischen Fernsehen finden kann, genug Alternativen, um diese zu finden.

Die FCC hielt also die Fairness Doktrin nicht nur für überflüssig sondern auch für der Verfassung widersprechend. Dies würde jedoch bedeuten, dass auch Section 315 des FCA nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Ein Gerichtsentscheid hierüber liegt bis heute jedoch nicht vor. Die Entscheidung im Fall Floridas stellte jedoch sicher, dass eine Zeitung, die beispielsweise eine Kurzgeschichte eines Kandidaten abdruckt, nicht gezwungen ist, einem anderen Kandidaten den gleichen Platz zur Verfügung zu stellen. Wenn nunmehr also Printmedien und Fernsehen gleichbehandelt werden, so gibt es keinen hinreichenden Grund dafür, dass "Kindergarten Cop", "Diff'rent Strokes" oder alte "Saturday Night Live"-Folgen mit Don Novello bis zum Ausgang der kalifornischen Gouverneurswahl nicht ausgestrahlt werden dürfen.

Urteil in der Warteschleife

Bis das Oberste Gericht diese Argumentation jedoch bestätigt, wäre jedes andere Gericht verpflichtet, der Red Lion-Entscheidung zu folgen und, sollte ein Fernsehsender in Kalifornien "Conan, den Barbaren" senden, allen anderen Kandidaten die gleiche Sendezeit, ergo 129 Minuten, zur Verfügung zu stellen. Und nach der unglücklichen Bush vs. Gore-Entscheidung des Obersten Gerichtes ist es eher unwahrscheinlich, dass gerade jetzt eine Entscheidung über die Legitimität der Section 315 des FCA und der Fairness Doktrin fällt, würde sie doch dadurch den Anschein erwecken, den republikanischen Kandidaten durch dieses Urteil zu unterstützen.

Die Fernsehsender reißen sich auf jeden Fall nicht gerade um eine Entscheidung und gehen auf Nummer Sicher. Sogar Kabelfernseh-Betreiber schließen sich jetzt der Section 315 an, obwohl diese nicht einmal auf sie angewendet werden kann. Der populäre Sci-Fi-Channel sowie FX nahmen letztendlich "Running Man" und "Terminator" aus ihrem Programm. Da diese Sender aber auch außerhalb von Kalifornien zu empfangen sind, müssen auch Sci-Fi-Channel-Zuschauer außerhalb Kaliforniens auf Arnold verzichten. Aber He'll be back... gleich nach der Wahl.

Bleibt nur zu hoffen, dass sich Deutschland nicht vor der nächsten Bundestagswahl überlegt, dass nicht nur Wahlsendungen, sondern auch Gastauftritte von Kanzlerkandidaten in Seifenopern oder Satireshows den gleichen gesetzlichen Einschränkungen unterliegen. Sonst hieße es für die Gerd-Show dann wohl erst einmal pausieren. Und das wird doch bestimmt niemand wollen...