Hegemonie der USA: Von Macht, Militär und Monopolen

In der aktuellen Weltlage zeigt sich die Vorherrschaft der USA wie selten zuvor. Aber wie funktioniert ihre Macht? Eine Analyse in zwei Teilen. (Teil 2 und Schluss)

Grundlegende Wirkungsmechanismen der US-Hegemonie in der Welt weisen unverwechselbare Ähnlichkeiten mit den Wirkungsmechanismen monopolistischer Strukturen auf, die uns aus der Geschichte des Kapitalismus im 19. und am Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt sind.

Deshalb erscheint es als sinnvoll, das Wesen, die sichtbaren und unsichtbaren Triebkräfte der US-Hegemonie, mit Hilfe der Analyse der historischen Monopolstrukturen herauszuarbeiten.1 Gemeint sind also monopolistische Strukturen, die sich in der Nationalökonomie unter bestimmten historischen Rahmenbedingungen herausbilden, jedoch wieder verschwinden, wenn sich die Rahmenbedingungen verändert haben. Beispielsweise sind die meisten großen kapitalistischen Staaten um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert Nationalökonomien mit monopolistischen Strukturen.2

Nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Wiederaufbau der kapitalistischen Staaten treten oligopolistische Wettbewerbsbedingungen an die Stelle der streng monopolistischen Rahmenbedingungen am Ende des 19. Jahrhunderts.

Diese Begriffsklärung, zur Vermeidung von Missverständnissen vorausgesetzt, soll im Folgenden der Versuch unternommen werden, die aus der Geschichte des Kapitalismus hinreichend bekannten und streng monopolistischen Wirkungsmechanismen und Strukturen als Folie zum besseren Verständnis der US-Hegemonie in ihrer Praxis und Realität heranzuziehen:

Profitmaximierung durch Ausschluss der Konkurrenz

Auf nationaler Ebene erreicht der Monopolist in den großen kapitalistischen Staaten um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert dieses Ziel durch Konzentration der Produktion bzw. der Nachfrage in einer Hand. Der Mechanismus der monopolistischen Profitmaximierung beim Angebotsmonopol ist der überhöhte Preis, beim Nachfragemonopol der Dumpingpreis. Ähnliches Verhalten kann bei den USA als hegemonialer Staat in der Weltgemeinschaft beobachtet werden.

Mohssen Massarrat ist emeritierter Professor für Politikwissenschaft am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück.

Dank ihrer Technologieführerschaft und den Hightech Konzernen wie Google, Youtube und zahlreicher anderer Digitalkonzerne, eignen sich die USA jährlich Hunderte Milliarden US-Dollar Monopolrenten an, die durch Monopolpreise, Patentschutz- und Lizenz-Gebühren aus der ganzen Welt angeeignet werden.

Als Konsument von fossilen Brennstoffen, agrarischen und mineralischen Rohstoffen sind die USA mit Hilfe der von ihnen kontrollierten Finanzinstitutionen, vor allem des IWF, in der Lage, die Rohstoffanbieter des Globalen Südens zu Überproduktion und Dumpingpreisen zu zwingen.

Beispielsweise blieben Ölpreise bis 1973 über fast ein halbes Jahrhundert konstant auf ein bis zwei Dollar je Barrel, obwohl im gleichen Zeitraum die globale Nachfrage nach Öl drastisch anstieg.

Monopolistische Profite durch Umverteilung dank Machtüberlegenheit

Monopole tendieren auf nationaler Ebene dazu, ihre Profite nicht nur durch Ausbeutung der Arbeitskräfte, sondern auch durch Umverteilung von unten nach oben zu optimieren. Dazu setzen sie ihre monopolistische Macht auf verschiedene Weise als Hebel der Umverteilung ein:

Erstens diktieren sie den Arbeitskräften das Lohnniveau und zahlen in der Regel Dumpinglöhne.

Zweitens sind sie dank ihrer Vorherrschaft auch in der Lage, den Zulieferern die Marktbedingungen zu diktieren. Wer sich dem Diktat widersetzt, riskiert den eigenen Konkurs. Erpressung und andere widerrechtliche Formen der Machtausübung wird so zu Normalität.

Ähnlich verfolgen die USA Dank ihrer Machtüberlegenheit und Dominanz in den globalen Institutionen, wie der Weltbank, dem IWF und der Welthandelsorganisation, eine Strategie der Umverteilung der Kapitalmassen und der produzierten Werte aus dem Globalen Süden, indem sie die kolonialistische Weltarbeitsteilung zementieren.

Diese Umverteilungsdimension ist komplex und daher selbst für eingeweihte Ökonomen gewöhnlich unsichtbar. Deshalb bedarf sie an dieser Stelle in aller Kürze näherer Begründung: Anstelle kolonialistischer Gewalt, zwingt nämlich die unsichtbare Gewalt der sogenannten Strukturanpassungsprogramme des IWF die Länder des Globalen Südens, sich permanent zu verschulden, um auf niedrigem Wohlstandsniveau überhaupt weiter existieren zu können.

Die vom IWF auferlegten Konditionen für die Neuverschuldung lässt den Ländern des Globalen Südens nur die Einbahnstraße der Exportsteigerung von landwirtschaftlichen und mineralischen Rohstoffen offen. Dieses neokolonialistische Geschäftsmodell verursacht zwei sich ergänzende Entwicklungen:

Erstens dienen die erwirtschafteten Devisen dem Luxuskonsum der herrschenden Eliten, den Kaufleuten und der Machtelite. Dadurch entsteht für die Eliten ein Anreiz, die bestehende Arbeitsteilung beizubehalten, statt die erwirtschafteten Einnahmen zur Forcierung der nationalen Entwicklung und der Industrialisierung zu verwenden.

Die so strukturell angelegte Entwicklungsblockade in den Ländern des Globalen Südens garantiert zum einen den Fortbestand der kolonialistischen Weltarbeitsteilung und den Export von billigen agrarischen, mineralischen und fossilen Rohstoffen in den Globalen Norden.

Sie ist zum anderen die Hauptursache für Armut und Hunger der Milliarden Menschen aber auch für die Migration von Millionen Menschen in den Globalen Norden, weil den Binnenmärkten der Länder des Globalen Südens als Folge der Entwicklungsblockade die Erweiterung und steigende Aufnahmefähigkeit für Arbeitskräfte strukturell unmöglich gemacht wird.1

Zweitens entsteht ein dauerhafter Verdrängungswettbewerb unter den Rohstoffexporteuren mit der Folge sinkender Preise, also strukturell ein Überangebot an verbilligten Rohstoffen auf den Weltmärkten, deren sich die Staaten des Globalen Nordens bedienen können.

Die faktische Allianz zwischen den multinationalen Konzernen des Globalen Nordens mit den Machteliten des Globalen Südens in diesem neokolonialen Geschäftsmodell ist funktional mit der auf nackter Gewalt beruhenden kolonialistischen Arbeitsteilung vergleichbar und begründet zugleich die dauerhafte Zementierung dieser Arbeitsteilung.

Die USA sind mit ihrer Dominanz in den oben genannten globalen Institutionen der Hauptverfechter dieses Geschäftsmodells im eigenen Interesse und im Interesse ihrer Vasallen in der westlichen Welt. Das US-Monopol an globalen Instrumenten stellt das ökonomische Rückgrat dieser Weltarbeitsteilung dar, das einen umfassenden Wettbewerb zwischen den Ländern beider Pole verhindert.

Nur wenigen Staaten des Globalen Südens ist bisher gelungen, diesen teuflischen Kreislauf der Unterentwicklung zu durchbrechen. An der Spitze dieser Länder steht die VR China, der weitere Länder wie Indien, Brasilien, Indonesien zu folgen scheinen.

Monopole fördern Diktaturen und sind ihrem Wesen nach antidemokratisch

Denn sie neigen auf nationaler Ebene dazu, den Staat zu dominieren. Denn nur so können sie am wirksamsten den politischen Rahmen in ihrem Sinne formen und Gesetze aufheben bzw. verhindern, die ihre Interventionsmöglichkeiten beschneiden könnten, politische Parteien verbieten lassen, die eine gerechtere Einkommensverteilung durchsetzen wollen, Gewerkschaften verbieten, weil sie dadurch ein Lohnniveau durchsetzen können und die Monopolprofite schmälern.

Um dieses Ziel nachhaltig zu verfolgen, nutzen Monopole sämtliche Machtinstrumente wie Erpressung, Sabotage, Intrigen, etc. Monopolistische Konzerne sind ihrem Wesen nach daher auch antidemokratisch.

Wie Monopole auf nationaler Ebene, verfügen die USA in der Weltwirtschaft über alle ökonomischen und nichtökonomischen Machtinstrumente, um ihren Willen durchzusetzen. Staaten, die wie der Iran unter Mossadegh in den 1950er Jahren oder nach der Revolution von 1979 und Chile unter Allende 1973, die nicht gewillt sind, sich dem US-Diktat zu unterwerfen, werden boykottiert, drastisch sanktioniert, weggeputscht, oder wie im Falle von Irak, Libyen etc. mit Krieg überzogen.

Es gibt zahlreiche Beispiele der völkerrechtswidrigen offenen oder geheimen Interventionen der USA gegen missliebige Regierungen im Globalen Süden. Das inzwischen massiv und flächendeckend ausgebaute Sanktionsregime der USA hat frappierende Ähnlichkeit mit den monopolistischen Methoden der Erpressung auf nationaler Ebene.

Um ihre Hegemonie dauerhaft zu machen, verbünden sich die USA erwiesenermaßen mit rechten Regierungen, mit archaischen Diktaturen und faschistischen Regimen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.